Unter allen Beeten ist Ruh
wat denn?«, krakeelte Luis weiter. »Denn müssen Se halt nach andere Beweise suchen. Det kann doch nich sein, dat dieser Kerl unjeschoren davonkommt! Zwee Tote, und beede Male ’n Unfall? Det könn’ Se Ihre senile Oma vakoofen! Der Lutz hat Dora und sein’ Bruder umjebracht, weil die ihm im Weech waren! Det is’ doch klar wie Kloßbrühe!«
»Herr Krawuttke, bitte«, sagte Schmidt beschwörend, »lassen Sie es mich wiederholen: Kein Unfall bei Herrn Maier, sondern eine Reaktion seines geschwächten Organismus’. Das ist ein wesentlicher Unterschied.«
»Dit könn’ Se noch so oft wiederholen, Herr Kommissär, glooben tu ick dat trotzdem nich’. Der Lutz soll sich in Zukunft jut vorsehen. Da sorch ick höchstpasönlich für, dat der Stinkstiefel seines Lebens nich’ mehr froh wird!«
Angelika Christ stand abrupt auf, starrte Luis wütend an und strebte zur Tür.
»Kleene, sei schlau!«, rief Luis ihr hinterher. »Bist’ doch eijentlich een jutet Meechen, krichst ooch mal ’n Mann for dir janz alleene – nich so ’n Überallrumzieher!«
Angelika drehte sich noch einmal zu ihm um, Tränen liefen ihr über die Wangen. Dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
Wieder spürte Pippa Mitleid mit der Frau, die so verzweifelt um ihr Glück kämpfte.
»Ich sehe mal nach, wie es ihr geht«, raunte sie Karin zu und bahnte sich einen Weg durch die aufgeregt mit dem Kommissar und mit Freddy diskutierenden Insulaner. Aber sie kam zu spät. Angelika Christ rannte wie von Furien gehetzt die Dorfstraße entlang und verschwand hinter dem Heckenlabyrinth.
Pippa seufzte. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie sehr die gutgemeinten Ratschläge von Freunden oder Bekannten schmerzen konnten, wenn man in seiner Beziehung nicht glücklich war.
Pippa kehrte um, denn sie ging davon aus, dass Angelika Christ jetzt nicht der Sinn nach Gesellschaft stand – und nach ihrer erst recht nicht. Sie war ihr so spontan gefolgt, dass sie darüber nicht nachgedacht hatte. Pippa schüttelte den Kopf. Arme Angelika. Da hat sie mal nett sein wollen und sich sogar für Jochen gefreut. Und dann kann Luis mal wieder nicht die Klappe halten …
Pippa wollte gerade wieder zurückgehen, als die Rieke anlegte. Wenn auch Nante wieder die Erlaubnis hatte, die Insel anzufahren, würde bald Normalität einkehren.
Zu Pippas Überraschung stieg die Frau aus, die Lutz in der Nacht zuvor im Schein seiner Poolbeleuchtung geküsst hatte. Sie trug ein elegantes schwarzes Business-Kostüm und hielt eine große Mappe unter dem Arm. Das ist also die angekündigte Architektin, dachte Pippa, ich fass es nicht! Gestern verführerische, anschmiegsame Geliebte im flatternden Sommerkleid, heute von Kopf bis Fuß seriöse Geschäftsfrau. Neuer Tag, anderer Auftrag.
Die attraktive Frau kam den Steg entlang auf Pippa zu, grüßte freundlich und ging weiter. Dann blieb sie stehen, wandte sich um und sagte: »Guten Tag, mein Name ist Annette Julius. Ich möchte zu Herrn Erdmann. Können Sie mir sagen, wo ich ihn finde?«
Pippa versuchte, die Chuzpe der jungen Dame zu verdauen. Das war die Frau, die Lutz auf Händen ans Ufer getragen hatte – und jetzt tat sie so, als wüsste sie nicht, wo ihr Liebhaber wohnte!
Pippa zeigte auf die große Pforte von Erdmanns Parzelle und lächelte unverbindlich. »Herr Erdmann ist nicht zu Hause. Ich hab es vorhin selbst schon versucht, aber es hat sich nichts gerührt.«
Annette Julius sah überrascht aus. »Vielleicht haben wir uns dann doch in der Stadt verpasst«, sagte sie nachdenklich, als spräche sie zu sich selbst.
»Mag sein. Sein Boot liegt hier. Ich denke, er schläft sich nur aus. Es war ja in der letzten Zeit alles ein wenig viel für ihn.«
Die Architektin zuckte mit keiner Wimper und blieb ganz professionelle Geschäftsfrau. »Nun, dann werde ich ihn mal wach klingeln. Wir haben heute viel vor. Einen schönen Tag noch.«
»Ihnen auch«, sagte Pippa und sah der Frau neugierig nach, bis diese federnden Schrittes Erdmanns Parzelle erreicht hatte. Annette Julius klingelte mehrmals an der Gartenpforte und ging entschlossen durch das Tor, als niemand reagierte. Sie klopfte ausdauernd an Lutz’ Haustür, bevor sie wie selbstverständlich um das Haus herumging und aus Pippas Blickfeld verschwand.
»Ist das die Architektin?«, fragte Karin, die sich zu Pippa gesellt hatte.
»Nicht nur das. Sie ist auch die Frau, mit der Lutz gestern Nacht zusammen war.«
Karin pfiff leise durch die Zähne. »Alle Achtung, die ist
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