Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
Vom Netzwerk:
wurde über den Kiesboden geschleift, sie konnte Schritte hören. Vorsichtig schob sie Ludwigs Arm zur Seite, rollte sich aus dem Bett und lugte durchs Fenster in den Hof. Sie sah das Ende einer Leiter um die Ecke wackeln. Das war die Leiter aus dem Schuppen.
    Gisela schlüpfte in ihre Flipflops, huschte die Treppe hinunter ins Erdgeschoss, schnappte sich in der Küche eine gusseiserne Bratpfanne und eilte hinaus in den Hof. Geräuschlos balancierte sie auf der Graniteinfassung ihres Blumenbeetes, das sich über die gesamte Breite des Hauses zog, zur Stirnseite. Die Bratpfanne fest im Griff, linste sie um die Ecke. Die Leiter lehnte an der Wand, oben stand Richie und klopfte sachte gegen die geschlossenen Fensterläden des Gästezimmers.
    »Frau Andreikovski, machen Sie doch bitte auf. Ich möchte Ihnen etwas überreichen«, wisperte Richie durch die Holzlamellen. In der Hand hielt er einen prächtigen Feldblumenstrauß. »Ich hab die ganze Nacht nur an Sie denken können, wenn Sie mir nicht aufmachen, werd ich nie wieder schlafen können.« Richie lehnte seine Stirn gegen die Fensterläden.
    »Hast du überhaupt kein Hirn mehr?«, raunte Gisela in die Höhe. Richie schaute zu ihr hinab. »Komm sofort runter da, du Aushilfsromeo. Die schläft bestimmt noch.«
    Richie richtete seinen trägen Blick noch einmal auf die Fensterläden. Nichts. Seufzend machte er sich an den Abstieg. Mit belämmerter Miene stand er vor Gisela, streckte ihr den Strauß entgegen.
    »Gibst du ihr den? Mit schönen Grüßen.«
    Richie wankte etwas, auch seine Aussprache war nicht ganz gerade. Gisela meinte, die Bierfahne wie eine kleine stinkende Wolke sehen zu können.
    »Hast du die ganze Nacht durchgesoffen?«, sagte sie.
    »Schon.« Richie klopfte sich mit der Faust auf den Brustkorb. »Anders hätt ich die Sehnsucht da drin gar nicht betäuben können.«
    »Warum wolltest du sie denn betäuben? Ist doch was Schönes.«
    »Aber nicht, wenn sie unerwidert bleibt. Und das wollt ich rausfinden.«
    »Kannst ja, aber nicht um fünf in der Früh. Und heut bleibst daheim, ich will nicht, dass der Lederer dich so im Büro sieht. Du stinkst ja wie’s ganze Hofbräuhaus.«
    In Richies Blick lag eine Verzweiflung, die Gisela das ganze Ausmaß des Herzensleides spüren ließ.
    »Aber sag ihr ganz liebe Grüße von mir. Machst du das?«
    Gisela nickte. »Freilich. Und ich geb dir auch Bescheid, was sie dazu gesagt hat.« Sie schaute auf die Blumen, an einigen hingen noch die Wurzeln. »Schön sind die.«
    »Sind aus dem Garten von der Schwester Doris.«
    Richie legte den Zeigefinger verschwörerisch auf seine Lippen. Mit einem leisen Lächeln und einem letzten Blick hoch zu den Fensterläden trollte er sich.
     
    Lederer interessierte es keinen Deut, dass Richie bei der Morgenbesprechung nicht anwesend war. Ihm brannte es unter den Nägeln zu erfahren, was Erwin und Schorsch letzte Nacht herausgefunden hatten. Gespannt lehnte er an der Schreibtischkante in Giselas Büro. Erwin und Schorsch hockten auf den Besucherstühlen mit den abgewetzten grünen Lederpolstern. Sie schauten sich an, keiner wollte den Anfang machen. Gisela stand mit ihrer Kaffeetasse am Fenster, auch sie neugierig, was bei der verdeckten Ermittlung herausgekommen war. Lederer richtete sich schließlich an Schorsch.
    »Jetzt erzählen Sie schon«, forderte er mit bohrendem Blick.
    Schorsch nahm noch schnell einen tiefen Schluck aus seiner Tasse.
    »Da … da gibt’s nicht viel zu erzählen.« Er zuckte verlegen mit den Achseln.
    »Na, hat man Ihnen nun Geschlechtsverkehr angeboten oder nicht?«
    »Mmmh.«
    »Ist es etwa auch dazu gekommen?« Lederers Gesicht färbte sich rot.
    »Ja, schon.«
    Erwin schaute Schorsch erstaunt an. »Echt?«, sagte er.
    »Ja. Wieso? Du nicht?«
    »Nein. Mich hat sie nur massiert.«
    »Hat sie dir keinen Bären angeboten?«
    »Einen Bären? Was für einen Bären?«, fragte Gisela.
    Schorsch kramte aus seiner Hosentasche den Schlüsselanhänger, hielt ihn hoch. Der kleine Bär beschrieb einen Halbkreis, als wollte er sich den Anwesenden vorstellen.
    »Können Sie mir das näher erklären, Herr Kollege?«, sagte Lederer mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Also, die Jana, die hat sich nicht für den … den, Sie wissen schon, bezahlen lassen, das hat sie aus reinem Vergnügen gemacht.«
    Erwins Augen wurden mit jedem Wort größer. Schorsch vermied es, in seine Richtung zu schauen. Genauso unangenehm war es ihm, Lederer ins Gesicht zu blicken. Schorsch

Weitere Kostenlose Bücher