Unsterbliche Leidenschaft
du nicht gerade eben nach mehr gebettelt?«
»Schlimm?«
»Nicht solange du es gleich wiederholst.«
Während sie zu den Falten in den Winkeln seiner strahlenden Augen hochsah, strich sie zärtlich über die Furchen auf seiner Stirn. Tom sah so viel älter aus als die anderen Vampire, die sie kannte, aber die letzten Monate seines sterblichen Lebens waren ja sehr hart gewesen. Sie liebte ihn wirklich, von ganzem Herzen. Sagte er doch glatt, sie würde ihn wahnsinnig machen! Manchmal könnte sie schreien bei seinen Ansichten.
Aber nach einer so tollen Nummer und einem so wunderbaren Gedächtnisblitz war nun nicht die Zeit für derlei Gedanken.
»Ich liebe dich, Tom, über alles.« Sie setzte sich geschmeidig auf. »Ich hatte gerade eine wunderbare Erinnerung, aber zuerst muss ich zurück zu Meg und mit ihr reden. Sie könnte mir vielleicht helfen.«
»Liebes, warum denn gerade sie? Was kann sie schon für dich tun? Ein verrückte Alte mit ihrem Geschwafel über Auren und Abel weiß was noch alles.«
Angela setzte sich darauf kerzengerade hin und packte ihn am Arm. »Tom, gerade deshalb kann sie mir helfen. Sie ist nicht verrückt, glaub mir. Sie weiß, wie sie mir helfen kann.«
Er schüttelte den Kopf. »Angela, ich bin mir nicht einmal sicher, ob es so eine gute Idee ist, diese Frau überhaupt noch einmal zu sehen.«
Der Mann hatte keine Ahnung. »Sie ist genau die Frau, die ich brauche. Lass es mich erklären.«
Er ließ sie nicht. »Vertrau mir, Liebes, in gut vierhundert Jahren habe ich einiges erfahren, und ich sage dir ganz ehrlich, du solltest dieser Mrs Merchant am besten aus dem Weg gehen – ich bin mir ziemlich sicher, sie ist eine Hexe.«
»Ja, Tom, und genau deshalb kann sie mir auch helfen. Ich bin auch eine!«
Tom sah aus wie vom Blitz getroffen. »Das kann nicht sein! Du bist ganz anders. Unmöglich!«
»Es ist mehr als möglich, Tom. Ich habe mich gerade daran erinnert.«
Er starrte sie an. »Du machst keine Witze, nicht wahr?«
»Nein, warum auch.« Sie ließ sich wieder zurück aufs Bett fallen. Tom sah völlig fertig aus. »Was ist los? Freust du dich nicht, dass ich wieder ein Stückchen von meiner Erinnerung zurückbekommen habe?«
»Und ich habe immer geglaubt, Kit und Justin hätten Probleme mit den Frauen, die sie lieben.« Er lachte bitter auf. »Das ist schlimmer als jeder Berg, den sie abarbeiten mussten.«
»Wovon um Himmels willen redest du?«
Sie hatte keine Ahnung. War das bloß eine weitere Gedächtnislücke, oder wusste sie wirklich nicht Bescheid? »Wovon ich rede?« Tom setzte sich auf und ging dabei etwas auf Distanz. »Ich rede von der seit Urzeiten bestehenden Feindschaft zwischen Hexen und Vampiren.«
Ihren verdatterten Gesichtsausdruck hätte nur eine ganz hervorragende Schauspielerin so hingekriegt. Sie starrte ihn an, als seien ihm Hörner gewachsen. Wobei, wohlgemerkt, die Reaktion dieser alten Hexe zu Beginn dieses Nachmittags nicht viel anders ausgesehen hatte. Schließlich atmete Angela tief durch. »Welche Feindschaft?« Während sie sprach, verschränkte sie die Arme auf der Brust, aber dann, als hätte sie plötzlich bemerkt, dass sie nackt war, zog sie sich die Decke über den Busen und setzte eine finstere Miene auf. »Wovon bitteschön sprichst du?«
Das war keine Unterhaltung, die man nackt führte.
Er ging an den Kleiderschrank aus Eiche, nahm einen cremefarbenen Frotteebademantel heraus und hielt ihn ihr hin. »Da, zieh das an.«
»Warum?«
Sie musste natürlich fragen! »So etwas erklärt sich nicht auf die Schnelle, und du sollst dich ja nicht zu Tode frieren.«
Sie warf die Bettdecke von sich und stand auf. Beim Anblick ihres herrlichen Körpers wäre ihm beinahe das Herz stehen geblieben. Welchem grausamen Schicksal hatten sie das zu verdanken? Er hauchte einen Kuss auf ihren Halsansatz, als er ihr den Mantel um die Schultern legte.
»Was ist los?«, fragte sie.
Er hatte Angst, es ihr zu sagen, aber es gab keine Alternative, denn er konnte sich schlicht nicht vorstellen, dass von ihr Böswilligkeit ausgehen könnte, in welcher Form auch immer. Wenn er nur an die Lust dachte, die sie eben erst geteilt hatten, und beim Anblick ihrer klaren Augen, als sie den Gürtel zuknotete … Er nahm ihre Hand. »Setzen wir uns, und dann erklär ich dir alles.«
Sie nahmen nebeneinander auf dem Chintz-Sofa Platz. Angela lehnte sich aber nicht gegen die hoch aufgebauschten Kissen zurück, sondern wandte sich zur Seite und sah ihm direkt in die
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