Unter allen Beeten ist Ruh
Freundschaft wird sie noch mal bitterlich nachweinen.«
Freddy stand an Erdmanns Gartenpforte, als Pippa ihn einholte. Die Pforte stand zwar offen, wie fast immer, aber darüber hinaus deutete nichts auf die Anwesenheit des Besitzers hin.
»Keiner da«, sagte Freddy.
»Ich fürchte, der Mann hat eine anstrengende Nacht hinter sich. Den wirst du nicht wach kriegen. Der schläft den Schlaf der Ungerechten.«
»Ist nicht schlimm, wenn er nicht zu Luis kommt. Als Angehöriger hat er das Recht, unter vier Augen informiert zu werden.«
»So viel Rücksichtnahme wird er sicherlich zu schätzen wissen«, ätzte Pippa und wünschte sich, Freddy würde Erdmanns Haustür eintreten und ihn an den Haaren zu Luis schleifen.
Es war kurz vor zwölf, als Pippa und Freddy zu den versammelten Inselbewohnern stießen, die sich leise darüber unterhielten, wie viel der Kommissar wohl über den Fall Felix Maier verlautbaren würde. Direkt nach dem Eintreffen der Geschwister kam Angelika Christ hereingehetzt. Sie sah müde und erschöpft aus.
Pippa schmunzelte. Angelika war der lebende Beweis, dass Kosmetik nicht automatisch Wunder wirkte. Sie selbst hatte damals wesentlich zum italienischen Wirtschaftswachstum beigetragen, als sie wegen Leos Eskapaden Unmengen Geld für abschwellende Gesichtsmasken ausgegeben hatte, um die verräterischen Spuren durchweinter Nächte zu tilgen.
»Sind alle da, Bolle?« Kommissar Schmidt kam mit viel Schwung zur Tür herein und musterte die Anwesenden.
Freddy sah sich um. »Bis auf Herrn Erdmann, zu dem sollten Sie später noch persönlich …«
»In Ordnung«, unterbrach Schmidt ihn ungeduldig. »Dann fangen wir an.« Er positionierte sich so, dass alle ihn sehen konnten. »Guten Tag und vielen Dank, dass Sie alle erschienen sind. Wir haben die Untersuchung zum Tode Felix Maiers abgeschlossen, und ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Geduld und Kooperation. Sie dürfen Schreberwerder wieder verlassen und müssen sich nicht länger zu unserer Verfügung halten. Sie können tun und lassen, was Sie wollen …«, er warf erst Herrn X, dann Jochen Peschmann einen beredten Blick zu, »… vorausgesetzt, Sie bewegen sich nicht außerhalb der Legalität.«
Jochen errötete und schlug die Augen nieder, aber Pia Peschmann hob die Hand. Schmidt nickte, und Pia fragte: »Heißt das, wir dürfen morgen nach Toulouse abreisen?«
»Ja, das dürfen Sie«, antwortete Schmidt, »wir wollen einem Neubeginn nicht im Wege stehen. Jedem gebührt eine zweite Chance.«
Die Insulaner brachen in Jubel aus und applaudierten, nur Lisa und Daniel wechselten einen wehmütigen Blick. Angelika sagte zu aller Erstaunen: »Das finde ich auch. Ich freue mich für euch.«
Schmidt wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war. »Jetzt möchte ich zum eigentlichen Grund unseres Treffens kommen. Die Rechtsmedizin hat mir ihr Untersuchungsergebnis mitgeteilt: Felix Maier ist an Hyperkaliämie gestorben.« Er zog ein Blatt aus einer Mappe und las vor: »Bei Hyperkaliämie handelt es sich um eine sogenannte Verschiebung des Elektrolythaushaltes, bei der sich zu viel Kalium im Blutserum befindet. Konzentrationsänderungen im Kaliumspiegel können lebensbedrohliche Auswirkungen auf die Herztätigkeit und die Impulsübertragung zwischen Nerven und Muskeln hervorrufen.«
Er ließ das Blatt sinken und sah in die Runde. »Felix Maier war nach seinem Badeunfall sehr geschwächt. Vermutlich konnten seine Nieren die durch die behandelnden Ärzte zugeführte Kaliuminfusion nicht entsprechend abbauen. Zudem steigt die Kaliumkonzentration bei einem gerade Verstorbenen sowieso um das Zwei- bis Dreifache an. Die Kollegen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein möglicher Mord nicht nachgewiesen werden kann.«
Im Raum herrschte fassungsloses Schweigen.
Dann schrie Luis: »Woll’n Se uns verhohnepipeln? Dit soll’n Unfall jewesen sein? Und da ha’ick jedacht, der Erdmann fehlt, weil Se den längst hinter schwedische Jardinen jebracht haben – und dann komm’ Se mit so ’ne hanebüchene Jeschichte um die Ecke?«
Zustimmendes Gemurmel erfüllte den Raum.
Schmidt hob die Hände. »Bitte, Herrschaften! Ich habe nicht gesagt, dass es ein Unfall war. Glauben Sie mir – auch ich bin mit dem Ergebnis keineswegs zufrieden, zumal auf dieser Insel genug Kaliumchlorid gefunden wurde, um ganz Berlin zu vergiften. Aber es bleibt dabei: Ein Mord kann nicht nachgewiesen werden, also ist der Fall für uns abgeschlossen, ob ich will oder nicht.«
»Wat denn,
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