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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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Haubentaucher zu bearbeiten. Da viele der Inselbewohner mit der ersten Fähre zurück aufs Festland gefahren waren, lag die Insel nun zum ersten Mal so ruhig und friedlich da, wie Pippa es bei ihrem Einzug erwartet hatte.
    Niemand stritt, niemand verursachte Aufruhr.
    Sie dachte an Freddys Warnungen, dass Langeweile und Eintönigkeit sie in die Transvaalstraße zurücktreiben würden, und seufzte. Wahrscheinlich gab es in ganz Berlin keinen zweiten Fleck Erde, auf dem die Schere zwischen äußerlichem Frieden und innerlichem Brodeln so weit auseinanderklaffte wie auf Schreberwerder. Und selbstverständlich hockte ausgerechnet sie mitsamt dem komplizierten Brutverhalten ihrer Haubentaucher mittendrin.
    »Pippa! Telefon für dich!«, rief Viktor über zwei Gärten hinweg und winkte. »Die Uni!«
    Pippa fluchte, ließ alles stehen und liegen und flitzte los. In all dem Chaos hatte sie doch glatt vergessen, ihren Auftraggebern Dorabellas Telefonnummer zu geben. Viktor nickte ihr nur kurz zu und verließ dann das Haus. Durch das Fenster sah sie ihn zum Dorfplatz gehen. Dort hatte Herr X bereits mit den Aufräumarbeiten der Bestattungsfeier begonnen. An seinen langsamen Bewegungen erkannte Pippa, wie schwer ihm diese traurige Arbeit fiel.
    »Frau Bolle, hören Sie mich?«, drang eine leise Stimme aus dem Hörer an ihr Ohr.
    Pippa riss sich zusammen und wurde professionell. »Selbstverständlich, Professor Stielecke. Sie brauchen die Übersetzung einer Passage aus einem italienischen Aufsatz, um diesen richtig zitieren zu können. Um welches Thema handelt es sich denn?«
    Auf dem Dorfplatz kämpften Viktor und Herr X mit dem großen Pavillon, den der Bestattungsunternehmer am Nachmittag wieder abholen wollte. Herr X hielt immer wieder inne und sah besorgt in die kleine Schankstube. Dort hatte Luis bereits zum dritten Mal ein Glas zum Spülen in die Hand genommen, eine Weile vor sich hin gestarrt und es dann geistesabwesend wieder abgestellt.
    Viktor folgte dem Blick seines Freundes.
    »Luis realisiert gerade, dass er für Dorabella nie mehr Cocktails mixen darf. Mir ist heute Morgen Ähnliches passiert. Als ich die Eier meiner Mädchen verteilen wollte, habe ich die fallen lassen, die für Dora gedacht waren …«
    Herr X nickte. »Mir schmeckt mein nächtliches Pfeifchen auch nicht mehr.«
    Viktor musterte ihn alarmiert. »Du hast von dem Zeug noch was im Haus? Bist du wahnsinnig? Wenn die Polizei das gefunden hätte!«
    Herr X zuckte mit den Achseln. »Na und? Das ist doch jetzt auch egal.«
    »Himmel, hört auf mit eurem Selbstmitleid!«
    Karin war gekommen, um die Rosen aus der Dekoration zu Sträußen zu binden. »Ihr habt doch gehört, was Dorabella gesagt hat: Sie ist jetzt wieder gesund, und ihre höllischen Schmerzen sind endlich vorüber.«
    Luis trat vor sein Häuschen und wischte sich die Augen. »Mach sein, Karin, aber unsere nicht.«
    »Und auch der Zweifel nicht«, warf Herr X ein, »ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.«
    Pippa stand unschlüssig an Viktors Gartenzaun, sah zu den Freunden hinüber und überlegte, ob sie ihre Hilfe anbieten sollte. Sie hatte zwar gerade einen neuen Auftrag ergattert – aber die Übersetzungsarbeit verlor gegen ihr Bedürfnis nach Gesellschaft und Kommunikation.
    »Guten Morgen«, rief sie, »wer verteilt hier die Arbeit?«
    »Gerdi wird dir ewich dankbar sein, wenn du det Kinderspielzeuch uffsammelst«, sagte Luis und blinzelte. »Wie jeht et dir heute Morjen? Für dich muss dit ja allet hier ooch nich janz einfach sein. Da kommste für Ruhe und Frieden, und denn versuche icke, dich und deinen Bruder für’n längs verjessenen Unfall als Detektive inzuspannen – inklusive Leiche ausbuddeln.« Er seufzte. »Ick bin da woll n’ bisschen übert Ziel hinausjeschossen.«
    Pippa nahm die kleine Ansprache als die Entschuldigung, die sie sein sollte.
    »Ich verstehe, dass man auf die seltsamsten Gedanken kommt. Geht mir ähnlich. Ich sehe ja auch Einbrecher und höre nachts Stimmen. Heute Morgen beim Aufwachen habe ich kurz gebetet, ich hätte alles nur geträumt«, gab Pippa zu, »besonders den Auftritt eines gewissen Herrn.«
    »Ich hoffe, das bleibt ein Einzelfall«, sagte Karin, »wir haben unsere Parzelle jetzt seit drei Jahren, und ich habe noch niemals einen derartigen Aufstand erlebt.«
    Ein Geräusch hatte Angelika Christ geweckt, und jetzt saß sie mit klopfendem Herzen aufrecht im Bett. Stille, bis auf das nervtötende Gezwitscher irgendwelcher Vögel.
    Sie

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