Unter allen Beeten ist Ruh
harter, überraschend fester Stimme. »Ich werde jede einzelne deiner Drohungen an die Polizei weitergeben, und dann gnade dir Gott. Du sollst büßen. Du hast mein Lebensglück zerstört.«
Alle blickten zur Tür, als Kommissar Schmidt in Begleitung einer jungen Frau eintrat und damit die Auseinandersetzung zwischen Angelika und Luis beendete.
»Das ist meine Kollegin, Frau Kallwey«, sagte Schmidt. »Sie wird vorerst bei Ihnen bleiben. Ich werde Sie nacheinander einzeln zum Verhör holen lassen. Ich warne Sie: keine Tricks. Der Spaß ist vorbei. Endgültig. Solange Sie mich nicht vom Gegenteil überzeugen, sind Sie alle verdächtig.«
Er drehte sich auf dem Absatz um und knallte die Tür hinter sich zu. Die Insulaner sahen sich betroffen an. Nur Angelika Christ lächelte.
Freddy stand auf dem Dorfplatz und verteilte die eintreffenden Kollegen an ihre Einsatzorte. Den Erkennungsdienst und den Notarzt samt Team schickte er zu Erdmanns Parzelle. Einen Sanitäter hielt er zurück und bat ihn, sich um die unter Schock stehende Annette Julius zu kümmern.
Als Freddy die Inselkantine betrat, ging Pippa sofort auf ihn zu, aber ihr Bruder schüttelte den Kopf. »Ich löse nur Frau Kallwey ab. Ich bin im Dienst. Versuch gar nicht erst, mich auszuquetschen. Ihr seid es, die hier die Fragen beantworten.«
Pippa hockte in der Kajüte eines der Polizeiboote und wartete auf ihr Verhör. Ein Beamter hatte sie begleitet und sich dann auf dem Steg postiert. Durch das Fenster sah sie, dass die Rieke anlegte und ein Polizist mit Nante sprach, der bestürzt auf die Insel sah und sofort wieder losfuhr.
Dann beobachtete Pippa entsetzt, wie Luis in Handschellen auf ein Polizeiboot gebracht wurde, das sofort ablegte und beschleunigte. Pippa ging nervös auf und ab. Sie konnte sich keinen Reim auf die Vorkommnisse machen – und sich vor allem nicht vorstellen, wie Angelika die Polizei dazu gebracht hatte, Luis mitzunehmen.
Erleichtert sprang sie auf, als Schmidt und seine Kollegin eintraten.
»Mussten Sie Luis unbedingt verhaften? Er ist ein alter Mann, und nur weil Angelika …«
Schmidt musterte Pippa von oben bis unten. »Auch Ihnen einen guten Tag, Frau Bolle. Das ist meine Kollegin, Kommissarin Kallwey«, sagte er.
»Ja, ja, natürlich.« Pippa wollte sich nicht geschlagen geben. »Aber wenn Sie Ihre Arbeit gut machen, wird Ihnen auffallen, dass Luis es nicht gewesen sein kann. Sehen Sie ihn doch an. Er ist ein alter Mann. Sie können nicht ernsthaft glauben, dass er sich irgendetwas hat zuschulden kommen lassen. Das ist völlig absurd. Luis ist ein unbescholtener Bürger, der von einer verwirrten Frau beschul…«
»Stopp!«, unterbrach Schmidt sie brüsk. »Es reicht. Ich habe genug von dieser Insel, auf der jeder Dreck am Stecken hat und sich trotzdem immer ein Engelschor findet, der sein Loblied singt. Unbescholtene Bürger? Dass ich nicht lache. Die hier versammelte kriminelle Energie reicht aus, um … um …«, er suchte nach Worten, »um Jesse James wie einen verdammten Heiligen aussehen zu lassen! Glauben Sie wirklich, wir nehmen jemanden fest, nur weil eine trauernde Frau nach Rache schreit und ihn beschuldigt? Da kann ich Sie beruhigen. Wir haben triftige Gründe.«
Pippa zeigte auf Frau Kallwey und wollte etwas sagen, aber Schmidt ließ sie nicht zu Wort kommen. »Und bevor Sie fragen: Nein, Sie dürfen niemanden von diesen Übergeschnappten dabeihaben und Sie dürfen Frau Kallwey auch nicht gegen Ihren Bruder austauschen. Der hat genug damit zu tun, Schreberwerders letzte Überlebende in Schach zu halten. Jedenfalls die, die meine Kollegen nicht gerade in Zwangsjacken aufs Kommissariat verfrachten oder denen der Doktor Beruhigungsspritzen verabreicht. Ende der Durchsage.«
Pippa musste zugeben, dass der Kommissar sie eingeschüchtert hatte. Seine Kollegin verzog keine Miene und sah sie unverwandt an.
»Ich … ich bin doch auch entsetzt darüber, dass hier einer nach dem anderen stirbt. Das können Sie mir glauben.« Pippa seufzte traurig. »Ich wohne ja eigentlich gar nicht hier. Ich bin nur auf Schreberwerder, weil ich einmal meine Ruhe wollte. Ich wohne eigentlich in der Transv…«
»Stopp!«, unterbrach Schmidt sie wieder. »Ich will gar nicht wissen, dass es in Berlin noch so eine Keimzelle des Wahnsinns gibt. Erzählen Sie mir einfach, was Sie wissen. Alles. Und schön der Reihe nach.«
»Aber das ist es ja«, sagte Pippa hilflos, »ich weiß rein gar nichts, außer, dass Lutz Erdmann ermordet
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