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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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richtete sich ausschließlich an Gisela.
    »So wie ich das sehe, ist das wirklich nur eine Massagepraxis«, endete er.
    »Wie viel hat der Bär denn gekostet?«, fragte Lederer.
    »Fünfzig Euro.«
    »Und du Depp glaubst wirklich, die hat dich zum Vergnügen gefickt?«, ätzte Erwin. »Du bist ja noch blöder, wie ich gedacht hab.«
    »Hier drinnen ist niemand blöd, und ich mag das gar nicht, wenn du deinen Kollegen beleidigst«, ließ sich Gisela scharf vernehmen.
    »Wo er recht hat, hat er recht«, meinte Lederer.
    Gisela stellte ihre Tasse hart auf dem Schreibtisch ab.
    »Schorsch, was hast du dir gedacht, als dir die Dame den Bären für fünfzig Euro verkauft hat?«
    Schorsch biss sich auf die Unterlippe.
    »Na ja, zuerst, dass das aber schon teuer ist für so ein kleines Stoffviech, dann, dass die ja ganz schön dran verdient, und dann, dass das ziemlich schlau ist, weil, ich kauf einen Schlüsselanhänger und nicht ihre Dienste, und als ich das gedacht hab, wollt ich nicht mehr länger drüber nachdenken.«
    Er zuckte hilflos mit den Achseln, drehte den Bären verlegen zwischen seinen Fingern. Dabei fiel dem Tierchen ein Glasauge raus. Er wagte nicht, sich danach zu bücken, ganz so, als könnte jede Bewegung weiteren Spott nach sich ziehen. Gisela empfand in diesem Augenblick tiefes Mitgefühl mit Schorsch. Zu oft hatte sie miterlebt, wie die Dorfbewohner sich über ihn lustig machten. Er war in den Augen aller ein dickes Muttersöhnchen, unfähig und dumm. Auch wenn meist nur hinter Schorschs Rücken gelästert wurde, war er doch sensibel genug, es mitzubekommen. Die Niedernussdorfer, einschließlich seiner Kollegen auf der Dienststelle, konnten in ihrem Umgangston grausam sein wie Kinder. Das rührte an Giselas Gerechtigkeitssinn, und so hatte sie für Schorsch im Laufe der jahrelangen Zusammenarbeit mütterliche Gefühle entwickelt, die er dankbar annahm. Er fühlte sich in Giselas Nähe heimischer als zu Hause bei seinen Metzgerseltern.
    Erwin schüttelte den Kopf, ein verächtliches Schnauben kam aus seiner Nase. Lederer starrte kurz auf das Glasauge auf dem Boden, dann hob er den Kopf.
    »Kurz und gut, diese Jana hatte für fünfzig Euro Geschlechtsverkehr mit Ihnen.«
    »Kann man so sagen«, hauchte Schorsch.
    »Dann kann man wohl auch sagen, dass das eine gesetzeswidrige Andienung körperlicher Gefälligkeiten war.«
    »Rein juristisch aber nicht«, schaltete sich Gisela ein. »Rein juristisch hat sie ihm nur einen Schlüsselanhänger verkauft.«
    »Schon möglich, aber immerhin wissen wir jetzt, dass in diesem Betrieb illegale Handlungen vorgenommen werden«, presste Lederer zwischen den Zähnen hervor.
    »Hat die Dame irgendetwas von Danijela erzählt?«, fragte Gisela. Schorsch schüttelte den Kopf.
    »Ah, aber meine«, sagte Erwin triumphierend. »Ich hab sie gefragt, ob sie die Tote kennt, die man im Wald gefunden hat. Weil die doch auch Rumänin ist.«
    »Aha.« Das war alles, was Lederer herausbrachte.
    »Sie hat nur gemeint, eine Danijela kennt sie nicht. Hab ich natürlich nicht geglaubt und direkt nachgehakt, ob die nicht auch hier gearbeitet hat, weil ich doch einen Bekannten hab, der mal ihre Dienste genutzt hat.«
    Erwin strahlte, es fühlte sich gut an, wichtige Informationen mitzuteilen. Die fassungslose Miene Lederers irritierte ihn allerdings etwas.
    »Du hast aber nicht gesagt, dass du von der Polizei bist, oder?« Gisela betete, dass sie ein Nein zu hören bekäme.
    »Natürlich nicht. Ich bin ja nicht ganz blöd. Ich hab gesagt, ich bin Journalist und schreib über den Fall.«
    »Hat sie was dazu gesagt?« Lederers Schnauzbart zuckte und zitterte wie ein witternder Jagdhund.
    »Ja. Dass sie mir nicht glaubt. Dann hat sie aufgehört zu massieren und mich gebeten zu gehen.«
    »Und du bist gegangen?«, fragte Gisela.
    »Logisch. Ich hab sogar die Hälfte von meiner Kohle wieder zurückgekriegt.«
    »Bravo«, murmelte Lederer. »Halten wir also fest, dass der Einsatz rundum ein Fehlschlag war.«
    »Das seh ich nicht so«, sagte Erwin. Er machte eine kleine Pause, um die folgenden Worte voll zur Geltung kommen zu lassen. »Ich hab den Einäugigen gesehen.«
    Lederer runzelte verständnislos die Stirn.
    »Der aus dem Wald?«, fragte Schorsch.
    Erwin nickte. »Als ich durchs Foyer bin, da stand der bei der Alten an der Rezeption.«
    »Bist du dir sicher?« Gisela schaute Erwin scharf an. Manchmal neigte er zu Übertreibungen, doch diesmal hielt er ihrem Blick nicht nur stand, sondern

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