Unsterbliches Verlangen
ein Dieb?«
»Mein Auto hat er jedenfalls gestohlen!«, sagte Stella.
»Und was ist eigentlich das?« Elizabeth legte die Dietriche beiseite und wickelte eins von den Päckchen auf.
Auf das Bett ergoss sich ein ganzer Berg von Juwelen, geschliffenes Geschmeide und edle Metalle, die im Licht funkelten.
Sam gab einen lang gezogenen Pfiff von sich.
Elizabeth und Stella konnten nur mehr staunen.
»Ein Dieb, ein richtiger Dieb!« Sam jubelte schier vor Freude darüber, dass er recht hatte. Er griff nach einer Kette voller glitzernder Brillanten und Rubine. »Ist die wirklich echt?«
»Das lässt sich leicht feststellen.« Elizabeth nahm eine Diamantbrosche zur Hand. »Mal sehen, ob sich Glas damit schneiden lässt.«
Tatsächlich.
Alle drei starrten auf den kleinen Kratzer in der Ecke des Badezimmerfensters.
»Es funktioniert wirklich«, sagte Sam.
»Ja.« Stella klang weitaus weniger begeistert.
Sie ging ins Zimmer zurück und starrte einen Moment lang auf den Berg von Preziosen auf dem Bett, ehe sie noch ein Päckchen aufrollte. Es enthielt noch mehr Zeug als das erste.
»Da haben wir wohl jemandem die Beute weggeschnappt.«
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Elizabeth.
»Ich glaube, wir sollten die Polizei anrufen«, sagte Sam. »Die Sachen sind sowieso alle gestohlen.«
»Du hast völlig recht, Sohnemann, bis auf einen Punkt – wie um alles in der Welt soll ich denen erklären, dass ich das Auto verfolgt und den Fahrer rausgeschmissen habe?«
»Scheiße!«, murmelte Elizabeth. »Tschuldigung, Stella. Ist mir nur so rausgerutscht.«
»Ich kenn das Wort. Hab’s oft genug gehört«, erwiderte Sam. »Und ich weiß auch genau, was es heißt.«
»Kein Grund, es zu verwenden«, entgegnete ihm Stella.
»Was machst du denn jetzt, Mum?«
»Ich werde Justin anrufen.«
»Und was passiert damit?«, fragte Sam und zeigte auf den glitzernden Berg auf dem Bett.
»Wir decken es zu«, sagte Stella und warf die Bettdecke darüber. »So. Jetzt sieht es niemand mehr. Lass uns nach unten gehen. Sam, du darfst dir was aussuchen. Cola oder Fanta. Wir nehmen … etwas anderes, und ich werde Justin anrufen.«
»Dann kann ich ja auch gleich Tom anrufen«, sagte Elizabeth. »Erfahren wird er es sowieso.«
»Schade, dass Antonia nicht hier ist. Die hätte sicher eine Idee, was wir machen sollen. Wo ist sie überhaupt?«, fragte Stella.
»Sie will mit den Pressefritzen reden, und dann … nun ja. Sie wird bald zurück sein oder vielleicht nicht so bald. Sie hat jemanden …« Sie zögerte mit einem Blick auf Sam. »… jemanden kennengelernt. Un bel ami. « Sie nahm an, Sam würde kein Französisch verstehen.
Das war ein Trugschluss. »Heißt das, sie hat sich einen Kerl angelacht?«
»Es heißt, du steckst deine Nase in Dinge, die dich nichts angehen«, sagte Stella. »Beschäftige du dich mal lieber mit gestohlenen Juwelen. Damit bist du beschäftigt genug.« Ihr fiel auf, was für einen Unsinn sie da eben gesagt hatte, und sie und Elizabeth mussten beide laut auflachen.
8
Antonias Besuch bei der Lokalpresse war ein voller Erfolg gewesen. Eine kleine Bewusstseinsmanipulation hatte genügt, und schon hatte sie das Versprechen in der Tasche, dass jemand zu einem Interview vorbeikommen und bei der Gelegenheit gleich ein paar Fotos vom Haus machen würde. Auf den Vorschlag des Reporters hin, einige Namen und die Werke von Künstlern aus der Region würden das Interesse der Leser steigern, rief Antonia Judy an und fragte, ob sie vielleicht zu einem Interview bereit wäre. Sie hätte auch Michael angerufen, aber auf Details wie etwa Telefonnummern hatte er ausweichend reagiert.
Ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als noch einmal persönlich bei ihm vorbeizuschauen.
Wem sollte sie schon was vormachen.
Es waren mitnichten der Lärm und die einstürzenden Wände draußen gewesen, was sie von der Arbeit abgehalten hatte, sondern vielmehr die wilden Erinnerungen ihres Körpers. Irgendwie hatte sich das schlichte Bedürfnis zu saugen in eine Obsession verwandelt.
Sie hatte es versucht. Wirklich. Sie war eine Vampirin und den Reizen Sterblicher gegenüber eigentlich immun. Sie konnten noch so begehrenswert und zum Anbeißen lecker sein. Unterwegs in ihrem Van nach Bringham jedoch gestand sie sich die Wahrheit ein. Sie begehrte Michael Langton, war ausgehungert nach ihm, und jeder Hunger verlangte danach, gestillt werden.
Auf halber Strecke fuhr sie auf einen Parkplatz neben einer auf alt getrimmten Teestube und
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