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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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blockierten Reifen eine achtzig Meter lange Bremsspur auf der Straße hinterließ. Jakob, Jana und die anderen Damen hingen in ihren Sicherheitsgurten, Erwin, der keinen angelegt hatte, klebte mit dem Gesicht an der Windschutzscheibe. Der Hänger verabschiedete sich in den Straßengraben. Gisela hörte das ohrenbetäubende Klirren der Flaschen auf der Ladefläche, während sie geschickt um den Mannschaftsbus und den liegengebliebenen Getränkelaster herumsteuerte.
    Der Streifenbeamte im Mannschaftsbus erholte sich von seinem Schreck, er legte den Rückwärtsgang ein, um die Blockade vor sich zu umfahren. Dabei übersah er den Lieferwagen von Franz Kramer. Ein langgezogenes Hupen begleitete dessen Ausweichmanöver, das einen weiteren Straßenpfeiler das Leben kostete. Der Lieferwagen hoppelte in die Wiese, die bereits von dem Audi umgepflügt wurde. Im Gegensatz zu der Limousine besaß der Lieferwagen nur Vorderradantrieb und hatte Probleme, das aufgeweichte Grün zu durchqueren. Franz Kramer fluchte lauthals, als der Wagen trotz Vollgas liegenblieb.
    Sein Fluchen steigerte sich zur wahren Gotteslästerung, denn ein lauter Hupton machte ihn auf den Volvo des Lehrers aufmerksam, der eine kleine Kuppe am Straßenrand genutzt hatte, um wie ein Skispringer abzuheben. Der Oldtimer flog in hohem Bogen direkt auf den Lieferwagen zu. Der Metzger war wie gelähmt. Er erwartete den Aufprall des Volvos und sah sich schon als blutüberströmtes Opfer in seinem zerquetschten Wagen liegen. Der Volvo senkte sich gemäß der ballistischen Kurve und traf auf das vordere Dachteil des Lieferwagens. Die Windschutzscheibe splitterte, winzige Glasscherben trafen Franz Kramers Gesicht wie Hagelkörner. Metall schrammte über Metall. Der Volvo rutschte weiter, knallte mit dem Kühler auf die Motorhaube des Lieferwagens und verharrte kurz in einem Kopfstand. Franz Kramer blickte in die schreckgeweiteten Augen des kopfüber hängenden Werner Siebert. Dann sorgte die Schwerkraft dafür, dass der Volvo Übergewicht bekam und mit dem Dach voran in der Wiese vor dem Lieferwagen aufschlug.
    Die anderen Autos der Kolonne bremsten mehr oder weniger geschickt, als die Hindernisse vor ihnen in der Kurve auftauchten. Es gab kleinere Blechschäden, niemand wurde verletzt. Alle sprangen aus den Fahrzeugen, rannten auf die Wiese, um Franz Kramer und Werner Siebert aus ihren Wracks zu ziehen. Beide hatten nur leichte Blessuren. Während dem Lehrer angesichts seines geschrotteten Oldtimers die Tränen in die Augen stiegen, beorderte der Metzger mit gewohnter Autorität die Bürgerwehr zurück zu ihren demolierten, aber fahrbereiten Fahrzeugen. Man dürfe keine Sekunde verschwenden. Allein Werner Siebert blieb in Schockstarre bei seinem Volvo zurück.
     
    Lederer kontrollierte die Straße hinter sich über die Spiegel. Keine Verfolger mehr. Zufrieden lächelte er. Gleich darauf gefror seine Miene. Vor ihm tauchte eine Horde Harleyfahrer auf, die die gesamte Straße einnahmen. Wilde Burschen in martialischer Ausrüstung. Auf die Schnelle erkannte Lederer abgesägte Schrotflinten, die in Seitentaschen steckten, und eine Kalaschnikow, die der Anführer stolz vor seinem Lenker spazierenfuhr. Sie glänzte golden in der Sonne. Lederer musste auf den Seitenstreifen ausweichen, um die Meute passieren zu lassen.
    Das aggressive Röhren der Motoren und die entschlossenen Gesichter der Bloody Devils ließen befürchten, dass das kleine Niedernussdorf demnächst in Schutt und Asche liegen könnte. Kurz erwog Lederer umzukehren, um die Bevölkerung zu warnen, doch er entschied sich für die Weiterfahrt. Es galt, einen kaltblütigen Mord zu verhindern. Er gab wieder Vollgas, wählte gleichzeitig Giselas Nummer.
    Ludwig nahm den Anruf entgegen. Gisela hatte alle Hände voll zu tun, der Rockergang auszuweichen, die ihr wie ein Mückenschwarm entgegenschoss.
    »Hallo?«
    »Lederer. Ist Frau Wegmeyer in der Nähe?«
    Ludwig wurde gegen die Beifahrertür gedrückt, als Gisela an dem letzten Harleyfahrer in einem waghalsigen Manöver vorbeiraste.
    »Die kann grad nicht. Soll ich was ausrichten?«
    »Falls sie immer noch versucht, mich einzuholen … sie soll umkehren und sich lieber um ihr Dorf kümmern. Die Rocker sind dorthin unterwegs. Ich befürchte, dass es demnächst zu einigem Chaos kommen wird.«
    Gisela riss das Lenkrad nach rechts, um auf einen Feldweg abzubiegen. Ludwig prallte gegen ihre Schulter.
    »Ich sag’s ihr.«
    Der Smart polterte über den unebenen Weg mit

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