Unsterbliche Liebe
dass Stella ihm unendliche Freuden geschenkt hatte, nein, sie hatte auch die Leere und Schmach getilgt, die Gwylthas Treuebruch in ihm hinterlassen hatte. Er wünschte Gwyltha und Vlad alles Glück dieser Welt. Nun besaß er Stella. Was konnte Mann oder Vampir sich mehr wünschen?
Justin übersprang das Eisengatter und nahm den Gartenweg vor Kits Haus in zwei Sätzen.
»Du siehst mehr als zufrieden aus«, sagte Kit, während Justin die Tür zumachte. »Ich nehme an, man kann dir gratulieren.«
»Und ob.« Justin ließ sich in den Ohrensessel gegenüber von Kit fallen.
Kit nickte. »Auf die Gefahr hin, diesen Moment mit Alltagskram zunichte zu machen«, begann er.
»Mit welchem Alltagskram?«
»Vlad war während deiner Abwesenheit hier.« Justin nickte und wartete ab. »Um eine Nachricht von Gwyltha auszurichten.«
»Und? Wer kommt alles?« Nicht so viele, wie wenn sie zu Hause wären, immerhin. Aber außer Vlad würde sie noch jemand anderen mitbringen, kein richtiges Mitglied der Kolonie.
»Toby und noch ein paar andere, aber ich glaube nicht, dass das Grund für seinen Besuch war.«
Kits Zögern und sein komplett abgeschottetes Bewusstsein alarmierten Justin. »Warum ist er dann gekommen?«
»Hat er nicht gesagt, nur dass er zu einem Zeitpunkt wiederkommen will, der dir passt. Es geht wohl um geschäftliche Dinge.«
»Was sollte ich schon mit Vlad Tepes geschäftlich zu tun haben?«
»Vielleicht hast du ihn ja mit deinem Verhandlungsgeschick beeindruckt?«
Justin schnaubte. »Verhandeln! Der kann mich mal.« Aber die alte Feindschaft wollte sich kaum wieder einstellen. Er war zu sehr erfüllt von neuer Freude, als dass ihn die Vergangenheit noch gekratzt hätte. Sollten Gwyltha und Vlad auch nur halb so glücklich zusammen sein wie er mit Stella, gönnte er ihnen das von ganzem Herzen. Er hatte Gwyltha ja nun wirklich sehr geliebt, und der Schmerz über ihren Verlust hatte Jahrzehnte an ihm genagt. Stella jedoch mit ihren strahlenden Augen und ihrer beherzten Zuversicht hatte die Geister der Vergangenheit endgültig vertrieben. Justin seufzte auf. »Über kurz oder lang werden wir wissen, was er will.«
Auch für eine Vampirsfrau hatte ein Montagmorgen nach wie vor seine Tücken. Sam konnte seinen Schulranzen nicht finden, und als er endlich unter Dixies Sachen auftauchte, fiel ihm ein, dass er noch zwei leere Joghurtbecher für die Biologiestunde mitbringen sollte. Ein Joghurt gab es noch im Kühlschrank, aber der war nicht nach seinem Geschmack. Also kippte sie ihn in ein leeres Konservenglas, während Dixie den leeren Becher vom Abend zuvor aus dem Abfall fischte. Stella spülte und trocknete beide, und Sam packte seine Sachen zusammen. Sie schafften es gerade noch rechtzeitig bis zur Bushaltestelle, und sobald Sam seinen Platz im Bus eingenommen hatte, fuhr Stella los, um in der Village Laundry zu kündigen.
Justin hatte es vorausgesagt. Bei Tageslicht zu arbeiten, wäre unmöglich gewesen; sie fühlte sich ja jetzt im Licht der Morgensonne schon schwach. Leider wusste Stella nur allzu gut, dass ihre Kündigung sowohl für ihre Kollegen wie für die Betreiber des Ladens problematisch sein würde. Sie hatten es ihr eigens ermöglicht, zu arbeiten, wenn Sam in der Schule war, und sich nie darüber beklagt, wenn sie zu Hause blieb, weil er krank war. Sie würde sie sitzen lassen, und sie hasste das. Aber es musste sein. Sie öffnete die Tür, grüßte Annie, eine ihrer Kolleginnen, und ging nach hinten ins Büro.
»Kündigen?« Der alte Mr Lynch sah aus wie kurz vor einem Herzanfall.
Stella kämpfte mit ihren Schuldgefühlen. »Tut mir ja wirklich leid, aber etwas ist dazwischengekommen.«
»Mehr haben Sie uns nicht zu sagen?«
»Es ist alles ein bisschen schwierig. Ich habe ja gerne hier gearbeitet, und Sie haben es immer so gut mit mir gemeint, wegen Sam und überhaupt, aber es geht einfach nicht mehr.«
»Wir kommen natürlich jedem Konkurrenzangebot entgegen.«
Jetzt fühlte sie sich noch mieser. »Um Geld geht es nicht. Ich habe einfach eine Stelle gefunden, die Sam und mir besser taugt. Außerdem habe ich schon zugesagt.«
Sie befürchtete schon, er würde nachhaken, aber er zuckte nur mit den Schultern. »Aber die einwöchige Kündigungsfrist halten Sie schon ein, oder nicht? Schließlich müssen wir noch Ersatz für Sie finden.«
Sie konnte nicht Nein sagen, und jetzt, da sie nicht mehr im Freien war, ging es ihr ja gut. Ein Woche müsste zu schaffen sein. Immerhin hatte sie fünf
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