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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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Polizei absolut verzeihlich sei. Kein Richter der Welt würde hierin einen Grund sehen, Ionel auch nur kurzzeitig festzuhalten.
    Lederer wusste leider, dass der Rechtsanwaltsschnösel alle Trümpfe in der Hand hatte. Er sah nur eine Möglichkeit, dem zu begegnen: Entweder er bluffte, oder er zog seine Herz-Sau aus dem Ärmel. Das würde ihn zwar ein großes Opfer kosten, aber dieses schleimige Pack auszubooten war den Einsatz wert.
    »Dann lassen wir das doch den Haftrichter entscheiden«, meinte er versöhnlich zu dem Lackmeier. Er schaute auf seine Armbanduhr. »Ich werd für 15  Uhr einen Termin vereinbaren. Einverstanden?«
    Der Strafverteidiger bedankte sich für die Kooperationsbereitschaft und verabschiedete sich vorerst. Ionel wurde von einem Uniformierten in eine Zelle gebracht, kaum war die Bürotür zu, griff Lederer zum Telefon. Ungeduldig wartete er, bis das Freizeichen von einer weiblichen Stimme abgelöst wurde.
    »Susanne Killer.« Die Gesprächspartnerin klang, als habe man ihre Stimmbänder mehrmals über ein Reibeisen gezogen. Lederer wusste, die rauhe Färbung kam von zu vielen Zigaretten, zu viel Alkohol und zu wenig Schlaf.
    »Karl«, meldete sich Lederer.
    »Das Karlchen. Dass du mich noch mal anrufst. Brauchst wieder einen Gefallen?«
    Er könnte jetzt auflegen, dann würde er um die Konsequenzen seines Anrufs herumkommen. Sein Gerechtigkeitssinn siegte. Lederer holte tief Luft und ließ sie mit dem nächsten Satz entweichen.
    »Ja, schon.«
    »Um wen geht’s denn diesmal?«
    Lederer erläuterte seiner Gesprächspartnerin die Umstände des vorliegenden Falles. Nachdem er das Versprechen abgegeben hatte, sich zu den seit ehedem gültigen Bedingungen mit ihr zu treffen, bekam er grünes Licht.
    »Dann sehen wir uns heute Abend um neun. Und zieh was Schickes drunter, ich bin voll auf Entzug.«
    Sie lachte kehlig und verabschiedete sich von ihrem Karlchen. Der legte seufzend auf. Was tat man nicht alles im Krieg gegen das Verbrechen.
    Ionel und sein geschleckter Anwalt waren vollkommen überrascht, als die Haftrichterin Dr. Dr. Susanne Killer nach eingehender Prüfung der Unterlagen eine vorläufige Untersuchungshaft anordnete. Die lautstarken und unflätigen Proteste Ionels trugen ihm zusätzlich ein Bußgeld wegen Beleidigung ein. Der Anwaltsschnösel versuchte mit soliden Argumenten gegen den Beschluss anzugehen, blitzte jedoch eiskalt ab. Die knapp sechzigjährige Richterin mit dem weißen, wallenden Haar und den verschmitzten Augen im faltigen Gesicht ließ ihn wissen, dass sie in ihrer dreißigjährigen Laufbahn genügend Erfahrung gesammelt habe, um die Haft aufgrund der vorliegenden Aktenlage zu rechtfertigen. Ionels Anwalt bäumte sich noch einmal mit der Forderung auf, einen anderen Richter mit der Sache zu betrauen, fuhr sich aber nur den dürftigen Hinweis ein, dass der Herr Kollege auf Dienstreise sei. Daraufhin packte er seine Unterlagen zusammen und versprach Ionel, an höherer Stelle wegen dieser Ungerechtigkeit vorstellig zu werden.
    Ionel verabschiedete sich mit dem Stinkefinger von Lederer, der dem ganzen Vorgang mit einem gelassenen Lächeln gefolgt war. Das frivole Augenzwinkern der Richterin erinnerte ihn daran, was ihn am Abend erwartete. Er beschloss, möglichst viel Rotwein zu trinken, vielleicht würde seine Manneskraft dann im entscheidenden Augenblick den Dienst versagen. Aber so wie er Susanne Killer kannte, würde sie mit vollem Körpereinsatz versuchen, die Fahne doch noch zu hissen.
     
    Es tat gut, Jakob auf Augenhöhe begegnen zu können. Nach Dienstschluss ging Gisela mit ihm und Ionela in den Wilden Bock. Es war Freitagabend und das Wirtshaus gut besucht. Giselas drei Männer saßen am Tisch mit Schorschs Vater Franz sowie dem Lehrer Siebert. Die gebrochene Nase stand im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, jeder wusste inzwischen von dem Kampf in Grünharding. Und jeder war stolz auf die Jungs, die es denen da drüben gezeigt hatten. Franz Kramer, der sonst immer an seinem Sohn herumnörgelte und ihn für einen verzogenen Waschlappen hielt, bemühte sich besonders eifrig, jedes Detail aus Schorsch herauszupressen. Dem war das zuerst unangenehm, normalerweise stand er nur im Mittelpunkt, wenn er verarscht wurde, doch das Freibier löste seine Zunge und ließ ihn die Erzählung mit ein paar blutigen Details ausschmücken. So gut hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt.
    Als Richie Ionela hereinkommen sah, leuchteten seine Augen auf. Er bot ihr seinen

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