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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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einer Tür am anderen Ende des Gangs verschwand. Hatte der Sauhund zur selben Zeit wie er einen Termin bekommen. Ob er ihn auch gesehen hatte? Der Gedanke, dass Erwin sich in diesem Moment wie er der Lust hingeben würde, rief in Schorsch das Bild eines Wettvögelns wach. Wer käme zuerst aus dem Zimmer? Hinter welcher Tür würde lauter gestöhnt? Wer würde in dieser Nacht der ungekrönte König des Pay-Sex werden?
    Schorsch spürte, wie jegliche Aufregung verflog. Selbst als Jana die Tür schloss und sich aufreizend vor ihn hinstellte, spürte er nur ein säuerliches Gurgeln in seinem Magen. Wie gerne wäre er jetzt Mäuschen in Erwins Liebeskammer. Jana wackelte zu der rot bezogenen Shiatsu-Matte, die in der Mitte des kleinen rechteckigen Raumes lag. An den hellblauen Wänden hingen Fotodrucke von Sonnenuntergängen, Stränden, Palmen und einer Riesenmeeresschildkröte. Aus unsichtbaren Lautsprechern in der Decke rieselte Meeresrauschen. In einer Ecke stand eine zweisitzige Couch, in der gegenüberliegenden Ecke ein Paravent.
    »Wie lange wollen Sie?« Jana schaute ihn mit einem Lächeln an.
    Schorsch spürte, wie das ganze Blut aus seinem Kopf in den Magen schoss. »Äh, was … was gibt’s denn so?«
    »Es gibt eine halbe Stunde, eine dreiviertel Stunde und eine ganze Stunde.«
    »Hm, die … ich … ich hab jetzt gar nicht gefragt, was das kostet. Brauch ich da ein Rezept?«
    Auf Janas glänzenden Lippen wurde das Licht der Halogenstrahler reflektiert, die in die Decke eingelassen waren. »Wir sind von den Krankenkassen nicht anerkannt. Alles, was Sie sich hier gönnen, müssen Sie aus eigener Tasche zahlen. Eine Stunde kostet hundertzwanzig Euro.«
    Das Blut schoss aus seinem Magen zwischen die Beine. Schorsch musste sich krampfhaft an seine Aufgabe erinnern. Lederer hatte ihm über Gisela einschärfen lassen, dass alleine das Angebot, sexuelle Handlungen vorzunehmen, schon ausreichen würde, um das Paradies als Bordell einzustufen.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich noch mal nachfrage, aber was passiert denn bei der Sorglosmassage alles?«
    »Lassen Sie sich überraschen.«
    »Überraschen? Ich … ich würd gern mehr wissen, ich hab schon als Kind keine Überraschungen gemocht, weil da mein Herz echt immer zu flattern anfängt und ich schon mal umgekippt bin, Weihnachten, also ich …«
    Jana legte ihm ihren manikürten Zeigefinger auf die Lippen.
    »Tut mir leid, aber die Sorglosmassage ist ein Geheimnis, das jede von uns Masseusen auf ihre Weise enthüllt.«
    Sie beugte sich vor, Schorsch stieg ihr betörendes Parfüm in die Nase. »Ich kann Ihnen nur versprechen, dass Sie nicht enttäuscht sein werden. Wie lange?«
    Schorschs Mund war auf einen Schlag trocken, er glaubte, es stauben zu sehen, als er sprach. »Eine Stunde, bitte.«
    Jana deutete auf den Paravent.
    »Dort können Sie sich ausziehen.«
    »Ganz?«
    »Wäre gut. Sie finden auch ein Handtuch, das können Sie sich um die Hüfte wickeln.«
    Hinter dem Paravent gab es ein schmales Fenster sowie einen Klappstuhl aus Teakholz, auf den sich Schorsch erst mal setzte. Er hatte noch nicht bezahlt, und es war bislang zu keinen sexuellen Handlungen gekommen. Was, wenn Jana sexuelle Handlungen vornahm, ohne dass er bezahlen musste? Das galt dann wohl nicht als bordellmäßige Handlung. Das war pures Privatvergnügen. Und vielleicht massierte sie ihn ja wirklich nur. Schorsch schlüpfte aus seinen Klamotten und trat wenig später hinter dem Paravent hervor. Mit einer Hand hielt er krampfhaft das Handtuch fest, das nur mit Müh und Not um seine Hüfte ging.
    Jana hatte inzwischen die Massagematte vorbereitet und ein Räucherstäbchen angezündet. Der Duft von warmen Rosen umfing Schorsch und vernebelte ihm die Sinne. Wie betäubt ließ er sich von Jana an der Hand nehmen und zur Shiatsu-Matte führen.
    »Uh, Sie haben ja ganz feuchte Hände.«
    »Ich … ich bin etwas aufgeregt.«
    Jana bedeutete Schorsch, sich auf die Matte zu legen.
    »Lassen Sie sich vollkommen gehen, atmen Sie den Duft des Raumes ein, hören Sie die Musik, spüren Sie, wie Ihre Seele sich von den Fesseln des Alltags befreit.«
    Janas samtene Worte erreichten bei Schorsch genau das Gegenteil, er wurde nur noch verspannter, und die einzige Wärme, die er in seinem Körper spürte, breitete sich zwischen seinen Beinen aus und drückte gegen seinen Bauch. Nur gut, dass er auf demselben lag. Er drehte seinen Kopf zur Seite, sein Blick fiel auf die Meeresschildkröte, die ihn zu mustern

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