Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
Vom Netzwerk:
abrupt.
    »Verschwinde, Erdmann!« Er begegnete Angelikas Blick und hob entschuldigend die Hände. »Gegen dich habe ich nichts, und du bist jederzeit bei uns willkommen, Angelika, aber du bist leider in schlechter Gesellschaft, tut mir leid.«
    Er wollte sich wegdrehen, aber Lutz rief: »Schöne Grüße von Herrn Michaelsen, Herr Kästner!«
    Stephan Kästner erstarrte. Er ballte seine Hände zu Fäusten und kam langsam auf die Gartenpforte zu.
    »Was soll das, verdammt noch mal? Was haben Sie mit meinem Chef zu tun, Erdmann?«
    Lutz Erdmann lehnte sich lässig mit der Hüfte gegen den Zaun. »Nun, Herr Michaelsen ist nicht nur ein guter Freund von mir, sondern zufällig auch einer der Investoren im Schreberwerder-Projekt. Er ist ganz versessen darauf, beim ersten Hanf-Resort Deutschlands dabei zu sein. Er war überhaupt nicht erfreut zu hören, dass es auf der Insel gewissen Widerstand gegen meine Pläne gibt – unter anderem durch einen kleinen Mann, der bei ihm in Lohn und Brot steht. Noch!«
    Stephan Kästner stand wie angewurzelt da.
    Und sagte kein Wort.
    »Heute ist Pfingstsonntag – Sie haben also viel Zeit, über die möglichen Konsequenzen Ihres Verhaltens nachzudenken. Und bestellen Sie Ihrem sauberen Schwager: Er soll da bleiben, wo er hingehört, auf seinem Kahn. Er mag zwar das Geld für das Peschmann-Grundstück haben – aber ich habe die älteren … Rechte, und an die werde ich Papa Peschmann noch einmal erinnern. Mit der Munition, die ich noch zu verschießen habe, sehe ich da keine Schwierigkeiten für meine Interessen.«
    »Sie scheinen ja sehr sicher zu sein, dass Ihnen niemand Ihr dreckiges Maul stopft, Erdmann«, sagte Kästner und ließ die beiden am Gartentor stehen.
    »So!«, rief Erdmann fröhlich aus. »Jetzt bringe ich dich zum Anleger, Schatz, es wird Zeit.«
    »Ich habe die Blumen vergessen«, murmelte Angelika und entfernte sich mit raschen Schritten.
    Pippa war speiübel.
    Sie fühlte sich urplötzlich von der Hecke umklammert und brauchte dringend Luft zum Atmen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals ein derart moralisch verkommenes Menschenwesen wie Erdmann getroffen zu haben. Dieser Mann würde auch über Leichen gehen – davon war sie inzwischen überzeugt.
    Wie war er in den Besitz kompromittierender Fotos von Ida und Dorabella gelangt? Hatte er nachts im Gebüsch gehockt und durch Doras Fenster fotografiert?
    Pippa traute es ihm zu.
    Sie nahm ihr Manuskript und folgte der Spirale hinaus auf die Dorfstraße, wo sie prompt mit Lutz und Angelika zusammenstieß. Angelika hatte den pfirsichfarbenen Rosenstrauß von Karin in der Hand.
    »Sie sind ja immer noch auf der Insel, Frau …«, sagte Lutz.
    »Bolle, mein Name ist Bolle«, entgegnete Pippa würdevoll.
    »Wie der, der jüngst zu Pfingsten verreist?«, zitierte er das bekannte Volkslied. »Sie sollten sich ein Beispiel an dem Mann nehmen. Es ist Pfingsten, und Sie sollten schnell dahin zurückreisen, wo Sie hergekommen sind.«
    Angelika, peinlich berührt, trat an seiner Seite nervös von einem Fuß auf den anderen.
    »Das entscheiden nicht Sie, Herr Erdmann«, gab Pippa zurück. »Ich werde bleiben, solange meine Anwesenheit hier gewünscht ist.«
    Lutz lachte hämisch. »Wenn das so ist, dürften Sie eigentlich gar nicht hier sein.«
    Pippa verdrehte die Augen und sagte zu Angelika: »Du kannst wirklich stolz auf deinen Verlobten sein – so ein charmanter Mann. Da kommt so schnell kein anderer ran, oder? Erst recht nicht ein so netter wie zum Beispiel Nante.«
    Lutz Erdmann war empört. »Nante? Der ist ja wohl nicht mit mir zu vergleichen.«
    »Da haben Sie allerdings recht, Herr Erdmann. Apropos – ich würde gern mit Ihnen auf Ihre Verlobung anstoßen. Heute Abend bei Luis? Das heißt: falls die Verlobung so lange hält …«
    Sie drehte sich um und ging.
    »Sie …!«, brüllte Lutz hinter ihr her, wurde aber von Angelika mit ein paar gezischten Worten zum Schweigen gebracht.
    Am Gartenzaun von Herrn X blieb Pippa stehen. Der Bildhauer hisste gerade die Piratenflagge.
    »Was bedeutet die Fahne?«, fragte sie.
    Herr X grinste. »Erdmann on the move.«
    »Dann wissen alle, dass sie sich verbarrikadieren müssen?«
    »Oder bewaffnen …«
    Sie beobachteten gemeinsam die Abschiedszeremonie, die Erdmann und Angelika am Steg zelebrierten: jede Menge innige Umarmungen und leidenschaftliche Küsse. Angelika ging an Bord der Rieke und winkte noch, als das Schiff beidrehte, wegtuckerte und Lutz sich längst abgewandt

Weitere Kostenlose Bücher