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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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sonst?«
    »Genau. Wieso denn sonst?« Lederer tigerte in Giselas engem Büro mit hinter dem Rücken verschränkten Händen auf und ab, schaute konzentriert auf den Boden, als würde auf dem dreckigen Linoleum die Antwort auf diese Frage liegen.
    »Eine Warnung beinhaltet immer das Wörtchen
sonst.
Hör auf zu kippeln, sonst gehst du ohne Essen ins Bett. Legen Sie die Waffe weg, sonst erschieß ich Sie.«
    Lederer sprach mehr mit sich selbst als mit Gisela.
    »Hören Sie auf mit dadada, sonst bring ich noch mehr Leute um.« Lederer schürzte die Lippen, und schritt dann mit gemessenen Schritten vom Fenster zur Tür und zurück.
    »Dadada machen wir doch gar nicht«, sagte Gisela. »Ich mein, wir sitzen doch eh nur auf unseren Händen rum und warten, dass von irgendwoher ein Hinweis kommt …«
    Lederers Zeigefinger schoss in die Höhe. Er schaute Gisela dabei nicht an, sondern nur den Boden. Seine Kombinationsfähigkeit konnte gerade keine Störung gebrauchen.
    »Vielleicht ist
Hören Sie auf
die falsche Conditio.«
    Er summte nachdenklich vor sich hin. Gisela lehnte sich grummelnd in ihrem Stuhl zurück. Jetzt benutzte der auch noch Fremdwörter. Sie kam sich ausgeschlossen vor, was ihre Verstimmung gegenüber Lederer nur verstärkte.
    »Wenn Sie das und das machen oder nicht machen, dann …« Er war so versunken in seine Gedankenkette, dass er gar nicht bemerkte, als Gisela das Büro verließ. Sie durchquerte die Wache, wo sich Erwin und Schorsch rührend um den völlig vernichteten Richie kümmerten. Dessen Augen waren blutunterlaufen, der Blick starr geradeaus gerichtet. Schorsch hielt ihm eine Butterbreze vor die Lippen. Richie nahm einen kleinen Bissen, Erwin flößte ihm vorsichtig Kaffee aus einer großen Tasse ein, wischte mit einer Serviette Tropfen ab, die Richie das Kinn runterliefen.
    »Wo gehst du denn hin?«, fragte Schorsch zaghaft.
    »Zum Teufel«, war Giselas Antwort. Sie warf einen besorgten Blick auf den apathischen Richie. »Ich hoff, ihr kriegt den wieder hin, bis ich zurück bin.«
    »Wir machen das schon«, sagte Schorsch zuversichtlich. Er klopfte seinem sabbernden Kollegen aufmunternd auf die Schulter. Richie kippte wie ein gefällter Baum nach vorne. Erwin fing ihn gerade noch auf, bevor er vom Stuhl fiel.
    Gisela pustete ratlos Luft aus. »Ihr macht das schon«, sagte sie und eilte aus der Dienststube.
     
    Vlad saß vor dem Bauernhof in der Sonne und rauchte eine Zigarette. Neben ihm auf der kleinen Holzbank stand eine Tasse Tee. Ein Smart bog mit Vollgas auf den Hof ein. Gisela stieg ungestüm aus, baute sich vor Vlad auf. Sie war wie eine schwarze Gewitterwand, die Unheil ankündete.
    »Glauben Sie bloß nicht, dass Sie damit davonkommen«, donnerte sie los. »Ich mach Sie fertig, das schwör ich Ihnen. Sie werden sich noch wünschen, in Ihrem kleinen rumänischen Kaff geblieben zu sein.«
    Vlad rauchte ungerührt weiter.
    »Mein kleines Kaff heißt Bukarest und hat zwei Millionen Einwohner. Mächtigere Leute als Sie haben mir schon gedroht, und sehen Sie, wie’s mir geht.«
    Er breitete seine Arme aus, grinste selbstzufrieden. »Ich habe schon alles gesehen und gehört in meinem Leben, es gibt nichts, wovor ich Angst habe. Wenn meine Zeit gekommen ist, ist sie gekommen.«
    »Ihre Zeit ist gekommen, das können Sie mir glauben. Ionelas Zeit war noch lange nicht um.«
    Vlad drückte die Zigarette in dem gläsernen Aschenbecher aus.
    »Doch, das war sie.« Er schaute Gisela mit seiner Geschwulst an. »Und Sie haben dafür gesorgt.«
    Gisela verspürte ein Pfeifen im Ohr, welches das Gesagte zu übertönen versuchte.
    »Sie haben meinen Sohn verhaftet, Sie wollen ihn vernichten. Solange Sie das versuchen, werden weitere Menschen sterben.«
    Die brutale Wahrheit, dass Vlad tatsächlich Ionelas Mörder war, brachte Gisela ins Wanken. Die Ruhe, mit der er an seiner Teetasse nippte, entzog Giselas Körper jegliche Wärme. Seine Kälte kroch ihr bis ins Knochenmark.
    »Lassen Sie meinen Sohn gehen, dann herrscht hier wieder Frieden.«
    »Wie … wie haben Sie sie umgebracht?«
    »Wozu sind Sie Polizistin? Finden Sie’s raus.«
    Sein linker Mundwinkel rutschte verächtlich nach oben.
    »Das werde ich«, flüsterte Gisela. Es war kein Flüstern der Schwäche, sondern ein Versprechen. Vlads schiefes Lächeln verschwand.
    »Sie werden die nächsten zwanzig Jahre hinter Gittern verschwinden, und in Ihrem Alter bedeutet das lebenslänglich. Ich möchte Sie bitten, während der Ermittlungen

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