Unsterbliche Liebe
Jahre hier gearbeitet und ihnen viel zu verdanken. Sie ließ ihren Mantel im Büro und ging zum Ladentisch, um den ersten Schwung Hemden anzunehmen; dann half sie Annie beim Fertigmachen der ersten Trommel.
»War ja wieder mal mächtig was los am Wochenende, oder?«, sagte Annie, als sie den ersten Container von hinten hereinrollte.
»Wieso? Was ist denn passiert?«
»Hast du keine Fernsehnachrichten gesehen? Die Zeitungen sind auch voll davon gewesen. Teile des Parks sind noch immer abgesperrt.«
»Ich war krank und habe den Fernseher überhaupt nicht eingeschaltet.«
»Jim musste am Freitag spät abends ausrücken, und er war erst nach dem Frühstück wieder zurück. Der reine Wahnsinn, wenn du mich fragst.« Annie schüttelte den Kopf, während sie den nächsten Leinenbeutel mit Hemden vollstopfte. »Die Polizei spricht von einem Bandenkrieg. Aber es ist alles so seltsam. Einer wurde an der Straße aufgefunden, ein anderer drüben bei den Tennisplätzen. Wieder ein anderer hat eine Pistole einfach durch das Fenster eines Hauses an der Reinhard Avenue geschmissen. Das hat die Polizei erst auf den Plan gebracht.«
»Wurden sie getötet?«
»I wo! Man hat sie schwer verletzt in die Klinik gebracht. Einer der beiden hat davon gefaselt, der Leibhaftige persönlich habe sie attackiert. Man vermutet, dass er was genommen haben musste.« Sie warf den vollen Beutel in den Container. »Machst du den Rest? Ich muss telefonieren.«
Stella kümmerte sich um die übrige Wäsche, während sich in ihrem Kopf alles überschlug. Das mussten Johnny Day und Warty gewesen sein. Was hatte ihr doch Justin noch mal über den pfleglichen Umgang mit Sterblichen erzählt? Nicht dass sie allzu viel Mitleid mit Johnny oder Warty gehabt hätte. Immerhin hatten die beiden sie erschossen und sie hatten versucht, Justin umzulegen. Allmählich bekam sie Kopfschmerzen. Sie würde versuchen, eine alte Zeitung zu ergattern, und später mit Justin darüber reden. Jetzt, da die Hemden so weit fertig waren, musste sie sich erst einmal um die für die chemische Reinigung bestimmten Sachen kümmern.
Einige Stunden später dröhnte ihr der Kopf, die Gelenke taten ihr weh, und sie sehnte sich nach einem ruhigen Plätzchen, an dem sie sich hinlegen und schlafen konnte.
Dixie und Justin hatten nicht gelogen. Ihre Kräfte reichten einfach nicht aus, um tagsüber zu arbeiten, und dabei hatte sie sich für eine ganze Woche verpflichtet. Vielleicht sollte sie ja doch einen Rückzieher machen und Mrs Lynch sagen, dass er ihr leid tue, aber sie könne nun einmal nicht und …
»Hallo.«
Sie hatte einen Kunden. Aufpassen war also angesagt. Sie schrieb den Bon heraus, musste sich aber den Namen zweimal buchstabieren lassen. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn sie normalerweise nicht verdammt genau gewusst hätte, wie man Brown schreibt. Er sah sie irritiert an, als sie ihm sagte, die Sachen seien morgen, Donnerstag, fertig; und ihm wäre beinah das Kinn heruntergefallen, als sie ihn fragte, ob er seine Hemden gewaschen und auch gestärkt haben wolle. Sie wäre nicht erstaunt gewesen, wenn er fluchtartig das Weite gesucht hätte, aber er händigte ihr noch seine Rabattgutscheine aus und ließ sie ausdrücklich wiederholen, seine Sachen seien morgen, Dienstag, fertig. Er warf ihr noch einen besorgten Blick zu und verließ den Laden.
Als sie die Hemden wegräumte, entdeckte Stella plötzlich die Brieftasche des Kunden vor sich. Ohne groß zu überlegen, griff sie danach und schwankte mit wackeligen Beinen hinaus ins helle Tageslicht. Der Mann sperrte gerade seinen Wagen auf. »Sie haben Ihre Brieftasche vergessen«, rief sie und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Dann begann sich alles um sie herum zu drehen, und sie merkte nur noch, wie sie zusammenbrach.
»Justin, hilf mir doch!«, war ihr letzter Gedanke. Dann versank sie in Nacht und Kälte.
* * *
»Stella!« Justin schnellte hoch. »Sie ist in Not«, rief er Kit zu.
»Wo?«
Justin fokussierte seine Sinne. »Irgendwo jenseits des Parks.« »Kann nur die Wäscherei sein, wo sie arbeitet«, sagte Dixie, »an der Thurman Avenue.«
Justin versuchte sich in Stellas Bewusstsein einzuklinken. Vergeblich. »Ich muss sofort zu hier. Ihr bringt das Auto hinterher.«
Ehe Kit antworten konnte, war Justin schon zur Tür hinaus und in Vampirgeschwindigkeit losgerannt, ein verschwommener Schatten für alle, die ihn sahen. Diskretion hin oder her! Stella war in Not.
Hinter dem Park verlangsamte er
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