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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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vorgewärmten Platz an und drängte Erwin auf einen anderen Stuhl, der dies mit einem finsteren Blick quittierte und mit dem leeren Glas nach der Bedienung winkte. Alle am Tisch rückten zusammen, damit auch Gisela und Jakob sich dazusetzen konnten.
    Die Niedernussdorfer an den anderen Tischen schauten nicht nur neugierig herüber, sie sparten auch nicht mit Kommentaren zu dem liederlichen Geschäft, das dieser Ionel und sein Vater betrieben. Es waren vor allem die Frauen, die sich darüber ausließen, manche Männer hingegen waren auffallend einsilbig und wichen Giselas Blick aus. Sie machte sich keine Illusionen, dass diese Männer ihren Ehefrauen von den amourösen Eskapaden erzählt hatten. Hier galt die Regel, etwas erst zuzugeben, wenn die Beweise erdrückend waren. Ansonsten hieß es, Maul halten.
    Gisela aber war das im Augenblick egal, sie war zufrieden, dass Ionel in U-Haft war, und sie genoss die Nähe ihres Vaters, der mit seinen gleichaltrigen Freunden ratschte und lachte. Sie sah, wie Richie unter dem Tisch heimlich Ionelas Hand hielt, und plötzlich sehnte sie sich so sehr nach Ludwig, dass sie meinte, ihn herbeigewünscht zu haben, denn in diesem Augenblick steuerte er auf sie zu.
    »Mein kleiner Kartoffelkäfer.« Ludwig trat freudestrahlend zu ihr.
    »Ludwig. Was machst du denn schon da?«
    Er küsste sie.
    »Wochenendseminar ist abgesagt. Die Referenten waren gestern alle beim gemeinsamen Abendessen, und jetzt haben sie ausnahmslos Durchfall. Scheißvirus.«
    »Ich find den super.« Sie grinste.
    Ludwig nahm sich einen freien Stuhl und drückte sich an Giselas Seite. Was brauchte man mehr, um glücklich zu sein?
     
    »Vielleicht sollten wir’s doch offiziell machen.«
    Ludwig drehte seinen Kopf zu Gisela.
    »Das mit unserer … Verehelichung«, fügte sie an.
    »Auf einmal?« Er strich mit den Fingern eine Strähne aus ihrem Gesicht.
    »Ich hab keine Angst mehr.« Gisela rückte näher an Ludwig heran. Der Lattenrost knarzte bedenklich. Demnächst würde sie ein größeres Bett kaufen, das schwor sie sich. Und eine durchgehende Matratze. Eine richtige Spielwiese sollte das sein.
    »Hast du Angst vor mir gehabt?«
    »Depp. Nicht vor dir. Vor dem Image.«
    Ludwigs Stirn rutschte in Falten.
    »Na ja, heiraten ist doch ziemlich altmodisch. Muss man ja heute nicht mehr unbedingt.«
    »Was meinst du denn mit Image?«
    »Dass ich brav geworden bin.« Es war ihr peinlich, das so zu sagen. »Ich wollt halt nie so sein wie die anderen.«
    »Du bist überhaupt nicht wie die anderen, da kannst du noch so oft heiraten.« Ludwig knabberte an ihrem Ohrläppchen.
    »Öfters als einmal will ich ja gar nicht.« Sie drückte Ludwig einen Kuss auf die Lippen.
    »Und ich muss auch gar nicht. Überleg’s dir einfach noch mal.«
    Gisela nickte, legte ihren Arm um Ludwig und machte die Augen zu.
     
    Eine ähnliche Position hatten Richie und Ionela eingenommen. Er lag hinter ihr in der Löffelchenstellung, sein Arm ruhte auf ihrer Taille. Richie schlief tief, Ionela hatte die Augen offen, beobachtete den Vorhang, der im leichten Nachtwind tanzte. Der Traumfänger, der über Richies Bett hing, drehte sich sachte von links nach rechts, von rechts nach links. Er fing die bösen Träume ein und beschützte den Schläfer unter sich.
    Ein quietschendes Geräusch ließ Ionela den Atem anhalten. Sie hob leicht den Kopf, um besser zu hören. Nichts. Sie legte ihren Kopf zurück auf das Kissen, ihr Atem ging weiterhin flach. Der Vorhang hörte auf zu tanzen. Reglos wie ein Totenlaken hing er an der Gardinenstange. Sie wartete darauf, dass sie das Geräusch wieder hörte, dass der Vorhang erneut zu tanzen anfing. Nichts. Sie hatte Angst zu blinzeln, hinter ihren Augen brannte es. Ein paar Minuten lang lag sie so da, doch außer Richies gleichmäßigem Atmen blieb es still. Ionelas Muskeln entspannten sich langsam, ihre kleinen Fäuste lösten sich. Eine Hand schob sie unter das Kissen, die andere verschränkte sich mit Richies. Sie schlief ein.
     
    Die Morgensonne schien ihnen ins Gesicht. Richie öffnete ein Auge, steckte seine Nase in die blonde Mähne vor sich, saugte Ionelas Duft tief ein. Seine Finger waren mit den ihren verschränkt. Die ganze Nacht hatte er in derselben Position gelegen und sie ebenso. Jetzt musste er dringend aufs Klo. Vorsichtig löste er seine Finger aus der kalten Hand Ionelas, rutschte rückwärts aus dem Bett und schlich zum Badezimmer. Der Wandspiegel zeigte Richie sein zerknautschtes Gesicht und

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