Unten Am Fluss - Watership Down
lagen auf freiem Boden auf der Seite. Hazel fragte sich, ob er sie wecken und ihnen nahelegen sollte, in dichtere Deckung zu gehen, aber als er darüber nachdachte, fiel er selbst in Schlaf.
Der Tag wurde heiß und still. Zwischen den Bäumen riefen schläfrig die Ringeltauben, und von Zeit zu Zeit stammelte ein später Kuckuck. Auf den Wiesen bewegte sich nichts außer den zischenden Schwänzen der Kühe, die Flanke an Flanke im Schatten standen.
33. Der große Fluß
Noch nie in seinem Leben hatte er einen Fluß gesehen – dieses geschmeidige, sich schlängelnde, schwere Tier ... Alles war Schütteln und Zittern – Glitzern und Schimmern und Funkeln, Rauschen und Strudeln, Plätschern und Brodeln.
Kenneth Grahame The Wind in the Willows
Als Hazel erwachte, fuhr er sofort auf, denn die Luft um ihn herum war erfüllt von den scharfen Rufen eines jagenden Tieres. Er sah sich schnell um, konnte aber keine Anzeichen von Unruhe entdecken. Es war Abend. Einige Kaninchen waren schon wach und fraßen am Rande des Gehölzes. Er war sich klar, daß die Schreie, obgleich drängend und bestürzend, zu schwach und schrill für jede Art von elil waren. Sie kamen von oben. Eine Fledermaus flatterte durch die Bäume und wieder hinaus, ohne einen Zweig zu berühren. Eine andere folgte ihr. Hazel konnte spüren, daß viele umherflogen, Fliegen und Motten im Fluge erhaschten und ihre winzigen Schreie ausstießen. Ein menschliches Ohr hätte sie kaum vernommen, aber für die Kaninchen war die Luft voll von ihren Rufen. Die Wiese vor dem Gehölz lag immer noch hell im Abendsonnenschein, doch unter den Tannen war es düster, und hier kamen und gingen die Fledermäuse in Scharen. Gemischt mit dem harzigen Duft der Tannen kam ein anderer Geruch, stark und wohlriechend, aber scharf – der Duft von Blumen, aber von einer Art, die Hazel unbekannt war. Er folgte ihm zu einer Quelle am Rande des Gehölzes. Er kam von mehreren dichten Flecken Seifenkrautes, das am Rande der Weide wuchs. Einige der Pflanzen standen noch nicht in Blüte; ihre Knospen waren in rosaroten spitzen Spiralen, die in hellgrünen Kelchen gehalten wurden, zusammengerollt, aber die meisten waren Sternblütler und gaben den starken Duft von sich. Die Fledermäuse jagten zwischen den Fliegen und Motten, die von dem Seifenkraut angezogen wurden.
Hazel machte hraka und begann, auf der Wiese zu fressen. Er war beunruhigt über seinen Hinterlauf, er störte ihn. Er hatte geglaubt, daß er verheilt sei, aber die forcierte Reise über die Downs hatte sich offenbar als zu anstrengend für den von den Schrotkörnern zerrissenen Muskel erwiesen. Er fragte sich, ob es noch weit zu dem Fluß war, von dem Kehaar gesprochen hatte. Wenn es weit war, dann hatte er Schwierigkeiten zu erwarten.
»Hazel-rah«, sagte Pipkin, der aus dem Seifenkraut herankam, »bist du in Ordnung? Dein Bein gefällt mir nicht – du ziehst es nach.«
»Nein, es ist gut«, sagte Hazel. »Hör zu, Hlao-roo, wo ist Kehaar? Ich möchte mit ihm reden.«
»Er ist hinausgeflogen, um zu sehen, ob irgendwo in der Nähe eine Patrouille ist, Hazel-rah. Bigwig erwachte vor einiger Zeit, und er und Silver baten Kehaar zu fliegen. Sie wollten dich nicht stören.«
Hazel spürte Ärger aufsteigen. Es wäre besser gewesen, man hätte ihm sofort gesagt, welchen Weg sie einschlagen sollten, statt zu warten, daß Kehaar nach Patrouillen Ausschau hielt. Sie wollten einen Fluß überqueren, und soweit es ihn betraf, konnten sie es nicht früh genug tun.
Aufgeregt wartete er auf Kehaar. Bald war er so gespannt und nervös geworden wie in seinem ganzen Leben nicht. Er fing schon an zu glauben, daß er vielleicht vorschnell gewesen war. Es war klar, daß Holly die Gefahr, die in der Nähe von Efrafa lauerte, nicht unterschätzt hatte. Er hatte wenig Zweifel daran, daß Bigwig rein zufällig den Fuchs zu einer Weiten Patrouille geführt hatte, die ihrer Spur gefolgt war.
Dann, am Morgen, wieder durch Glück und Kehaars Hilfe, hatten sie offenbar gerade eine bei der Überquerung des Eisenweges verfehlt. Vielleicht war Silvers Furcht wohlbegründet, und eine Patrouille hatte sie bereits erspäht und gemeldet, ohne daß sie es wußten? Hatte General Woundwort eine Art eigenen Kehaar? Vielleicht redete eine Fledermaus in diesem Augenblick mit ihm? Wie sollte man alles voraussehen und sich vor allem schützen? Das Gras schien bitter, der Sonnenschein frostig. Hazel saß unter die Tannen geduckt und machte sich düster Sorgen. Er
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