Unsterbliches Verlangen
mich, woher er weiß, dass du nicht ganz in Form bist.«
Einzig Georgiana war imstande, sich auf eine tödliche Krankheit mit »nicht ganz in Form« zu beziehen. »Er war gestern dabei, als ich eine Schmerzattacke bekam, und half mir, zu meinem Zimmer zu gelangen.«
Georgiana nickte und betrachtete sie mit einem undeutbaren Ausdruck - ausgenommen den Anflug eines Lächelns. »Dann vermute ich, dass er alles in allem ein netter Mann ist. Also, was hältst du davon, aus diesem Bett zu steigen und den Sonnenschein zu genießen?«
Georgiana half ihr beim Ankleiden und Frisieren. Dann nahmen sie ihren Tee im Garten, und als Pru sagte, sie würde gern die Ausgrabung besuchen, ließ Georglana den Einspänner bereitmachen und fuhr Prudence selbst hin.
Die Ausgrabung befand sich auf einem niedrigen Hügel nahe den Klippen. Hohe Gräser neigten sich in der Brise, und dazwischen schwankten Wildblumen hin und her. Die Sonne stand hoch über ihnen und lullte Pru in tiefe Zufriedenheit, während die Möwen in der Ferne schrien. Unter ihnen klatschte die Brandung gegen die Felsen und stob einen Nebel aus Salz und feinstem Sand auf.
Wenn es ein Paradies gab, musste es so aussehen, und es war nicht halb so beängstigend, wie Pru bisweilen dachte.
Die grabenden Männer hielten inne, um sich ihre Hemden überzuziehen, als der Einspänner sich näherte.
»Ein Jammer!«, bemerkte Georglana in der für sie typischen trockenen Art. »Ich hatte so gehofft, Marcus ohne Hemd zu sehen.«
Pru lachte, und ihr Bauch zuckte nicht einmal - Gott sei Dank. Heute war der Schmerz weg, aber die Wirkung des Laudanums hielt auch noch an, die ihren Mund trocken und ihre Glieder schwer machte.
Marcus kam in einem bemitleidenswert verdreckten Hemd auf sie zu. Sein jungenhaftes Gesicht war gerötet und von Schmutzspuren übersät, aber seine Zähne strahlten hell inmitten seines sonnengebräunten Gesichts.
»Ich habe gehofft, dass Sie heute kommen«, begrüßte er sie, zog sich die Handschuhe aus und half ihr aus der Kutsche.
Seine Worte beflügelten sie geradezu. »Ach ja? Dann haben Sie etwas gefunden?«
Er setzte sie auf dem Boden ab und grinste sie an, während er Georglana herunterhalf. »Sehen Sie selbst!«
»Ah, ich hasse es, wenn Sie das tun!« Aber sie lachte trotzdem. Nach der gestrigen Mahnung, wie vergänglich ihr Leben war, brauchte sie etwas, das sie erfreute - etwas, an das sie sich klammern konnte.
Er führte sie zu einem Loch an der flachsten Seite des Hügels. Hier war alles mit freigelegten Fundamenten und Steinresten übersät. An diesem Ort musste einst ein Gebäude gestanden haben, das von zahlreichen kleineren umringt wurde.
Marcus stand grinsend an einer klaffenden Grube. »Ich hatte den Verdacht, dass das eine Art Keller sein müsste, so tief, wie es reicht.«
Was erklären würde, weshalb er sich von der Seite näherte statt geradewegs von oben.
Pru kletterte auf den Hügel hinauf und blickte von dort auf die Ausgrabungen. Was sie von hier sah, inmitten der grabenden Männer, war eindeutig eine Treppe - so alt und verfallen wie der Felsen selbst, daran bestand kein Zweifel.
»Ein Eingang«, hauchte sie und sah zu Marcus auf.
Ihr Freund strahlte geradezu. »Ja, das könnte der geheime Keller sein, in dem Artus seine wertvollsten Besitzungen verbarg. Sollten meine Berechnungen richtig sein, müsste ich die Tür schon übermorgen erreichen.«
So bald. Gott, ich danke dir! Zitternd warf Pru sich Marcus in die Arme. All ihre Freude brach sich in einem fast hysterischen Lachen Bahn. Er fing sie auf und wirbelte sie herum, während die grabenden Männer johlten. Kaum hatte er sie wieder heruntergelassen, dankte Pru jedem einzelnen der Helfer, schüttelte ihnen die Hände und umarmte sie, ohne sich darum zu scheren, ob es der Anstand erlaubte oder nicht. Wie sie bemerkte, bekam auch Georgiana Marcus' Begeisterung zu spüren. Allerdings wirbelte er sie nicht herum, sondern nahm sie nur in die Arme, was Georglana nicht das Geringste auszumachen schien.
Nachdem sie alle übereingekommen waren, die Entdeckung beim abendlichen Dinner gebührend zu feiern und bald schon ein richtiges Fest anlässlich ihres Erfolges auszurichten, machte Pru sich wieder auf den Heimweg.
Pater Molyneux schlenderte durch den Garten, als sie vor dem Herrenhaus vorfuhren, und Pru bat ihre Schwester anzuhalten, damit sie zu dem Priester gehen konnte, während Georglana weiterfuhr.
»Pater!«
Der alte Mann winkte ihr freundlich lächelnd
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