Unsterblichen 02 -Unsterblich wie ein Kuss-neu-ok-27.01.12
mit einkalkulierte.
»Wieso?«,
fragte Violet Mikhail.
»Normalerweise
kriegt Patrick alle Damen, weil er so gut aussieht«, erklärte Mikhail. »Aber an
Charme kann er's nicht mit mir aufnehmen. Ich kann also damit rechnen, dass du
bald in meine Arme sinkst!«
Beide
Frauen lachten, doch Patrick schwieg immer noch und beobachtete sie.
»Nicht,
dass ich hässlich wäre, im Gegenteil«, versicherte Mikhail hastig.
»Das
reicht, Mikhail!«, rief Angelica ihren Bruder liebevoll zur Ordnung. »Du wirst
Violet noch Angst einjagen.«
»Er
macht mir keine Angst, und das sage ich nur deshalb, weil ich jetzt gehen muss
und nicht will, dass er sich wer weiß was einbildet.« Violet lächelte.
Zum
Erstaunen der Versammelten erhob sich auch Patrick. »Ich werde Sie hinbringen,
wo immer Sie möchten.«
»Das
brauchst du nicht, Patrick, mein Kutscher kann Violet nach Hause fahren«,
widersprach Angelica, doch Patrick schüttelte den Kopf. Er hatte bemerkt, wie
Violets Atem bei seinem Vorschlag stockte, und nahm das als gutes Omen.
»Es
macht mir keine Mühe. Kommen Sie, Violet?«
9.
Kapitel
Violet, komm schnell.«
Violet hob schlaftrunken
den Kopf vom Kissen. Sie schlug die Augen auf, aber es war stockdunkel. Da fiel
ihr wieder ein, dass sie ja nichts mehr sehen konnte, und die Angst schnürte
ihr förmlich die Kehle zu.
Die Köchin drängte:
»Komm schon, Kindchen, zieh dich an. Du musst fort von hier.« Irgendwo in
der Burg hörte sie gellende Schreie. Ihre Mutter. Die Angst drohte sie zu
ersticken. »Hab ich was falsch gemacht?« Die Köchin half ihr beim Anziehen,
sagte aber nichts. »Sucht sie mich?«
Die Frau knöpfte
schweigend Violets Mantel zu. Violet kamen die Tränen. »Wo gehen wir hin?« »Wir
gehen nirgendwo hin, Schätzchen. Es gibt kein Wir. Aber du musst von hier weg.
Weit, weit weg.«
Und dann war sie auf
einmal im Wald, stolperte über Wurzeln, kratzte sich an Zweigen, schürfte sich
an Steinen auf. Hinter ihr zerrissen die Schreie ihrer Mutter die Nacht. »Komm
zurück, du dreckige kleine Ratte!«
»Violet,
wach auf.«
Es
war Sarah, und sie klang besorgt. Violet fühlte sich wie zerschlagen. »Ich muss
wohl eingenickt sein.« »Ja«, sagte Sarah, »du hast wieder diesen Traum gehabt.«
Violet
schüttelte den Schlaf aus den Gliedern und erhob sich von dem Sitz, auf dem sie
eingenickt war.
»Wie
spät ist es? Ich muss mich fertig machen!«
Sarah
verstand und wechselte bereitwillig das Thema.
»Allerdings!
Aber erst musst du mir erklären, was zwischen dir und diesem umwerfend
attraktiven Herrn vorgeht!«
Violet
schlüpfte wortlos in ihren Zigeunerrock.
»Ach,
komm schon, Violet!«, stöhnte Sarah, erhob sich von dem Hocker, auf dem sie in
einer Ecke der Garderobe gesessen hatte, und trat zu Violet. »Dreh dich
wenigstens um, damit ich dir mit den Schnüren helfen kann.«
Violet
drehte sich gehorsam um. »Da gibt's nichts zu sagen.«
»Aber
klar doch«, murmelte Sarah und zerrte an Violets Rockschnüren.
»Ich
schwör's! Er hat mich heimgebracht, um Prinzessin Angelica einen Gefallen zu
tun.« Das versuchte sie sich zumindest einzureden. Was sollte es sonst sein?
Unmöglich konnte er ein Interesse an ihr haben! Schon gar nicht, seit er
wusste, dass sie blind war.
Nicht,
dass er etwa herablassend gewesen wäre. Er hatte nichts gesagt, das sie hätte
beleidigen können. Tatsächlich hatte er während der ganzen Kutschfahrt
überhaupt kein Wort gesprochen. Violet hatte sich noch nie so unwohl gefühlt.
Auch zuvor, in Angelicas Haus, hatte er kein Wort gesagt, während Mikhail sich
absichtlich lächerlich gemacht hatte, nur um ihr keine Verlegenheit zu
bereiten.
Das
Schlimmste jedoch war, dass sie ihn trotz ihrer jüngsten Entdeckung immer noch
unwiderstehlich fand. Sie war sich nicht sicher, wie sie es bei ihrer ersten
Begegnung hatte übersehen können, aber heute bei Angelica war es offensichtlich
gewesen: Sein Atem roch nach Blut.
Patrick
war ein Bluttrinker.
Sie
hatte von der Seherin viel über diese eigenartigen Wesen gelernt und fürchtete
sie daher nicht. Sie wusste, dass sie, obwohl sie schneller und stärker als
Menschen waren, für diese keine Bedrohung darstellten: Ihre Gesetze verboten
das. Auch wusste sie, wie man erkennt, dass ein Bluttrinker versucht deine
Gedanken zu lesen, eine Fähigkeit, die offenbar auch einige Menschen besaßen.
Trotzdem
war es verstörend, dass dieses Wissen darum, was Patrick war, sie nicht
abschrecken konnte. Sie hatte doch bisher
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