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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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legte seine flache Hand aufs Herz und schwor.
    »Über was haben die beiden geredet?«, hakte Lederer nach.
    »Keine Ahnung, die haben Rumänisch gesprochen. Zumindest glaub ich, dass es Rumänisch war. Viel hab ich nicht mitbekommen, weil, ich bin dann raus.«
    »Das ist alles?« Lederer klang leicht enttäuscht. Erwin zeigte seine gelben Zähne.
    »Nicht ganz.« Er bedachte Schorsch mit einem triumphierenden Seitenblick. Der Dicke verschränkte seine Arme, tat so, als würde ihn kein Wort von dem interessieren, was Erwin erzählte. Seine Galle lief jedoch auf Hochtouren.
    »Ich hab draußen gewartet, bis der Einäugige rausgekommen ist«, setzte Erwin seine Erzählung fort. »Er ist in ein Cabrio eingestiegen und losgefahren.«
    »Und Sie hinterher?«, drängelte Lederer.
    »Ich hinterher«, bestätigte Erwin. »Mit Abstand natürlich. Ich wollt ja nicht auffallen.«
    »Abstand, aha.« Schorsch konnte sich einen süffisanten Kommentar nicht verkneifen. »Um die Uhrzeit wart ihr sicher die zwei Einzigen auf der Straße, und dann du mit deiner Geländemaschin, da glaubst du wirklich, der hat dich nicht bemerkt?«
    »Vielleicht lassen Sie Ihren Kollegen in Ruhe berichten, bevor Sie sich zu voreiligen Mutmaßungen hinreißen lassen«, raunzte Lederer Schorsch an. Er nickte Erwin auffordernd zu, der es sich nicht nehmen ließ, seine Hände hinter dem Kopf zu verschränken, um seine momentane Sonderstellung zu unterstreichen.
    »Nach fünf Minuten ist er abgebogen und kurze Zeit später durch einen Weiler, mei, ich denk, das waren so sechs, sieben Häuser. Beim letzten ist er dann in den Hof reingefahren. Leck mich am Arsch, hab ich mir gedacht, der hat Geld.« Er schaute zu Gisela. »Das war so ein Riesenbauernhof, aber total luxusrenoviert, weißt schon, so wie dem Seehofer seiner.«
    »Ah, der, wo alles mit Solar läuft?«, fragte Gisela.
    »Genau. Da siehst vom Dach nichts mehr, weil alles mit den greislichen Platten zugepflastert ist.«
    »Dabei könnte man die Platten doch auch irgendwo im Garten aufstellen, wo sie nicht so auffallen«, sagte Schorsch, der unbedingt mitreden wollte.
    »Könnten Sie diese ästhetischen Grundsatzdiskussionen bitte auf später verschieben? Danke!«, bellte Lederer.
    »Also, ich halt ein paar Meter vor dem Hof, steig aus und spazier so unauffällig dran vorbei und versuch, durch die Fenster was zu sehen. Aber da waren überall die Jalousien unten. Keine Chance. Ich bin dann heimgefahren, weil, man muss halt wissen, wann man aufhören muss.«
    »Hast du dir das Kennzeichen gemerkt?«, fragte Gisela.
    »Nein.«
    Lederer ließ ein fassungsloses Stöhnen hören. Schorsch schnaubte ebenso fassungslos durch die Nase, schüttelte den Kopf über so viel Dummheit.
    »Ich hab’s mir aufgeschrieben. Und die Adresse.« Erwin kramte aus seiner Gesäßtasche einen abgerissenen Fetzen Papier, reichte ihn Lederer und watschte Schorsch mit einem vernichtenden Blick ab.
    »So, ich brauch jetzt auch einen Kaffee«, meinte Erwin und stand auf. »War echt eine kurze und aufregende Nacht.« Mit stolzgeschwellter Brust marschierte Erwin zur Kaffeemaschine, die leise vor sich hin blubberte.
    Fünf Minuten später hatte Giselas Computer die Daten des Fahrzeughalters ausgespuckt. Vlad Tomanovici, geboren in Rumänien, seit fünf Jahren wohnhaft in eben jenem Weiler mit dem schönen Namen Paradies, der zu Gründharding gehörte. Als Beruf war Reiseunternehmer eingetragen. Vorstrafen gab es keine, dafür raubte der Vorname seines einzigen Kindes und Mitunternehmers Gisela den Atem. Vlads Sohn hieß Ionel.
     
    Ionela spazierte über die Hauptstraße Niedernussdorfs. So mancher Mann schaute ihrem wiegenden Gang mehr oder weniger lang hinterher. Je nachdem, ob die geliebte Gattin in der Nähe war oder nicht. Ionelas Weg führte zum Ortskern, zu einem zweistöckigen Mietshaus in der Nähe der Kirche. Dort unter dem Dach wohnte Polizeiobermeister Richard Hafenrichter in einer ordentlichen Dreizimmerwohnung, die ganz im Stil der siebziger Jahre eingerichtet war. Überall spürte man Richies Vergangenheit als Schlagzeuger einer Heavy-Metal-Band, mit der er bis Anfang der Achtziger jedes Wochenende auf einer anderen Festivität gerockt hatte. Die
Men with Balls
waren lokale Berühmtheiten mit ihren eigenen Groupies, die ihnen treu zu jedem Konzert folgten.
    Das Klingeln an der Wohnungstür drang erst nach dem fünften Mal in Richies Gehirnwindungen ein. Er lag komatös auf der cordbezogenen Couch, weiter hatte er es

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