Unsterbliches Verlangen
schlug das Kreuzworträtsel in der Zeitung auf und machte es sich für eine halbe Stunde bequem.
Als Poppy an der Tür kratzte, öffnete Margaret und füllte den Trinknapf mit frischem Wasser. Erst als Poppy ihre Schnauze senkte und wie üblich zu schlabbern anfing, bemerkte Margaret die edelsteinbesetzte Hutnadel im Fell des Hundes.
Diese Judy mit ihren Theaterambitionen! Was war denn noch alles in dem Karton? Lag jetzt sicher alles auf dem Rasen verstreut. Sie sollte einfach besser auf ihr Zeug aufpassen. »Du hättest dir wehtun können, altes Mädchen«, sagte sie, als sie die Nadel aus Poppys Fell pulte. »Stell dir vor, du wärst draufgetreten?« Sie legte die Hutnadel auf das Abtropfbrett und nahm sie dann wieder in die Hand. Ein schönes Stück, erinnerte sie an die Teile, die ihre Großmutter zu tragen pflegte. Die Fassung war in punkto Gewicht und Qualität nicht wie die von billigem Strassschmuck. Das Stück musste echt sein. Sicher. Vielleicht ein Zufallsschnäppchen aus dem Trödelladen? Judy war stets auf der Suche nach irgendwelchem Krimskrams für ihre Stickereien und Collagen.
Was hatte Poppy sonst noch alles im Garten verstreut?
Margaret öffnete die Tür.
Manche Gemeindemitglieder hinterließen ab und zu etwas Obst und Gemüse, sogar Eier und selbstgebackenes Brot, aber auf dem Rasen ausgestreute Juwelen hatte es bis dahin noch nie gegeben.
Sie holte die braune Ledertasche unter einem Rosenbusch hervor und packte einen Großteil des ausgestreuten Inhalts wieder hinein, beim Anblick des angeknabberten Stethoskops jedoch wurde sie stutzig. Judy hatte ihre verrückten Momente, aber das ging zu weit. Wer von den Dorfbewohnern hatte bloß diesen Plunder hier deponiert?
Das war keine Sache, die eine Pfarrersgattin im Alleingang klären sollte. Sie stellte die Tasche auf ihrem halbfertigen Kreuzworträtsel ab und ging nach oben, um Mann und Tochter zu wecken.
Während Simon die Polizei rief, setzte sie nochmals Wasser auf. Sergeant Grace war immer für eine Tasse zu haben, und, verflixt, sie konnte auch noch eine vertragen. Wirklich lustig: Als sie vor sechs Jahren hierhergezogen waren, hatte sie unter der Vorstellung gelitten, das Leben auf dem Land sei ruhig und langweilig. Da hatte sie sich getäuscht.
* * *
Tom und Justin berieten sich draußen – sicher beklagten sie die Schäden an Stellas Auto –, als Elizabeth sich an einen Fensterplatz zum Frühstücken setzte. Wenige Minuten später kam Sam dazu. Stella würde das Frühstück auslassen, sagte er. Auch über Antonias Abwesenheit war sie nicht sonderlich erstaunt, hätte aber nichts gegen zwei zusätzliche Portionen einzuwenden gehabt. Schwer möglich, halb garen Speck und rohe Würstchen zu bestellen, und gekochtes Fleisch war nun mal weniger nahrhaft. Dem Himmel sei Dank für den Vorrat im Kühlschrank in Orchard House.
Unter ihren und Sams Blicken fuhr einer von Judes Lakaien in einem nagelneuen silbergrauen Mercedes vor, der wohl Stellas verbeulten Jaguar ersetzen sollte. Kein Zweifel – Vampire hatten Organisationstalent.
»Weißt du schon, was du heute machen willst?«, fragte Sam zwischen zwei Bissen Toast.
»Was?« Kinder erstaunten sie immer wieder. Es war noch kaum ein Tag vergangen, da wäre er beinahe entführt worden, und nun saß er da, verspeiste Würstchen und beschäftigte sich mit Ausflugsplänen.
»Wir wollen nach Windsor, das Schloss besichtigen. Dann machen wir eine Bootspartie auf dem Fluss und später wird gepicknickt.« – »Na dann viel Spaß!« – »Hast du Lust mitzukommen?«Klang verführerisch, aber … »Ein andermal, Sam. Es steht einiges an heute.« Etwa der Versuch, den Kontakt mit dem Zirkel wiederaufzunehmen.
»Ich weiß.« Sam nickte und schmunzelte wissend, »du willst mit Tom zusammen sein, stimmt’s?«
Mist! Das erschwerte die Sache natürlich. Er hatte vor, das ganze Wochenende hierzubleiben. Da konnte sie ein Treffen mit dem Zirkel vergessen. »Stimmt genau, Sam. Isst du eigentlich das letzte Würstchen noch?«
»Du kannst es haben. Ich krieg jederzeit neue.«
* * *
Nach einem gemütlichen und kräftigen Frühstück und einer Plauderei mit Sam, den sie wirklich sehr vermisst hatte, war Elizabeth bereit für einen netten romantischen Tag mit Tom. Sie könnten ins Grüne fahren, vielleicht auch nach Guildford, oder vielleicht sogar in den Antiquitätenläden in Dorking stöbern. Tatsächlich war sie höchst neugierig auf eine Stadt namens Dorking.
Ganz so sollte es nicht kommen.
Sie
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