Unsterbliche Liebe
… ihre war. Wie hatte er ohne sie überhaupt jemals leben können? Müßig darüber nachzudenken. Er liebte sie von ganzem Herzen. Basta. Liebte ihre Energie, ihre Kraft und ihren Liebreiz. Und auch ihr Talent, sich über Regeln hinwegzusetzen, wenn diese ihren Vorstellungen von gesundem Menschenverstand zuwiderliefen.
Kit dachte über sie – und Justin – nach, als er die Jackson Avenue in Richtung City Park Avenue und schließlich heimwärts schlenderte. Ihr Vorschlag, sie alle sollten Justin gemeinsam ins Exil folgen, war vielleicht gar nicht so abwegig, wie es anfangs schien. Tom würde ihnen sicher mit fliegenden Fahnen folgen. Und ihnen stand das von Justin ausgehandelte Territorium zur Verfügung. Dixie befand sich auf heimatlichem Boden, aber Stella … Es gab also doch ein Problem. Sie brauchte ihre ursprüngliche Heimat, um ihre Kräfte voll zu entwickeln, weigerte sich jedoch hartnäckig, Sam in die Fremde zu verpflanzen. Sogar Justin hatte in dieser Frage auf Granit gebissen – zumindest bis jetzt. Wie sollte es mit Sam überhaupt weitergehen? Sich um ihn zu kümmern und für ihn zu sorgen, war kein Problem; aber er war ein hochintelligenter Junge, und über kurz oder lang würde ihm auffallen, dass sie alle nie etwas aßen, niemals zum Friseur oder Arzt, dafür aber zu den unmöglichsten Nachtstunden ausgingen.
Und wie für den Jungen sorgen, sollte Gwyltha pingelig werden und das Territorium für die Kolonie beanspruchen? Darüber konnte selbst ein Vampir graue Haare bekommen. Vielleicht würde Justin ja ein Nutzungsrecht zugesprochen, um sein Exil zu akzeptieren und Stella in seiner Obhut belassen, aber Kit hatte den dumpfen Verdacht, dass Dixie recht hatte. Sie hatte unmissverständlich klargemacht, dass Stella Justins Verbannung niemals hinnehmen und weiterleben würde wie bisher. Kit war sich nicht sicher, was Stella unternehmen könnte, zweifelte aber nicht daran, dass Dixie die Lage richtig einschätzte. Aus dem Grund hatte er ihr das Versprechen geradezu abgerungen, Stella nichts von dem Damoklesschwert zu erzählen, das über ihr schwebte. Diese Aufgabe kam Justin zu, und er beneidete den armen Tropf nicht im Geringsten darum. Seinen Schmerz, als er Dixie verlassen hatte, würde Kit selbst in fünfhundert Jahren nicht ganz verwinden. Natürlich hatte er keine andere Wahl gehabt. Aus Sorge um ihre Sicherheit angesichts gewisser lebensgefährlicher Individuen konnte er gar nicht anders handeln, aber es hätte ihm beinahe das Herz zerrissen. Von daher wusste er, was Justin durchmachte.
»Guten Abend!« Justin lungerte vor der Haustüre herum, ein Fuß auf die geschwungene Kante der Kalksteintreppe gestützt. »Ich dachte schon, du kommst nie nach Hause.«
»Die Pflichten des Unternehmers …«
Darauf ertönte ein lautes, prustendes Lachen. »Das kannst du deiner Großmutter erzählen! Eher hast du dich rumgetrieben und darüber nachgedacht, wie man dem guten alten Justin aus der Patsche helfen könnte.«
»Ein schlechter Freund, der das nicht versuchen würde.«
Justin stand auf. »Und? Ist dir was eingefallen?«
Kit schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
Justin klopfte ihm auf die Schulter. »Es gibt keine Lösung, Kamerad«, sagte er, redlich bemüht, die Rolle des Luftschutzwarts nachzuahmen, in die er während des Zweiten Weltkriegs geschlüpft war. »Lass uns doch etwas Spaß haben, solange es uns noch gibt.«
»Schwebt dir was Bestimmtes vor?«
»Beginnen wir doch mit dem Zoo. Ich will Stella morgen dorthin führen und ihr zeigen, wie man Tiere anzapft.«
Sie rannten los, am Flussufer entlang, quer durch zahllose penibel gepflegte Gärten, ehe sie nach rechts abbogen und den Damm überquerten. Es war pure Angeberei von Justin, den Damm in einem Satz zu überspringen, aber vielleicht übte er ja, um bei Stella Eindruck zu schinden. Sonst hatte der arme Kerl ja kaum noch einen Grund zur Freude.
Kit war sich nicht ganz sicher, warum Justin so viel trank. Wenn er morgen schon wieder trinken würde … warum?
»Für hinterher hab ich noch was Nettes auf der Pfanne«, sagte er, und tätschelte einer schlafend daliegenden Antilope die Hinterkeule. »Sieh jetzt zu, dass du fertig wirst. Ich rechne mit deiner Unterstützung.«
»Was genau schwebt dir denn vor?«, fragte Kit als sie zurückrannten, dieses Mal mit dem Wind.
»Sag ich dir später«, erwiderte Justin und legte einen Spurt hin, sodass Kit mächtig Gas geben musste, um Schritt zu halten. Justin ließ nicht locker, bis
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