Unsterbliche Leidenschaft
unversucht lassen. Und wenn nichts dabei herauskommt, habe ich wenigstens was unternommen.«
»Vielleicht bringt’s ja was, aber wenn du Pech hast, erlebst du eine böse Überraschung. Immerhin weißt du nicht, was du da möglicherweise aufdeckst.«
»Ich bin sicher keine lange vermisste Großerbin, eher was ganz Normales, so was wie Lehrerin oder Sekretärin. Aber dann hätte ich wenigstens die Gewissheit. Es wäre doch lustig, Tom anzusehen und zu sagen ›Ich bin Tallulah Bloggs und serviere hauptberuflich Cocktails.‹«
»Solltest du wirklich so heißen, wäre es besser, den Namen zu behalten, den du dir aus dem Telefonbuch gesucht hast.«
Angelas Lächeln verschwand. »Genau das macht die Sache so schlimm. Ich weiß zum Teufel nicht einmal, ob ich eine Mutter gehabt habe!«
»Du musst eine gehabt haben, früher mal.« Sie schwiegen beide eine Zeit lang, bis das Summen der Zeitschaltuhr Stella beschäftigte. Sie zog ein Blech mit Plätzchen aus dem Ofen und schob die nächste Partie ein. »Du darfst nicht vergessen, warum alle so vorsichtig sind. Irgendwo da draußen lauert immer noch der Vampir, der dich gemacht hat.«
Nicht dass sie das so schnell vergessen würde. »Aller Wahrscheinlichkeit nach befindet er sich auf der anderen Seite des Atlantiks.«
»Er könnte so wie wir einfach ein Flugzeug benutzen.«
Angela nickte. »Glaub mir, Stella. Den Schrecken, den wir durchgemacht haben, vergesse ich nie. Wenn dieses Monster hier irgendwo in der Nähe wäre, ich meine im Umkreis von Meilen, dann würde ich das wissen.« Allein der Gedanke daran ließ sie erschaudern.
»Vielleicht. Aber wir können uns verstecken, wenn wir wollen. Sei vorsichtig.« Stella löste die abgekühlten Plätzchen vom Blech. »Du solltest dich vielleicht auf den Weg machen, bevor Justin von dieser Konferenz zurückkommt. Er steht deinen Plänen sicher genauso kritisch gegenüber wie Tom.«
Das traf wohl zu.
Stella griff nach der Teigschüssel, als sie jedoch das Wasser aufdrehte, riss Angela sie ihr aus der Hand. »Schade um den schönen Teig. Bloß nichts verkommen lassen.« Sie hatte die Schüssel halb ausgekratzt, ehe sie bemerkte, wie Stella ihr zusah. »Das fehlt dir, oder? Ich bin so mit mir selbst beschäftigt, dass ich ganz vergessen habe, dass du ja auch …«
»Dass ich auch eine lebensverändernde Verwandlung hinter mir habe?« Stella lächelte. »Den ersten Schock hatte ich bald überwunden, und für ein Leben als Vampirin war ich schnell bereit, die damit verbundenen Nachteile zu akzeptieren. Aber Plätzchenteig vermisse ich schon, und Eiskrem und Schokolade.« Sie klappte den Deckel der Mehldose zu und stellte sie weg.
Angela hielt ihr einen Löffel entgegen. »Bist du sicher, dass du nicht probieren willst?«
Stella schüttelte den Kopf. »Danke, wirklich nicht. Ich hab’s einmal versucht. Es hat nach nichts geschmeckt, und danach hatte ich noch tagelang das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben.«
Angela griff nach einem ofenfrischen Plätzchen. Das Leben als Ghul hatte auch seine Vorteile, und Stella machte großartige Plätzchen.
»Tschüs, Sam.« Stella sah ihrem Sohn hinterher, wie er über den vollen Spielplatz ging und sich einer Gruppe anderer Neun- und Zehnjähriger anschloss. Zufrieden, dass er auf dem Schulgelände sicher aufgehoben war, lächelte sie Angela zu. »Es kann losgehen.« Sie nahm den Weg über die Dorfstraße, um dann über die Moore in Richtung York zu fahren. »Wie lange willst du denn bleiben?«
»Ein paar Tage vielleicht. Entweder finde ich etwas heraus oder nicht. Ich habe nicht vor, unnötig lange dort rumzuhängen.« Mit ein bisschen Glück könnte sie sogar noch vor Justin wieder zurück sein. Ihm war zuzutrauen, dass er sich ebenso unvernünftig verhalten würde wie Tom. Männliche Vampire taten gern so, als würde der ganze Planet nach ihrer Pfeife tanzen. »Ich will nicht, dass du meinetwegen Ärger bekommst. Meinst du, Justin könnte sauer reagieren?«
Stella zuckte die Schultern. »Wenn ja, dann sicher nicht zum ersten oder letzten Mal. Hör auf, dir Sorgen zu machen! Und, bei Abel, pass gut auf dich auf. Nicht dass du in demselben Zustand endest, in dem Vlad dich gefunden hat.«
»Ich geb mir Mühe«, versprach Angela und lächelte dabei in sich hinein, als sie hörte, dass ihre Freundin sich auf Abel berief. Stella fügte sich so problemlos in ihr neues Leben als Vampirin. Sie musste sie einfach beneiden. Vampire hatten ihre Kolonie zur Gesellschaft und als
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