Unsterbliche Sehnsucht
erst einmal abgeschlossen hätte, würde sie ihn anrufen und um eine Verlängerung bitten – und ihm damit direkt in die Arme laufen. Welch wunderbare Ironie.
Perfekt.
Die vier Abtrünnigen vor ihm versteiften sich unmerklich, als er sie mit einem kalten Blick bedachte, rührten sich jedoch nicht. Gut. Er würde den Ersten, der zuckte, töten – und dann alle anderen, weil sie ihre Pflichten ihm gegenüber nicht erfüllt hatten. Normalerweise hätte er sich selbst um die Angelegenheit gekümmert, wenn er nicht der Meinung gewesen wäre, dass eine längere Abwesenheit im Himmel momentan zu viel unerwünschte Aufmerksamkeit erregt hätte. Er bewegte sich auf einem schmalen Grat; ein falscher Schritt und alles wäre vorbei. Selbst wenn die Tatsache, dass es von den Abtrünnigen vermasselt worden war, ihm einen Vorteil verschafft hatte, musste er seinen Standpunkt klarmachen.
Er ging zu dem großen Spiegelglasfenster hinüber und starrte hinunter auf den kahlen Berghang. »Ich habe euch diese Frau auf dem Silbertablett serviert«, bellte er, »aber ihr habt sie trotzdem nicht erwischt. Verratet mir doch, warum ich euch jetzt nicht eure Flügel von den Rücken schneiden sollte.«
»Shallum ist tot«, teilte der abtrünnige Dämon, der am dichtesten neben der Tür stand, ausdruckslos und ohne mit der Wimper zu zucken mit. »Hasrah auch.« Eins zu null für die Gefallenen. Wenn seine Boten nicht schon tot gewesen wären, hätte er sie auf der Stelle wegen ihres Versagens getötet.
»Ausreden«, knurrte er. Shallum und Hasrah waren bloß Schachfiguren, nur Opfer in dem größeren Spiel. Glücklicherweise bescherte der unstillbare Durst der Herrschaften Cuthah einen unerschöpflichen Vorrat an weiteren Abtrünnigen. »Ihr wart vorgewarnt, besitzt Flügel und Feuerklingen. Doch ihr habt euren Vorteil einfach verspielt und zugelassen, dass die Gefallenen Nessa St. James mitnehmen.«
»Wir holen sie uns zurück.« Abermals hatte der erste Abtrünnige gesprochen.
»Verdammt richtig.« Wenn er so weit war. Cuthah legte eine Hand an die Fensterscheibe.
Das Glas fühlte sich kalt an, denn draußen herrschten eisige Temperaturen. Die Nacht brach schnell über sie herein, sodass sich dunkle Schatten über das Gelände zogen, während die schwache Sonne hinter den Gipfeln verschwand. Cuthah mochte diese Festung in den Bergen, tief im Gebiet der Abtrünnigen. Hier hatte selbst die Landschaft jede Hoffnung aufgegeben. Die kargen Felsvorsprünge hielten einem vor Augen, wie trostlos das Leben werden konnte, wenn keine Hoffnung auf Erlösung bestand. Noch vor einem Jahrhundert war dies die Spielwiese maßloser russischer Adliger gewesen, die mehr Interesse daran gezeigt hatten, ihre Leibeigenen zu vögeln und auf die Jagd zu gehen, als sich um politische Belange zu kümmern. Diesen Fehler hatte Cuthah nie gemacht. Er gönnte sich schon seinen Spaß, ja. Aus den Augenwinkeln heraus schaute er hinüber zu seinem Himmelbett, auf dem seine festgebundene Beute lag. Das zarte Ding hatte schon überraschend lange durchgehalten. Vielleicht würde sie sogar die Nacht überstehen – doch er vermischte niemals Arbeit und Vergnügen.
Die Lage im Himmel spitzte sich zu.
Er hatte den Stein ins Rollen gebracht und dann abgewartet; nun stand der Moment des Triumphs kurz bevor.
Selbst wenn die Gefallenen zurückschlagen und dies zu einer persönlichen Angelegenheit machen wollten, wäre Cuthah bereit dafür. Seit dreitausend Jahren hatte er gezielt jede potenzielle Seelenverwandte ausfindig gemacht und ausgelöscht. Bis ihm eine durchs Netz gegangen und dem ihr vorbestimmten Geliebten in die Arme gefallen war. Mischka Baran ergänzte Brends Duranovs Seele, schön und gut. Vom Schicksal zugeführt, hatte der Mistkerl sie natürlich nicht mehr losgelassen, und schon war der Schaden geschehen.
Nun wussten die Gefallenen Bescheid und suchten nach weiteren Frauen. Es war ein Wettlauf, die noch auf der Welt verbliebenen Seelenverwandten auszumachen und vor den anderen zu schnappen. Mit der letzten Seelenverwandten würde für die Gefallenen auch die letzte Hoffnung auf Erlösung sterben. Cuthah freute sich schon darauf, ihnen die Tür zum Himmel direkt vor ihren arroganten Nasen zuzuschlagen.
Mit Nessa St. James bekam das Spiel allerdings eine ganz neue Dimension.
Sie verfügte möglicherweise über das Wissen, ihren genetischen Code zu entschlüsseln, was sie einerseits zur letzten Hoffnung für die Gefallenen, andererseits jedoch auch zu ihrem
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