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Unsterbliche Bande

Unsterbliche Bande

Titel: Unsterbliche Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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etwas zu verdrängen. Beth hatte unbedingt mitkommen wollen, um zu warten, bis der Mann aus dem OP kam. Das tat man nicht für ein wertloses Stück Leben. Die schlechte Neuigkeit war, dass Beth immerzu beteuerte, es gehe ihr gut, wirklich prima, obwohl ihre Bewegungen immer hektischer wurden und ihre Augen müde von der Anstrengung, ihre Gefühle zu unterdrücken.
    Nach einer zu langen Pause sagte Lily: »Vielleicht ist es nicht von Bedeutung, was er verdient hat.«
    »Ich nehme an, du findest, es sollte mir etwas ausmachen«, sagte Beth. »Das tut es nicht. Ich habe mich verteidigt. Deswegen gehe ich zum Bojuka – um mich verteidigen zu können. Und es hat funktioniert, oder nicht? Deswegen geht es mir nicht nahe.«
    »Dafür spielst du aber jemanden, dem es nahegeht, ziemlich gut.«
    »Ich spiele nicht. Und es … das ist das Adrenalin. Ich wurde überfallen, deswegen bin ich durch das viele Adrenalin aufgedreht. Aber es geht mir nicht nahe.«
    »Das Adrenalin ist mittlerweile abgebaut.« Lily stand auf. »Sein Name ist Robert Clampett.«
    »Warum muss ich den Namen überhaupt kennen? Das ist doch nicht nötig.«
    »Ich weiß nicht, ob Clampett verdient hat, was ihm passiert ist, aber das zu wissen ist auch nicht nötig. Du hast das Richtige getan, Beth. Du hast getan, was getan werden musste.«
    »Hörst du mir nicht zu? Das habe ich doch gesagt.« Beth blieb stehen. Ihre Augen waren zu groß, zu glänzend.
    »Bist du sicher, dass du das so empfindest?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich empfinde. Es ist keine Schuld, aber was es ist, weiß ich nicht. Ich bin froh, dass du hier bist.«
    »Ich auch.« Lily ging zu ihr und legte ihr den Arm um die Taille. »Vielleicht kannst du es einfach fühlen, was immer es ist, ohne es zu benennen.«
    »Aber es muss doch einen Namen haben. Etwas so Großes – auch andere müssen es schon gefühlt haben. Es muss ein Wort dafür geben.«
    Das Wort war Veränderung. Doch wenn sie ihr das sagte, würde Beth vermutlich nicht verstehen, was sie damit meinte. Mit Veränderung bezeichnete man kein Gefühl, sondern etwas, das geschah, das man tat – man änderte seine Meinung, die Haarfarbe, seine Adresse. Selbst der Ausdruck »sein Leben ändern« bedeutete einen Willensakt, dass man etwas in Angriff nahm und es besser machte oder auch nur anders. Man meinte nicht diese vulkanische Umwälzung, die Beth gerade erlebte, bei der Asche die Landschaft bedeckte und Lava in die Höhe schoss und die Erde bebte, unaufhörlich, und nichts richtig oder normal war.
    Trauma wäre natürlich ein weiteres Wort für das, was Beth fühlte. Doch das würde ihre Schwester sicher auch nicht hören wollen. »Bist du froh, dass du noch lebst?«
    Beth nickte bestimmt. »Natürlich.«
    »Es sieht so aus, als würde Murray es überstehen. Bist du froh darüber?«
    »Ich … er … Lily, er hat den Mann mit der Waffe angesprungen, damit er die Kugel abbekommt und nicht ich. Da bin ich mir sicher. Er … er …« Ihr stockte der Atem. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Und endlich begann sie zu weinen.
    Die lange zurückgehaltenen Schluchzer schüttelten sie heftig. Lily nahm Beth in die Arme und hielt sie an sich gedrückt, während sie sich ausweinte und ein wenig von ihrer Verwirrung loswurde. Lange Zeit sagte sie nichts, erst wieder, als Beth sich regte. »Taschentuch?« Sie machte sich so weit los, dass sie nach der Schachtel auf dem Tisch neben sich greifen konnte.
    »Oh Gott, ja.« Beth nahm die Schachtel, zupfte ein Papiertuch heraus und putzte sich die Nase. »Tut mir leid, dass ich so die Nerven verloren habe.«
    »Warum?«
    »Du tust das nicht.«
    »Nur weil du bei keinem meiner Zusammenbrüche dabei warst, bedeutet das nicht, dass es keine gibt. Murray wird sich wieder erholen, Beth. Was er getan hat –«
    »Er hätte sterben können.«
    »Ja, hätte er. Aber so etwas tun Lupi nun mal, vor allem wenn eine Frau in Gefahr ist. Sie erholen sich sehr viel schneller als wir, deswegen werfen sie sich vor Kugeln und Messer oder Dämonen oder was auch immer, als wenn das eine wirklich gute Idee wäre.«
    Beths Lachen war feucht und zittrig. »Genauso ist es. Genauso ist es. Ich wollte ihn gar nicht dahaben und war unfreundlich zu ihm, und er – er hat sich trotzdem vor diese Pistole geworfen!«
    Der Schütze hatte eine Kaliber .22 gehabt, und Murray war von Benedict ausgebildet worden. Er wusste, dass eine .22 ihn wahrscheinlich nicht durchschlagen und Beth getroffen hätte, deswegen war

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