Unsterbliches Verlangen
Nur schade, dass wir keine Zeit mehr für die Heiratserlaubnis haben. Hat ewig gedauert, bis du dich entscheiden konntest.«
»So soll’s auch sein! Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass sich ein Ghul verlobt!«
»Glaubst du nicht, der Witz hat langsam einen Bart?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Du liebst eine Ghulin und solltest dich daran gewöhnen, Schatz.«
Sie küsste ihn auf die Wange, berührte ihn nur zart mit den Lippen, aber die Wirkung war beachtlich. Es wurde schon wieder eng in seiner Hose – nicht ganz neu, es war fast den ganzen Tag über eng. Aber er wollte sich nicht beklagen, und sie würden ohnehin bald zu Hause sein, sobald Lizzie ihre Hexen getroffen hatte. Dafür würde sie Kraft brauchen. »Wir sollten, ehe wir zurückfahren, lieber noch schnell bei Sainsbury’s Halt machen und ein Steak für dich besorgen, oder besser gleich sechs. Dann hast du während der Fahrt was zu knabbern.«
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und verdrückte allein zwischen Richmond und Esher drei riesige Sirloin-Steaks. Essgewohnheiten waren das! Aber er als Blutsauger brauchte reden. Seit er mit Lizzie befreundet war, kam er auch ab und an wieder mal in Metzgereien, heutzutage klinisch reine Etablissements, im Vergleich zu den Läden, wie er sie noch im sechzehnten Jahrhundert gewohnt war; und er war gezwungen, Supermärkte zu betreten, wofür es bis dahin wenig oder überhaupt keinen Bedarf gegeben hatte.
»Tom«, sagte sie, als sie Cobham passierten und Kurs auf Bringham nahmen. Sie fuhren nun über Landstraßen, aber man hätte meinen können, halb Surrey war an diesem Nachmittag unterwegs. »Würde es dir was ausmachen, wenn ich den Ring abnehme?«
Wo dachte sie hin? Sie würde ihn für immer und ewig tragen. »Warum denn?«
»Ich finde, ich sollte ihn bei diesem Treffen lieber nicht tragen. Es hat keinen Sinn, sie unnötig neugierig zu machen. Wenn eine von den alten Damen den Ring bemerkt, kommt doch garantiert sofort die Frage: »Wer ist denn der Glückliche?«
Damit hatte sie zweifelsohne recht. »Steck ihn wieder an, wenn es gelaufen ist, ja?«
»Natürlich. Ich werde ihn demonstrativ zur Schau stellen!«
Aber zuerst zurück zu Orchard House.
Er wählte eines der hinteren Zimmer aus, die zum Garten hinausgingen. »Denk dran, das Fenster offen zu lassen, Lizzie. Damit ich auch wieder reinkomme. Die Nachbarn würden schön schauen, wenn da plötzlich ein nackter Mann herumläuft.«
»Ich bekomme keinen Schock, wenn ich dich nackt sehe.« Ihr vielsagendes Grinsen machte ihn wahnsinnig an. Wusste sie eigentlich, was sie da mit ihm machte? Ja, verflixt noch mal, sie wusste es genau.
»Kann ich dir vielleicht helfen?« Sie glitt mit einem Finger zwischen zwei Knöpfen unter sein Hemd.
»Später beim Anziehen kannst du mir helfen. Jetzt muss ich mich konzentrieren.« Er hatte noch niemals zuvor – jedenfalls so weit er sich erinnern konnte – versucht, sich mit Ständer zu verwandeln. Das war seine Chance, herauszufinden, wie eine sexuell erregte Eule aussah und sich anfühlte.
Elizabeth trat zurück und sah zu, wie er sich verwandelte. In einem Moment war er noch Tom, schön, nackt und eindeutig erfreut, sie zu sehen. Es lag ein Prickeln, eher ein bebendes Zittern, in der Luft, und schon im nächsten Moment wurde Tom zu einem Schemen aus Farbe und Bewegung. Dann saß eine Eule mit spitzen Ohren auf dem Fensterbrett. Er drehte den Kopf. Dunkle Eulenaugen sahen sie an, und weg war er, segelte mit ausgebreiteten Flügeln über den Garten hinweg. Ihr persönlicher gefiederter Bodyguard, Vampirgeliebter und Verlobter.
Sie holte tief Luft – wenn sie an das Wort Verlobter nur dachte, bekam sie eine Gänsehaut vor Erregung. Aber erst mal … Sie stellte seine Schuhe nebeneinander und steckte in jeden eine Socke, seine Hose und das Hemd hängte sie an die Schranktür. Sie kuschelte sich noch für einen Moment mit der Wange an sein Hemd und genoss seinen betörenden Duft. Dann hatte sie den Raum auch schon verlassen und war die Treppe hinuntergeeilt. Sie wollte da sein, wenn die anderen beiden eintrafen. Noch wenige Minuten für sich alleine – okay, alleine mit einer Eule –, und sie wäre bereit.
Sie setzte sich ins Gras unter der Eberesche. Tom war von der großen Eiche in der anderen Ecke des Gartens herübergeflogen und saß jetzt wahrscheinlich direkt über ihr. Sie sah nicht hinauf. Das war nicht nötig. Sie spürte seine Nähe und fühlte sich in seinem
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