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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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Viktor beglückwünschen sollte, dass er die Polizei ausgetrickst hatte. »Luis hat gelogen, ohne rot zu werden. Wir haben ihm alle geglaubt.«
    »Manchmal heiligt der Zweck die Mittel«, sagte Viktor. »Die Vorstellung, dass Lutz in Doras privatesten Gegenständen herumwühlt, hat mich nicht ruhen lassen. Wir können ihm schließlich nicht alles kampflos überlassen. Es sind nicht seine Erinnerungen. Es sind unsere.«
    Herr X strahlte. »Prima, dass das geklappt hat. Hoffentlich habt ihr alles gefunden. Ich konnte es ja leider nicht selbst erledigen, denn dank meiner Vergangenheit stehe ich unter Kommissar Schmidts persönlicher Beobachtung.«
    Er hob die Finger zum V-förmigen Siegeszeichen, winkte und eilte hinüber zu seiner Parzelle. Über die Schulter rief er zurück: »Ich komme gleich rüber zu euch, Viktor. Ich habe irgendwo noch einige alte Briefe von Dora, die bringe ich mit. Bis später, Pippa.«
    Das ist die Gelegenheit, auf die ich seit Tagen warte, dachte Pippa und warf Viktor einen verstohlenen Blick zu. Trotzdem zögerte sie. Wenn wirklich einer von unseren lieben Freunden der armen Dora geholfen hat, in den Himmel zu kommen, sollten wir die Sache ruhen lassen , hatte Nante gesagt. War das wirklich erst gestern gewesen, als sie ihn auf seiner Tour mit der Rieke begleitet hatte? Trotz seiner mahnenden Worte hatte die Frage sie nicht ruhen lassen: Wie kam Viktors Unterschrift auf Doras letztes Testament? Außerdem hatte sich die Situation mit dem Mord an Felix grundlegend geändert. Gestern war es allein um Doras Tod und mögliche Sterbehilfe gegangen, aber jetzt konnte man durchaus den Eindruck bekommen, dass die beiden Todesfälle in einem Zusammenhang standen. Falls Dorabella irgendjemandem im Weg gewesen war, galt das unter Umständen auch für Felix. Natürlich traute sie Viktor keinen Mord zu, aber es blieben dennoch Zweifel. Allein die Tatsache, dass sie ihn mochte und dass er der Vater ihrer besten Freundin war, reichte nicht aus, um ihn hundertprozentig aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen. Oder doch? Sie wusste nicht mehr, ob sie drauf und dran war, einen schrecklichen Fehler zu begehen, wenn sie ihn danach fragte …
    Pippas Herz klopfte vor Aufregung, und sie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Raus damit«, sagte Viktor plötzlich.
    »Womit?«, fragte Pippa überrumpelt.
    Viktor lächelte. »Du zappelst herum wie Popcorn in der Pfanne. Du hast doch etwas auf dem Herzen, oder?«
    »Ich …«, Pippa suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, gab dann auf und platzte heraus: »Wo in Italien warst du, als du von Dorabellas Tod erfahren hast?«
    Viktor warf ihr einen kurzen Blick zu und knurrte knapp: »In Mailand.«
    Pippa holte tief Luft, um den Mut und den Atem für das zu haben, was sie jetzt sagen musste. »Ich kenne Berlin wie meine Westentasche. Von Adlershof bis Zehlendorf. Aber den Stadtteil kenne ich nicht. Oder ist Mailand ein Ort in Brandenburg? In den USA gibt es ja zum Beispiel dreizehn Berlins.«
    »Komm mit.« Viktor drehte sich um und ging.
    Pippa folgte ihm nervös zu seiner Parzelle. Viktor bedeutete ihr, in einem der Korbsessel Platz zu nehmen. Er setzte sich ihr gegenüber, kniff die Augen zusammen und schwieg eine endlose Minute lang, während Pippa Höllenqualen litt. Gleich schickt er mich zum Teufel, dachte sie, und ich bin nicht nur das Leben auf der Insel los, sondern auch meine allerbeste Freundin. Ich habe eine Grenze überschritten und muss jetzt den Zoll dafür zahlen.
    Pippa brach der Schweiß aus, als sie merkte, dass Viktor sie eingehend betrachtete.
    Dann nickte er wie zur Bestätigung. »Was habe ich falsch gemacht?«
    »Du hast dich selbst überholt: Das Flugzeug aus Mailand ist zehn Minuten nach deiner Ankunft auf Schreberwerder gelandet. Entweder du kannst teleportieren – oder … du warst gar nicht weg.«
    Viktor lächelte kurz. »Berlin hat mehrere Flughäfen und viele Möglichkeiten.«
    »Keine, die passen würde.«
    Viktors Lächeln wurde eine Spur angespannter. »Zug.«
    »Beim derzeitigen Zustand des europäischen Schienennetzes wärst du immer noch unterwegs«, schoss Pippa zurück.
    Er nickte anerkennend. »Du hast nachgeforscht, Pippa. Warum?«
    Sie hörte in seinen Worten keinen Vorwurf, nur Interesse.
    »Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Dorabella sich von dir eine Blanko-Unterschrift geholt hat – nur für den Fall, dass sie während deiner Abwesenheit beschließt, ihre Parzelle und das Geld aus ihrer

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