Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
im Wohnzimmer frage ich sie: „Jeanie, darf ich mal auf deine Terrasse, ich brauche ein bisschen frische Luft.“ Jeanie nickt und vollführt eine Handbewegung, für die ich sie auf der Stelle umbringen könnte. Aber ich bedanke mich nur höflich und gehe mit meiner Konserve durch die Terrassentüre an die frische Luft.
Neben der Terrasse kommt der langgezogene Dachvorsprung herunter, ich springe hoch und gehe bis auf die Spitze, setze mich auf den Dachfirst und beobachte die Sonne, wie sie langsam am Horizont untergeht.
Plötzlich sehe ich Nickis grinsendes Gesicht.
„Ist es gestattet, dir Gesellschaft zu leisten?“, fragt er. Ich nicke nur, er klettert ebenfalls hoch und setzt sich neben mich.
„Ich kann den beiden unten nicht mehr zuhören, ihr Geschwafel ist ja unerträglich“, sagt er und grinst mich an.
Ich halte ihm meine Dose mit Blut hin und lächle ihn an. Er nimmt einen großen Schluck und gibt sie mir zurück.
„Danke, das ist nicht schlecht.“ Wir blicken beide in die untergehende Sonne.
Plötzlich holt Nicki tief Luft und murmelt:
„Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben – auch die Sonne stirbt jeden Tag aufs Neue, und die Dunkelheit muss sterben, da die Sonne wieder aufersteht.“ Er blickt mich an und der rote Ring in seinen Augen pulsiert heftig.
„Wie kommst du damit klar?“, fragt er mich und seine Stimme ist leise.
Ich weiß genau, was er meint, ich reiße mich von seinen Augen los und sehe wieder der sterbenden Sonne zu.
„Auch in mir ist eben ein Teil gestorben, Nicki. Ich weiß noch nicht, ob er wieder aufersteht. Ob die Dunkelheit in mir wieder sterben wird.“
Ich trinke nochmals einen Schluck und halte die Dose Nicki hin. Er lehnt ab und fragt:
„Willst du immer noch wissen, was damals geschehen ist, zwischen Ansgar und mir?“
Ich denke darüber nach – was kann schon passieren, ich sehe Ansgar jetzt schon mit anderen Augen, schlimmer kann es kaum noch werden, ich nicke und will noch einen Schluck aus der Dose nehmen, aber sie ist bereits leer – so leer wie ich.
Nicki blickt verträumt zum Horizont und auf die Sonne, sie ist nur noch zur Hälfte sichtbar, dann starrt er vor sich hin und beginnt zu erzählen:
„Es war 1732, in Frankreich, ich lernte ein Mädchen kennen. Eine Schönheit“, Nicki grinst kurz, „blonde, lange Haare und ein wunderschönes Gesicht. Sie war mein Engel. Das dumme an der Sache: Sie war ein Mensch und ich ein Monster. Sie wusste nicht, welcher Dämon in Wirklichkeit in mir wohnte.
Ich wollte mich ihr auch nicht offenbaren, ich liebte sie so, wie sie war – ich wollte sie gar nicht anders haben.
Ansgar erzählte ich damals nichts von ihr, wir waren kurz getrennt, er war, glaube ich, in England. Weiß nicht mehr genau, warum.
Angelie und ich verlebten eine wunderschöne Zeit – ich dachte nicht an Morgen oder an die Zukunft. In ihrer Nähe fühlte ich mich wohl. Nur ab und zu musste ich mich sehr zusammennehmen.“ Nicki blickt mich erneut an und grinst schief. „Du verstehst? Aber ich konnte mich beherrschen, ich schaffte es wirklich, sie kein einziges Mal zu beißen.
Irgendwann kam Ansgar von seinen Raubzügen wieder und wollte unbedingt, dass ich mit ihm nach Italien reise – wir waren noch nie dort gewesen. Ich wollte nicht, ich wollte Angelie nicht verlassen. Auf der anderen Seite, wollte ich Ansgar aber auch nichts von ihr erzählen, ich traute ihm nicht – irgendwie.“
Nicki legt eine Pause ein, ich betrachte ihn – sein Blick ist abwesend in die Ferne gerückt. Dann holt er erneut tief Luft und senkt den Blick.
„Natürlich hat er es doch irgendwie erfahren. Ich weiß nicht wie, vielleicht war ich zu unvorsichtig“,
Nicki schüttelt den Kopf und zuckt mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht. Jedenfalls wollte ich sie wieder besuchen und fand sie in ihrem eigenen Blut vor. Der Dreckskerl hat sie nicht einfach nur ausgesaugt – er hat sie geschändet, dann zerfleischt und sie in ihrem Blut liegengelassen. Für mich liegengelassen, damit ich meinen kleinen süßen Engel finde. So das ich weiß, was er von dieser Affäre hält.“
Ich starre Nicki mit offenem Mund an und kann kaum glauben, was ich da höre.
„Ich bin ein paar Tage durch die Gegend gelaufen, um mich zu sammeln. Dann erst habe ich ihn zur Rede gestellt.
Es war ein Fehler, ich hätte ihn sofort kalt machen sollen, da hatte ich noch genug Wut in mir.“
Mich durchläuft ein Schauer.
„Ich habe ihn gefragt, was das sollte und er hat nur
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