Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
Natascha. Lass es nicht so enden, sein Gesicht sieht gequält aus.
„Ich beende gar nichts, Ansgar. Ich habe lediglich gesagt, dass ich nicht weiß, ob wir uns wiedersehen. Es ist nicht mein Entschluss zu gehen, es ist der deine. Du musst tun, was du tun musst, Ansgar.“
Ich verschränke die Arme vor dem Körper, plötzlich friere ich. Ich bin ein Vampir, mir wird nicht kalt, ich kann nicht frieren. Aber diese Kälte kommt auch nicht von außen, sie kommt aus meinem Inneren, sie überflutet meine Organe, mein Blut und lässt alles in mir zu Eis erstarren. Mein Inneres lässt mich frieren.
„So sei es ich muss tun, was ich tun muss – und jetzt muss ich meine Seele retten.“
Er hebt seine Hand und streicht mir ganz leicht über die Wange, in meinem Kopf höre ich seine Stimme, sie klingt traurig.
Ich werde immer bei dir sein, egal was geschieht, vergiss das niemals. Ichliebe dich, auf immer, auf ewig.
Bevor ich noch etwas erwidern kann, dreht er sich um und ist weg.
Ich starre auf den Punkt, wo er eben noch gestanden hat, dann gehe ich zu den anderen.
„Was machen wir jetzt?“, wiederholt Nicki seine Frage.
Ich blicke Josh an. „Weiß jemand, wo sich Dennis und der Stein aufhalten könnte?“
Josh überlegt kurz. „Jeanie vielleicht, wenn sie noch lebt. Wir könnten zu ihr, ich weiß, wo sie wohnt.“ Nicki und ich nicken zustimmend, auch wenn ich gar nicht begeistert bin, von der Aussicht, Jeanie zu vertrauen, immer noch kann ich sie nicht leiden und es wird sich auch nichts daran ändern.
Josh führt uns durch die Straßen zu ihrer Wohnung. Unterwegs muss ich ununterbrochen an Ansgar denken, ich sehe seine schwarzen Augen vor mir und höre seine Worte in mir.
Meine Seele istmir wichtiger als du – ich werde immer bei dir sein, egal was geschieht. Egal, was geschieht? Es ist schon geschehen – du hast mich verlassen.
Mir ist nichts wichtiger – nur du bist wichtig in meinem Leben. Meine Seele würde ich mit Freuden für dich hergeben, wenn ich sie nicht schon verloren hätte. Ich muss wieder an diese Stimme in mir denken, die ich in dem Gefängnis des hohen Rates gehört habe: Nichts kann euch trennen, nichts sollte euch trennen, auch nicht der Tod. Seine Seele hat uns getrennt, das hatte die Stimme bestimmt nicht bedacht, dass seine verfluchte Seele uns trennen wird.
Ich überlege weiter, so renne ich Nicki in den Rücken, als dieser anhält. Er wendet sich um und zischt mich an. „Pass doch auf, wo du hintrittst.“
Ich murmele nur eine Entschuldigung, blicke mich dann um. Wir sind in der besseren Gegend unserer Stadt angelangt und stehen vor einem Haus, Josh hat gerade geklingelt. Der Summer ertönt und wir gehen in den Hausflur.
Im dritten Stock erwartet uns Jeanie, an den Türrahmen gelehnt, mit einem spöttischen Gesichtsausdruck.
„Da kommen ja die Schuldigen. Sind aus ihrem Mauseloch gekrochen und wollen jetzt wieder alles geraderücken?“ Sie dreht sich um und geht in ihre Wohnung zurück, sie lässt die Türe offen stehen. Wir treten ein und schließen sie hinter uns wieder.
Jeanie ist in ihr Wohnzimmer gegangen und hat sich auf das Sofa gesetzt. Mir fällt ein, dass sie von Joshs Verschwinden wohl nichts mitbekommen hat, da sie sonst nicht so ekelig wäre. Oder ist sie überhaupt nicht in der Lage sich Sorgen um einen Freund zu machen? Vielleicht ist sie genau die gefühlskalte Schlampe, für die ich sie halte, denke ich und bin froh, dass meine Gedanken nur mir gehören, das niemand anders sie lesen kann.
„Was wollt ihr hier bei mir – in diesen Zeiten des Terrors?“, fragt sie arrogant und schlägt die Beine übereinander.
„Uns kurz ausruhen und dich etwas fragen“, meint Josh und blickt sie lächelnd an.
Sie scheint zu überlegen, erwidert dann aber sein Lächeln und fragt uns: „Möchtet ihr etwas trinken? Es ist noch genug im Kühlschrank, ich gehe nicht mehr vor die Türe – nicht, wenn es sich vermeiden lässt.“ Sie lächelt flüchtig und sieht verlegen aus.
Mich kann sie damit aber nicht beeindrucken, ganz im Gegenteil, sie sitzt hier, und wartet auf das Ende des Terrors, auf das Ende – wie immer es auch ausgehen mag und rührt keinen ihrer schlanken Finger um sich für eine Seite zu entscheiden.
Ich hasse sie, jetzt noch mehr als sonst.
Um meine Gefühle zu verbergen gehe ich in die Küche, zu ihrem Kühlschrank und hole mir eine Dose Blut. Durch das Küchenfenster kann ich ihre Terrasse sehen, am Horizont geht die Sonne gleich unter. Zurück
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