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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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beeindruckt. Und mächtig neugierig bin ich auch. Wo ist es denn, dein … neues Testament?«
    Viktor sah Felix Maier fragend an, und dieser nickte bestätigend.
    »Im Heckenlabyrinth. In einer Kiste. Vergraben«, sagte Viktor. »Und die gehen wir jetzt holen! Alle!«
    Während die anderen die Hütte verließen, hielten sich Pippa und Karin im Hintergrund.
    »Was geht hier eigentlich ab?«, raunte Karin. »Ich komme mir vor wie im Film.«
    »Nur kennen wir leider das Drehbuch nicht«, sagte Pippa.
    Als sie auf den Dorfplatz traten, vergrößerte sich die ungewöhnliche Trauergesellschaft um die Kästner-Zwerge, mit denen Gerdi gerade ein Federballturnier veranstaltete, um sie von den traurigen Ereignissen des Tages abzulenken. Stephan Kästner klärte seine Frau über die mageren Details auf, die sie bisher kannten.
    Schon hingen die Kinder an den Erwachsenen.
    »Wir graben eine Schatzkiste aus?«, schrie Anton begeistert und hüpfte aufgeregt herum.
    »Schatzkiste, Schatzkiste, Schatzkiste«, skandierten seine Geschwister schrill und zerrten an Gerdis T-Shirt.
    »Kommt mal alle her«, sagte Karin und ging in die Hocke. Die Kinder sahen sie gespannt an. »Wisst ihr, die eigentliche Überraschung ist, dass Tante Dorabella gesagt hat, dass ihr euch alle ein Geschenk aussuchen dürft. Es gibt einen Zettel, auf dem sie das aufgeschrieben hat, und diesen Zettel wollen wir jetzt holen. Ihr bleibt solange hier und macht eine Wunschliste, ja? Wenn wir wieder zurück sind, wollen wir wissen, was ihr haben möchtet.«
    »Jaaaaaaaaa!«, schrie die Kinderschar entzückt und machte sich auf der Dorfplatz-Bank breit, um dieses wichtige Thema zu besprechen.
    Karin stand auf und klopfte sich den Sand von den Knien. »So, die wären beschäftigt. Fragt sich nur, wie lange.«
    Sie hakte sich bei Pippa ein, und beide folgten den anderen die Dorfstraße hinauf zum Labyrinth. Sie waren keine zwanzig Meter weit gekommen, als die Kästner’sche Rasselbande sie schon wieder eingeholt hatte und lautstark davon in Kenntnis setzte, dass man sich bereits entschieden habe.
    »Also gut«, sagte Karin lachend, »dann mal raus damit.«
    »Achtung, ich fange an«, verkündete Anton, »und dann alle nacheinander. Also: ein Boot, mit dem ich segeln kann.«
    »Eine Barbie, schön zum Schminken!«, rief Luise.
    »Ein Kettcar mit ’nem Fuchsschwanz dran«, sagte Emil und nickte Lotte zu, die flüsterte: »Einen Kuschelteddy, aber einen pinken.«
    Sie rannten los, hinter den anderen Erwachsenen her, und schrien im Chor:
    »Ein Boot, mit dem ich segeln kann,
    eine Barbie schön zum Schminken,
    ein Kettcar mit ’nem Fuchsschwanz dran,
    Einen Kuschelteddy, aber einen pinken! «
    »Das sind wirklich Nantes Nichten und Neffen«, kicherte Pippa.
    Karin schmunzelte. »Kästners wahre Erben.«
    Das kleine Heckenlabyrinth im Norden der Insel erlebte seine erste Rushhour. Die knapp zwei Meter hohe Hecke wand sich spiralförmig um einen kleinen Platz mit einer Bank unter einer hohen Laterne. Der Pfad ins Schneckenhaus hinein war etwa schulterbreit, und man musste fünf Runden gehen, bis man endlich am Mittelplatz angelangt war.
    Auf diesem Spiralweg hatte sich ein kleiner Rückstau gebildet, da die gesamte Inselbevölkerung gen Mitte drängte. Allein die Teenager hatten es vorgezogen, ihre letzten gemeinsamen Stunden ohne die Erwachsenen zu verbringen und sich auf Wittigs Parzelle zurückgezogen.
    »Weitergehen, da vorne! Andere Leute wollen auch die Kiste in der Grube sehen!«, rief Karin munter und schlug sich gleich darauf erschrocken die Hand vor den Mund. »Mein Gott – wir sind auf Doras Trauerfeier, und ich mache hier geschmacklose Witze!«
    »Du dürftest nicht die Einzige sein, die den eigentlichen Anlass des Tages aus den Augen verloren hat«, antwortete Pippa, »bei all dem, was heute schon passiert ist. Das gibt Gesprächsstoff für die nächsten vier Generationen.«
    »Ich glaube, Dorabella hätte ihren Spaß an dieser Warteschlange«, sagte Gerdi, »denkt an ihre Vorliebe fürs Skurrile. Aber warum stehen wir ausgerechnet hier?«
    »Wie es aussieht, ist das echte Testament in einer Kiste in der Mitte des Labyrinths vergraben.«
    Gerdi sah Karin zweifelnd an, aber Pippa bestätigte: »In einer Blechkiste.«
    »Da ist es ja auch besser aufgehoben als beim Notar«, sagte Gerdi ironisch. »Da kannst du mal sehen, zu was jahrelanger Inselaufenthalt führt. Nimm dich in Acht, Pippa. Inselkoller ist ansteckend.«
    Pippa schüttelte grinsend den Kopf.

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