Unsterbliche Liebe
Justin Corvus nicht einmal vorzustellen gewagt. Sie stützte sich auf einen Ellbogen und gestattete sich einen Blick auf seine kräftigen Beine und seinen strammen Po, als er sich gerade umdrehte, um ihre verstreuten Kleider aufzusammeln. »Justin!« Sie war in Sekundenschnelle auf den Beinen. Sein Rücken war voller blutiger Kratzer.
»Was denn?«
Sie befühlte die größte Wunde. »War das …?« Doch wohl nicht? Gewiss, sie war nicht zimperlich gewesen, aber … Er drehte sich um und tupfte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ja, das warst du, Liebes. Wir Vampire packen schon mal etwas fester zu. Du musst dich an deine Kräfte erst noch gewöhnen.«
»Justin, ich wollte dir nicht wehtun«
Sein Lachen hallte durch die klare Winternacht. »Keine Ursache, verheilt eh schon wieder.«
Es fiel ihr schwer, das zu glauben und sie trat näher heran. Die Wunden schlossen sich und verheilten tatsächlich, während sie zusah – natürlich, wenn sein Körper gleich mehrere Schusswunden problemlos wegsteckte, dann waren Fingernagelkratzer eine Lappalie.
»Bist du jetzt beruhigt?« Er nahm ihre Hand. »Ein paar Kratzer sind ein geringer Preis für die Ekstase, die du mir geschenkt hast.«
»Ich meine doch, das Vergnügen war durchaus gegenseitig.«
Er lachte auf. »Bei Abel! Das will ich doch glauben! Ich brauche dich, Stella, und ich hoffe bei der Güte des Himmels, du wirst mich auch immer brauchen.« Er zog sie zu sich heran. Sie war als Frau stark genug, um zu akzeptieren, dass ein ganzer Mann wie Justin sie brauchte, wagte aber nicht an den umgekehrten Fall zu denken. Die Nacht war zauberhaft, was auch immer der Morgen bringen würde, und im Moment wollte sie partout nicht daran denken, wie lange dieses von ihm abgesprochene »immer« wohl währte.
Sie zog sich in Windeseile an, schneller als sie es je für möglich gehalten hätte, und trotzdem war er vor ihr fertig. »Wir lassen uns Zeit für den Rückweg«, sagte er. »Was sollen wir wie wahnsinnige Wiedergänger durch die Gegend laufen.«
»Ein bisschen wahnsinnig waren wir ja gerade schon, oder? Ich habe mich nie so getrieben gefühlt.«
»Ich treibe dich bald wieder in den Wahnsinn«, versprach er, während er ihr in den Mantel half. Er nahm sie an der Hand. »Komm jetzt, wir haben ein gutes Stück Weg vor uns.«
»Wo genau sind wir eigentlich?«
»Ungefähr fünfzehn Kilometer nördlich von Jeffersonville.«
»Du weißt, wo wir sind?«
»Natürlich. Ich würde doch nie so weit laufen, ohne mich auszukennen.« Er zuckte mit den Schultern. »Außerdem wollte ich genau das richtige Plätzchen für unser erstes Mal.«
Und wenn sie an den Vollmond dachte, die Sterne und die Stille der Nacht, hatte er dabei wirklich ein gutes Händchen bewiesen. »Hast du auch für das gute Wetter gesorgt?«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, das Wetter kann ich nicht beeinflussen. Wenn ich das könnte, würde ich eine anhaltende Wolkendecke für dich bestellen.« Er gab ihr ein Extraküsschen. »Gehen wir.«
Sie liefen gleichmäßig dahin, zunächst querfeldein über die brachliegenden Äcker, dann an der Autobahn entlang; dort lieferten sie sich Wettläufe mit den Lastwagen, die sie natürlich gewannen, bis Justin, kurz vor den Außenbezirken von Columbus, darauf bestand, das Tempo zu drosseln. Sie überquerten die High Street in Richtung German Village, und als sie am Schiller-Park vorbeikamen, bemerkte Stella gelbes Flatterband von der Polizei, das sie blitzartig hinter sich ließen; wenige Minuten später standen sie vor ihrer Haustür, wo sie in Kürze wie ein Teenagerpärchen auseinandergehen sollten.
»Bei den ersten Anzeichen der Dämmerung bin ich wieder hier«, sagte Justin und küsste sie. »Geh jetzt rein.«
Nichts lieber als das. Sie musste unbedingt nach Sam sehen. Wusste der Himmel, wie spät es überhaupt war. Justin wartete auf dem Weg zum Haus, bis sie die Tür hinter sich zugemacht hatte. Stella wartete in der Diele und lauschte seinen Schritten, die auf dem Gehweg verhallten.
Justin hätte am liebsten einen Freudentanz auf den Dächern vollführt, begnügte sich aber mit einem Tempolauf durch die Straßen. Wieso sollte er unnütz Energie verschwenden, wenn er morgen Abend wieder Stella zu Willen sein durfte … oder vielmehr später heute. Er fühlte sich so leicht und ungestüm wie ein junger Heißsporn nach dem ersten Glas Wein, so verwegen wie nach der ersten Schlacht und glücklicher als überhaupt in seinem ganzen langen Leben. Nicht nur
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