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Unsterbliches Verlangen

Unsterbliches Verlangen

Titel: Unsterbliches Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemary Laurey
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Schutz sicher und geborgen.
    Der alte Backsteinweg verströmte die Wärme des vergangenen Tages. Sie lehnte sich gegen den Baumstamm und beobachtete die Bienen über den Lavendelbüschen. Manche waren so schwer mit Pollen beladen, dass sie wie betrunken durch die Luft taumelten.
    Sie konnte ihren Zustand gut nachvollziehen, war sie doch selbst ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten. Ein ungutes Gefühl, das sie noch nie gemocht hatte und das ihr gerade jetzt besonders ungelegen kam.
    Vielleicht hätte sie Tee machen oder sonst etwas parat haben sollen, das sie ihnen anbieten könnte, aber nun war es zu spät. Und im Kühlschrank gab es nur Blutbeutel und rohes Fleisch.
    »Hallo!« Elizabeth wandte sich in Richtung dieser Zwitscherstimme. Ida näherte sich in Begleitung einer kleinen, pummeligen Frau mit stark gekräuselten Löckchen.
    Sie stand auf. Sie hätte wohl besser Stühle herausbringen sollen, aber auch dafür war es nun zu spät. Sie ging auf die beiden zu, schenkte Ida ein Lächeln und streckte der anderen Frau die Hand entgegen. »Sie müssen Emily Reade sein. Ich bin Elizabeth Connor.«
    Es war ein loser, verwackelter Händedruck.
    »Freut mich, Sie zu sehen«, sagte Emily. »Ida hat mir alles über Sie erzählt.«
    Stimmte nicht ganz. Ida wusste nicht alles von ihr, aber … »Danke für die Bereitschaft, mich zu treffen, und ich entschuldige mich noch mal wegen gestern Abend. Eine Freundin hatte ein kleines Problemchen.« Oh je! Sie war schon zu lange hier! Ein »kleines Problemchen«. Es hatte sich um eine ausgewachsene Krise gehandelt!
    »Ich hoffe doch, nichts Schlimmes«, sagte Ida mit neugierig geweiteten Augen.
    »Ein kleiner Autounfall, aber sie war trotzdem sehr durcheinander.« Das war zumindest ein Teil der Wahrheit.
    »Oh, es ist furchtbar, wie manche Leute heutzutage fahren«, sagte Emily. Sie schüttelte den Kopf, aber ihre festgesprayten Locken blieben in Form.
    Genau! Und die Autoentführer waren auch eine Landplage. »Es ließ sich alles regeln.« Hoffte sie wenigstens. »Aber Stella brauchte einfach unseren Beistand.«
    »Schön, ich freu mich für sie, dass sich alles regeln ließ«, sagte Ida. »Dann können wir ja zur Sache kommen.«
    »Ich dachte, es gäbe noch eine dritte Person, die Sie erwähnt haben.«
    Ida schüttelte den Kopf. »Mildred Rowan konnte nicht weg. John ist manchmal schwierig.«
    Das war immerhin der Ansatz einer Erklärung für den Zwischenfall im Barley Mow.
    »Gehen wir doch zu dem hübschen Baum, unter dem Sie vorhin gesessen haben«, schlug Emily vor. »Es ist so schön da!«
    »Möchten Sie was zum Hinsetzen, Stühle oder sonst was?« Dabei wusste die Göttin, was für eine Art »sonst was« sie noch hervorzaubern könnte.
    »Für uns nicht!«, insistierte Emily, schritt über die Kamille und ließ sich nahe der Stelle nieder, wo Elizabeth eben erst gesessen hatte.
    Hätte Tom den Stoffwechsel einer Eule besessen, könnte sich Emily auf was gefasst machen. Hatte er den? Sie würde ihn später fragen müssen. Sie wartete, bis Ida es sich bequem gemacht hatte – sie war nicht annähernd so agil wie Emily, war aber auch immerhin rund fünfundzwanzig Jahre älter, wenn nicht mehr. Nachdem sie Platz genommen hatten, setzte sich Elizabeth zwischen die beiden.
    »Also«, sagte Emily – fast schien es, als hätte man sie zur Sprecherin auserkoren –, »wollen wir die Göttin in ihrem geheiligten Garten begrüßen?« Sie streckte die Hände aus. Ida nahm die eine, Elizabeth die andere Hand, und dann fassten Ida und Elizabeth einander an den Händen. Idas Hand war mager, abgearbeitet und alt, aber warm. Emilys Hand fühlte sich kalt und hart an, und Elizabeth empfand ein gewisses Unbehagen. Dazu kamen eine Gereiztheit und eine Spannung, die sich noch verstärkte, als Emily ihren Singsang anstimmte.
    Ida stimmte ein. Elizabeth, nicht vertraut mit der Abfolge, intonierte leise. Ihr Unbehagen verstärkte sich weiter. Alles, was ihr Adela über den Missbrauch von Macht erzählt hatte, rollte vor ihr ab. Sie holte tief Luft und gleich noch einmal, und als Emily endlich zum Schluss kam und die Hände freigab, hätte sie beinahe geseufzt vor Erleichterung.
    »Gelobt sei die Göttin!«, sagte Emily.
    »Gelobt sei die Göttin«, wiederholte Ida, gefolgt von Elizabeth.
    In der nun einsetzenden Stille übertrug sich der Friede des Gartens auf sie. Die Bienen nahmen ihren Tanz zwischen den Lavendelzweigen wieder auf, und von der geknickten Kamille, auf der sie saßen,

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