Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
den Rücken.
Ich kann nur fassungslos dabei stehen. Mein Knurren habe ich eingestellt, meine Zähne sind wieder normal, aber meine Angst – die ist noch da.
Kein Mensch und auch kein Vampir fliegt einfach so in ein Zimmer herein, nur um mal schnell Guten Tag zu sagen. Da stimmt doch etwas nicht.
Ansgar hat den Arm um die Schultern des Vampirs gelegt und wendet sich mir zu.
„Natascha, darf ich vorstellen, das ist Nicki, mein Brüderchen.“
*
Wir sitzen alle drei um unseren kleinen Tisch herum und vor jedem steht ein Glas mit warmem Blut aus der Konserve.
Ich bin immer noch fassungslos, dass Ansgar einen Bruder haben soll. Nie hat er mir davon berichtet. Er hat mir so vieles nicht erzählt, denke ich gerade, da höre ich auch schon Ansgars Stimme in meinem Kopf . Nicht alles würdest du wissen wollen, meine mellila – wirklich nicht. Wir leben im Hier und Jetzt, reicht dir das nicht?
Natürlich, schicke ich ihm in Gedanken zurück und senke meinen Blick, verzeih mir.
„Also Nicki, jetzt erzähl mal, was du die letzten zweihundert Jahre so getrieben hast.“ Ansgars Stimme klingt munter
„Genau waren es zweihundertneunundachtzig Jahre und ein paar Monate“, antwortet Nicki und grinst. Seine Stimme ist leise und wie Musik – eine schöne Stimme.
„Da kannst du mal sehen, wie die Zeit vergeht.“ Ansgar lacht kurz. Dann wird er schlagartig ernst, „was genau willst du hier?“
Nicki erhebt sich und deutet mit dem Finger auf mich. „Sie soll gehen!“, sagt er bestimmt.
„Nein, sie bleibt. Du kannst aber gerne gehen.“ Ansgars Stimme ist fest.
Damit ist es wohl aus, mit der Wiedersehensfreude, denke ich bei mir.
„Du hast ja immer deinen Willen durchgesetzt. Was soll’s, dann bleibt sie eben.“ Nicki holt tief Luft und beginnt:
„Ich hatte dich immer im Auge, die letzten Jahre, ich habe ganz in deiner Nähe Quartier bezogen. Unsere letzte Begegnung endete, wie du dich ja erinnern kannst, nicht gerade …“
Nicki wirft mir einen Blick zu.
„Brüderlich – nennen wir es mal so – jeder ging danach seiner Wege und leckte seine Wunden. Trotzdem behielt ich dich im Auge, man kann ja nie wissen“, er grinst Ansgar an, „Schwächen muss man ausnutzen.“
Ansgar lehnt sich in seinem Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Was, zum Teufel, willst du hier?“, seine Brauen schieben sich düster zusammen, ich kann seine Wut fast greifen.
„Gemach, gemach, Bruderherz. Alles schön der Reihe nach, wir wollen sie ja nicht verschrecken.“ Wieder grinst er, diesmal unverschämt.
„Sie wird es schon verkraften. Also, was ist los, Niklaus.“
Ich kann sehen, wie Ansgar unter den Achseln seine Hände zu Fäusten ballt, die Sehen an den Armen treten deutlich hervor.
Nicki tritt an unser Fenster und blickt hinaus, in die Dunkelheit.
„Weißt du wie es in deiner alten Stadt aussieht?“
Wiederum runzelt Ansgar die Stirn.
„Um diese Jahreszeit, wahrscheinlich sonnig, um diese Uhrzeit, eher dunkel.“
„Nein, Ansgar, es sieht düster aus, schwarz und dunkel. Vampire sind über die Stadt hereingebrochen, missachten den Kodex, töten alles, was ihnen vor die Zähne kommt. Ganz egal was, Menschen oder Vampire, die Obrigkeit existiert nicht mehr, der hohe Rat ist gestürzt. Es herrscht nur noch Chaos, Mord und Tod.“
Nicki dreht sich langsam wieder zu uns um.
„Ihr beiden seit nicht ganz unschuldig daran.“
„Wie meinst du das?“, fragt Ansgar grimmig, ich sehe, dass in seinen Augen der glutrote Ring pulsiert.
„Du hast den hohen Rat geschwächt, von innen her verletzt, mit deiner Flucht, und einer der Vampire, die jetzt die Stadt ins Verderben stürzen ist … ihr Sohn“, damit zeigt er ein weiteres Mal mit dem Finger auf mich.
Ich blicke ihn an und sage fassungslos. „Das kann nicht sein, der hohe Rat hatte ihn gefangen genommen und, ich schätze auch mal, verurteilt. Es kann nicht Dennis sein.“
„Nach eurem … Weggang, wart ihr zwei die höchste Priorität, für den hohen Rat, es kam zu keiner Verurteilung mehr. Sie haben nur versucht, euch zu finden, da war der Rat am Verletzlichsten – und das hat einer auszunutzen verstanden. Die ganzen sogenannten Vernichter sind befreit worden, inklusive deinem Söhnchen.
Der Vampir ist wie ein Wirbelsturm über die Stadt hereingebrochen, als sie am verwundbarsten war. Bei der Rückkehr des Rates, ist dieser gestürzt und alle eingesperrt worden. Töten wollte er sie wohl nicht, es hat ihm mehr Spaß gemacht, sie
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