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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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hatte.
    Lutz schlenderte den Steg entlang und nahm Kurs auf die Parzelle von Herrn X. Er hielt ein paar Meter Sicherheitsabstand zu Pippa und nahm sie demonstrativ nicht zur Kenntnis.
    »Sieh da, unser Inselkünstler«, sagte Erdmann, »ich hätte gern ein paar Worte mit Ihnen gesprochen. Unter vier Augen.«
    »Nicht nötig. Ich habe keine Geheimnisse«, entgegnete Herr X.
    »Sind Sie sicher?«, sagte Erdmann lauernd.
    »Ganz sicher.« X hielt Erdmanns Blick stand.
    Erdmann musterte ihn abschätzend von oben bis unten. »Und? In letzter Zeit erfolgreich gewesen?«
    Herr X lächelte versonnen. »Ein künstlerischer Durchbruch: ein Galgen in X-Form. Fehlt nur noch einer, der dran baumelt …«
    Erdmann kniff böse die Lippen zusammen. »Ich wollte eigentlich wissen, ob Sie in letzter Zeit etwas verkauft haben. Etwas anderes als Drogen, meine ich.« Er zog einen Briefumschlag aus der Sakkotasche und reichte ihn Herrn X. »Da sollten Sie mal reinschauen. Erinnerungsfotos an Ihre lauschigen abendlichen Treffen mit der soeben verschiedenen Frau von Schlittwitz. Seltsam … auf den Fotos sieht es wirklich so aus, als hätten Sie die alte Dame mit illegalen Drogen versorgt. Dealerei mit Todesfolge … wenn das mal kein Fahrschein in den Knast ist … aber Sie wissen ja, wie Sie das verhindern können: Hören Sie endlich auf, sich gegen den Verkauf Ihrer Parzelle zu sträuben.«
    Herr X erstarrte und sah Pippa hilflos an.
    Sie holte tief Luft.
    »Ich hätte Sie für schlauer gehalten, Herr Erdmann. Sie vor allen anderen müssen so ein Szenario verhindern. Das würde Ihre Pläne doch nachhaltig durchkreuzen. Je länger Herr X im Knast sitzt, desto weniger hat er Verwendung für Ihr Geld, und Sie kommen nicht an diese Parzelle. Besser, Sie bringen uns die Negative, bevor irgendjemand anders sie in die Hände bekommt.«
    Erdmann wurde kreideweiß vor Wut. Er drehte sich um und strebte auf sein Gartentor zu.
    Als er seine Pforte erreicht hatte, drehte er sich noch einmal zu Pippa und Herrn X um und rief: »Sie beide sehen sich in Zukunft besser vor. Diese Insel ist sehr klein!«
    Herr X hatte äußerlich seine Gelassenheit zurückgewonnen und konterte: »Für Pippa und mich reicht sie, aber für Sie sehe ich schwarz! Tiefschwarz!«

Kapitel 15
    H err X kochte vor Zorn und war kaum zu beruhigen. Pippa ließ sich von ihm zu einem Glas Wein einladen, weil sie ihn mit dieser heißen Wut nicht allein lassen wollte.
    Sein erstes Glas Riesling stürzte er in einem Zug herunter.
    »Dieser … dieser …«, er rang um Worte, und dann brach es aus ihm heraus: »Wichser!«
    Pippa musste grinsen. Diese drastische Wortwahl hätte sie von ihm zuallerletzt erwartet, aber wie hatte Karin so schön gesagt: Lutz holt aus jedem das Schlechteste heraus .
    »Ich könnte … ich würde ihn am liebsten …« Er schnappte sich das Sitzkissen vom leeren Stuhl neben sich. Seine kräftigen Hände krümmten sich darum, würgten es, schüttelten es und drückten erbarmungslos zu.
    »Das würde ich am liebsten machen«, zischte Herr X, »damit er endlich aufhört, andere Menschen zu quälen.«
    Er ließ das Kissen fallen und ballte die Faust um ein imaginäres Messer.
    »Und das auch!«
    Er stach zu, bohrte und schnetzelte, als sollte von Lutz Erdmann kein Fetzen mehr übrig bleiben.
    Schließlich entspannten sich seine Hände wieder.
    »Du bist nicht der Einzige, dem er die Pistole auf die Brust gesetzt hat«, sagte Pippa.
    »Wenn das ein Trost sein soll …«, brummte X und starrte düster in sein Glas.
    Mehr sagte er nicht. Nach einiger Zeit des gemeinsamen Schweigens schlich Pippa sich durch die Verbindungstür zu Dorabella hinüber und überließ X seinen schwarzen Gedanken.
    Wieder über ihr Manuskript gebeugt, stellte sie fest, dass an Konzentration nicht mehr zu denken war. Lutz’ Erpressungsversuche gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was mochte er gegen die anderen in der Hand haben? Gegen Viktor, gegen Luis und vielleicht sogar gegen Karin und Matthias? Oder baute er darauf, dass die verbleibenden Bewohner aufgeben würden, wenn er erst einmal den Großteil der Parzellen in seinem Besitz hatte?
    Pippa sah auf die Uhr. Gleich musste die Rieke an Schreberwerder vorbeikommen – nach der Überdosis Erdmann-Gift war eine Runde mit dem Schiff das richtige Gegenmittel.
    Nante winkte erfreut, als er Pippa am Anleger warten sah.
    »Komm hoch auf die Brücke«, sagte er, als er die Leinen losmachte. Pippa stieg die zwei Stufen zu ihm hinauf, stellte sich hinter

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