Unsterblichen 02 -Unsterblich wie ein Kuss-neu-ok-27.01.12
würde es von einer Faust zerdrückt. Sie hielt es
keinen Moment länger hier aus. Sie musste diese Sache zu Ende bringen, sie
musste Ismail finden und ihm geben, was er verdiente.
»Wenn
Sie mich entschuldigen würden, Hoheit, Mylord?«, sagte Violet, zum Herzog
sprechend. »Ich glaube, ich habe den nächsten Tanz versprochen.« Das war keine
Lüge, sie hatte diesen Tanz irgendeinem Marquis oder Grafen versprochen, hatte
aber nicht die Absicht, dieses Versprechen einzuhalten.
»Warten
Sie, ich werde Sie zu Ihrem Partner führen«, sagte Patrick glatt und ergriff
ihre Hand. »Ich werde ein Treffen mit James vereinbaren«, versprach er dem
Herzog.
»Gut.
Es war mir eine große Freude, Sie kennen zu lernen, Lady Violine. Ich wünsche
Ihnen noch viel Vergnügen auf meinem Ball.«
»Danke,
Hoheit.« Violet wurde auf einmal klar, dass sie diesen Ball gleich mit einem
Mord ruinieren würde. All diese Leute hier, sie wären geschockt. Und vermutlich
würde der Herzog ihr nicht länger seine Tochter vorstellen wollen. Sie würde
zur Mörderin werden. Nein, es war kein Mord, es war ausgleichende
Gerechtigkeit...
Sie
durfte jetzt nicht weich werden, durfte nicht zaudern. Ismail musste bezahlen.
Wenn sie nicht dafür sorgte, würde es keiner tun. Der Tod ihres Vaters durfte
nicht un- gesühnt bleiben. Außerdem könnte der
Mann ja wieder morden.
Vater, dachte sie, bitte steh
mir bei.
»Was
ist, Violet?« Patricks Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er hatte sie
inzwischen vom Herzog weggeführt.
»Nichts,
ich... ich...« Ihr Hirn war wie eingefroren, sie konnte nicht mehr denken.
Jetzt erst nahm sie Ismails Geruch an Patricks Anzug wahr und erschauderte. Der
Schurke musste also inzwischen eingetroffen sein.
»Willst
du ein wenig an die frische Luft?«
Violet
schüttelte den Kopf. Dafür war jetzt keine Zeit. Sie musste diesen Traum
beenden und tun, was richtig war. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie
entzog Patrick ihren Arm, damit er nicht merkte, wie feucht ihre Handflächen
geworden waren.
»Ich
muss dir etwas sagen«, begann sie. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sich so
verurteilte Straftäter fühlten, die auf dem Weg zum Schafott waren. Ihr Herz
drohte zu zersplittern, und sie wollte nichts weiter, als sich in Patricks Arme
werfen und ihn nie wieder loslassen. Aber auch das war Unsinn. Er hatte
schließlich nur mit ihr gespielt, hatte sie benutzt, solange es ihm passte...
doch nein, das stimmte nicht ganz. Zumindest konnte sie es nicht so nennen,
denn er hatte ihr nie etwas vorgelogen, hatte von Anfang an klargemacht, wie
die Dinge zwischen ihnen standen.
Trotzdem
liebte sie ihn noch immer.
»Was
ist, Violet?« Er war so still, und auch im Ballsaal schien es still geworden zu
sein. Was für einen Sinn hat- te ein Geständnis? Was half es, wenn sie diesem
Mann gestand, dass sie ihn liebte?
Ich liebe
dich, dachte sie traurig. Vergib mir, was ich gleich tun
muss.
»Könntest
du mir vielleicht etwas zu trinken bringen?«
»Selbstverständlich.«
Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme. »Ich bin gleich wieder da.«
Violet
wartete ein paar Sekunden, bis er verschwunden war, dann folgte sie ihrer Nase.
Sie war auf der Suche nach Daniel. Er musste ihr helfen, Ismail dorthin zu
locken, wo sie ihn haben wollte.
Sie
wandte sich nach rechts, drängte sich durch eine Traube von Menschen und verlor
seinen Geruch. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, sie war so nervös, dass sie
sich kaum konzentrieren konnte. Verdammt, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie durfte jetzt nicht die Besinnung
verlieren!
»Violet?
Suchen Sie jemanden?«
Violet
erkannte Daniels Stimme und setzte ein Lächeln auf, obwohl ihr von Minute zu
Minute übler wurde. Auf einmal hatte sie furchtbare Kopfschmerzen. Sie drückte
die Finger an die Schläfen und verzog das Gesicht. Sie konnte sich jetzt keine
Kopfschmerzen leisten, sie musste sich konzentrieren. Ismail zu töten, würde
schwer genug werden.
»Ja,
ich suche nach Ismail«, erwiderte sie.
»Ach
ja?«
»Ja.
Ein Bote ist mit einer dringenden Nachricht für ihn eingetroffen. Er wartet im
Billardsalon auf ihn.« Sie hatte diese Lüge gut eingeübt, und so kam sie ihr
mühelos über die Lippen. »Wären Sie so nett und würden ihm Bescheid sagen?«
Sie
war so nervös, dass sie sich Mühe geben musste, die Erklärung nicht zu
vergessen, die sie sich für den Fall zurechtgelegt hatte, dass Daniel fragen
sollte, wieso ausgerechnet sie nach Ismail geschickt worden sei und
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