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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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seinen Mund, als wäre ihm Gallensäure aufgestiegen.
    »Haben Sie die Aussage der Frau wenigstens aufgenommen?«
    »Das mach ich noch.«
    »Wenn Sie schon eigenmächtig vorgehen, dann hätte ich gerne, dass Sie sich an die Vorschriften halten.«
    »Ich mach das gleich jetzt. Ich hab mir Notizen gemacht.«
    »Schön.« Er lächelte in die Runde, nahm Richie und Erwin ins Visier. »Von Ihnen, glaub ich, krieg ich auch noch was, oder?« Seine Augenbrauen rutschten fragend hoch.
    »Wir haben noch keine Zeit gehabt, wir haben die Namenslisten besorgen müssen«, antwortete Erwin.
    »Außerdem ist die Tote jetzt ja identifiziert.«
    »Trotzdem würd ich gerne Ihren Bericht zu dem Einäugigen lesen. Ich liebe fantastische Literatur.«
    Erwin und Richie schauten sich stirnrunzelnd an, sie waren sich nicht sicher, ob das nicht eben eine Beleidigung gewesen war.
    »Morgen früh haben Sie das«, versprach Gisela.
    »Nur um sicherzugehen, schick ich Ihnen nachher mein Protokoll der Vernehmung des Buchhändlers, Herrn Köhler. Sie können das dann als Vorlage benutzen.«
    »Sie haben Köhler vernommen?« Gisela schaute Lederer überrascht an.
    »Ja, denken Sie, ich fahr zum Spaß ins Krankenhaus? Mir war schon klar, dass der keine echte Herzattacke haben konnte.«
    »Ach ja?« Gisela spürte Unmut wie eine Schlammwolke in sich aufsteigen. »Das haben Sie gleich erkannt?«
    »Natürlich. Der Arzt hat das auch bestätigt. Es war eine Panikattacke, mehr nicht. Der darf heute Abend schon wieder nach Hause.« Lederer verschränkte die Hände auf dem Rücken, schaute Gisela wie ein Oberlehrer an. »Was denken Sie, wieso hat der Mann plötzlich Panik bekommen?«
    »Kann man bei der Fragerei auch was gewinnen?«, knurrte Gisela. Lederers Lächeln wurde breiter.
    »Herr Köhler hat zugegeben, den fraglichen Geldschein mit dem Zitat versehen, zu einem Herz gefaltet und bei einem seiner Schäferstündchen der Toten überreicht zu haben.«
    »Aha.« Mehr kam nicht über Giselas Lippen. Es ärgerte sie, dass Lederer seinen Ermittlungserfolg wie einen Maibaum ausstellte.
    »Die hysterische körperliche Reaktion wurde nicht durch die Erkenntnis ausgelöst, wir würden ihn als Täter verdächtigen, sondern durch den Schock, die geliebte Frau tot zu wissen.«
    Schorsch, Erwin und Richie hörten mit offenen Mündern zu, sie verstanden nur die Hälfte der verquasten Sätze.
    »Wollen Sie sagen, er war in die Tote verliebt?«
    »Verliebt ist etwas zu viel des Guten. Zugetan, würde ich sagen.« Das Oberlehrerhafte in seiner Stimme steigerte sich noch. »Wir kennen ja alle die Geschichten vom Freier, der eine emotionale Nähe zu der Hure seines Vertrauens entwickelt und sie aus dem Milieu zu befreien versucht, weil er glaubt, sie habe etwas Besseres verdient.«
    »Also, ich kenn so eine Geschichte nicht«, warf Schorsch zögerlich ein, sein Blick suchte Unterstützung bei seinen Kollegen.
    »Und wie kommt die Frau in den Wald? Hat er das auch erzählt?«, sagte Gisela.
    Lederer kratzte sich mit dem Zeigefinger am Schnauzer, zögerte die Antwort etwas hinaus. »Das kann er sich auch nicht erklären. Sie muss wohl die paar Kilometer gelaufen sein.«
    »Paar Kilometer?«
    Lederer atmete tief ein und aus, schaute an die Decke zu der dreckigen Neonröhre, die allen eine ungesunde Gesichtsfarbe verlieh. »Tja, wie soll ich sagen …«
    »Herrschaftszeiten, muss ich Ihnen jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen«, donnerte Gisela los. Sie hatte das letzte Wort noch nicht rausgeschleudert, da wusste sie schon, dass es ein Fehler war. Das Lächeln Lederers verwandelte sich in ein triumphierendes Grinsen. Endlich hatte er sie aus der Reserve gelockt, sie emotional erschüttert. Seine Masche, nicht nur bei Befragungen, sondern generell im Umgang mit seinen Mitmenschen. Gisela hasste diese Spielchen. Ihr war der direkte, schnörkellose Weg am liebsten. Wenn man von anderen Ehrlichkeit und Offenheit erwartete, musste man ihnen auch dementsprechend begegnen.
    »Offenbar gibt es in Ihrer Nachbargemeinde Grünharding ein Bordell.«
    Richie atmete erleichtert aus. »Gott sei Dank.« Er fing sich den strafenden Blick Lederers ein. »Ich mein, das betrifft uns dann ja nicht, sondern die Grünhardinger. Deswegen.«
    Lederer schnappte nach Luft wie ein Fisch. »Die Tote wurde in Ihrem Zuständigkeitsbereich aufgefunden, von Ihnen, wie ich Sie noch einmal erinnern möchte. Damit betrifft es Sie sehr wohl. Vielleicht sollte ich für alle Anwesenden klarstellen: Die

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