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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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weibliche Leiche ist durch äußere Gewalteinwirkung zu Tode gekommen, und wir werden alles tun, um die Umstände der Tat schnell und vor allem diskret«, er fasste dabei besonders Schorsch ins Auge, »aufzuklären. Das bedeutet«, er wandte sich Gisela zu, »dass jedes Vorgehen Ihrerseits mit mir abgestimmt werden muss.«
    »Von mir aus.« Sie hatte überhaupt keine Lust, sich noch länger mit Lederer zu unterhalten, geschweige denn, sich mit ihm zu streiten. Sie würde tun, was sie für richtig hielt, Dienstanweisungen hin, Paragraphenreiterei her. So weit kam es noch, dass ihr jemand nach über zwanzig Dienstjahren die Welt erklärte.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Erwin.
    Lederer stemmte die Hände in die Hüften. »Sie schreiben Ihre Berichte, und ich werd mir den Betrieb mal anschauen, in dem die Tote gearbeitet hat.«
    »Und da soll ein Puff sein? Also, ich kenn keinen in der Umgebung«, sagte Richie. Schaute Erwin an. »Du?« Erwin schüttelte den Kopf.
    »So was ist unter 30000 Einwohnern doch eh verboten, oder?«
    Lederer starrte Schorsch wie einen seltenen Fisch an. »Es handelt sich dabei natürlich um ein illegales Bordell.«
    »Ja, dann.«
    Lederers Blick blieb weiter fassungslos an Schorsch kleben, dessen Naivität ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.
    »Ich fahr mit«, ertönte Giselas Stimme. Sie setzte sich in Bewegung, wollte zur Tür, drehte sich mit dem Türgriff in der Hand noch einmal zu Lederer um. »Äh, natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben. Abstimmungsmäßig.« Ihr sanftes Lächeln ließ den leichten Spott vollkommen zur Geltung kommen.
    »Es ist nicht nötig, dass Sie mich begleiten, Frau Wegmeyer.«
    »Nötig nicht, oder stört es Sie, wenn ich was von Ihnen lernen will?«
    Lederer schaute Gisela einen Moment lang durchdringend an. »Wenn Sie wirklich was von mir lernen wollen, dann gestatten Sie mir, mit der Schwester der Toten zu sprechen. Ich gehe nicht davon aus, dass sie etwas mit dem Fall zu tun hat, also werde ich auch wie ein Lämmchen auftreten.«
    »Das können Sie?«
    »Sie würden überrascht sein, was ich alles kann. Wenn ich will.« Sein sanftes Lächeln stand dem von Gisela in nichts nach.
     
    Grünharding war ein kleiner Ort mit knapp fünfhundert Einwohnern und lag fünf Kilometer östlich von Niedernussdorf. Auch hier gab es einen kleinen Marktplatz, der als Treffpunkt der Grünhardinger fungierte. Im Unterschied zu Niedernussdorf existierte allerdings keine eigene Polizeistation. Falls wirklich etwas passierte, waren die Kollegen aus Passau zuständig. Eine Streife fuhr alle Jubeljahre die Gegend ab, um die spärliche örtliche Jugend an die Anwesenheit von Recht und Gesetz zu erinnern sowie den älteren Bürgern das Gefühl von Sicherheit zu geben. Gab es wirklich einmal eine Schlägerei oder Ruhestörung, griffen die Grünhardinger selbst durch. Vor allem die Männer der Freiwilligen Feuerwehr taten sich in solchen Dingen hervor. Mangels Feuer und Verkehrsunfällen hatten sie dafür genügend Zeit.
    Am Ortsrand Grünhardings schloss sich eine Art Gewerbegebiet an, eine große betonierte Parkplatzfläche mit drei Hallen, in denen ein Aldi, ein Billigtextiler und ein Ein-Euro-Laden Unterschlupf gefunden hatten. Bis vor acht Jahren war hier noch Ackerland gewesen, das nach dem Tod des Bauern von dessen einzigem Sohn an die Gemeinde verkauft worden war. Die wiederum hatte das Gelände drei Jahre später in besagtes Asphaltghetto umgewandelt, der dazugehörige heruntergewirtschaftete Hof ging an einen Immobilienhändler aus Landshut, der eine Kernsanierung durchführen ließ und sich einbildete, er könnte die zwölf Büroeinheiten zu lukrativen Preisen an Firmen vermieten, die in Niederbayern mit Outsourcing Geld sparen wollten. Diese Firmen gingen allerdings lieber gleich nach Tschechien, so dass der renovierte Hof monatelang leer gestanden hatte, bevor ihn ein junger rumänischer Bauunternehmer völlig überteuert erstand. Jetzt residierte in dem Hof der Salon Paradies, ein luxuriöser Kosmetiksalon, nebst Wellnessbereich mit Massageräumen und Farblichtkabinen.
    Vor dem Eingang plätscherte ein pseudoklassizistischer Springbrunnen vor sich hin, im Vorraum, hinter der Automatiktür, nahm ein riesiges Aquarium mit tropischen Zierfischen den Platz eines Kastenwagens ein. Aus unsichtbaren Lautsprechern rieselte Ambiente-Musik auf die Besucher herunter. Gisela und Lederer traten an die Rezeption, wo eine krötenartige Alte mit getönter Brille

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