Unter aller Sau
nicht zu verreisen, sonst müsste ich einen internationalen Haftbefehl gegen Sie ausstellen lassen, und das ist sauviel Papierkram. So was macht mich ganz fuchsig.«
Kaum war Gisela vom Hof gefahren, rief Vlad einen Freund in Bukarest an. Er habe hier möglicherweise ein kleines Problem und bräuchte ein paar Männer, die nötigenfalls dieses Problem lösen könnten. Nichts Großes, nur eine kleine Dorfpolizistin, die sich für die Königin des Reviers halte. Vlads Freund versprach, die Richtigen für so einen Job innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach Grünharding zu schicken. Zufrieden legte Vlad den Hörer auf. Er war sich sicher, dass man ihm den Mord an Ionela nie nachweisen würde, aber bei weiteren Maßnahmen durfte er nicht in Erscheinung treten. Er ärgerte sich insgeheim, dass Gisela sich nicht hatte einschüchtern lassen und er gezwungen war, die Daumenschrauben anzulegen. Nichts hasste er mehr, als unnötigen Krieg. Er hoffte jedoch, dass es nicht zum Äußersten kommen würde.
Nachdenklich kehrte Gisela auf die Wache zurück. Erwin und Schorsch hatten Richie inzwischen fertig gefüttert, jetzt lag er auf dem Boden, den Blick auf die Neonröhre an der Decke geheftet.
»Was wird denn das?«, wollte Gisela wissen.
»Er sagt, er kann sich nicht mehr bewegen«, sagte Schorsch. »Seine Knochen sind wie aus Gummi.«
Gisela schaute prüfend auf Richie hinunter. Der schien sie gar nicht wahrzunehmen.
»Den hat’s voll erwischt«, meinte Erwin beunruhigt.
Gisela schnippte mit den Fingern vor Richies Augen. Nicht das leiseste Blinzeln.
»Meinst, der wird wieder?« Schorschs Miene war sehr besorgt. Gisela klatschte Richie links und rechts mit der flachen Hand ins Gesicht. Keine erkennbare Reaktion außer den Rötungen auf den Wangen.
»Jetzt warten wir eine Stunde, wenn er sich dann nicht bewegt, holen wir die Schwester Doris, die bringt den schon wieder hoch.«
Lederer war mittlerweile nach Straubing zurückgekehrt, und Gisela griff zum Telefon, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
»Da haben Sie mir was Sauberes eingebrockt, Frau Wegmeyer«, war seine zischende Begrüßung. »Jetzt sind die Eltern von der Jana zwar da, aber die sagt nichts, weil sie erfahren hat, dass die Schwester von Danijela gestorben ist.«
»Ja, wieso haben Sie ihr das auch gesagt?«
»Ich hab ihr gar nichts gesagt. Der Vorgang ist über meinen Schreibtisch gelaufen, justamente, als Jana ihre Eltern begrüßt hat. Das war ein unglücklicher und dummer Zufall.«
»Aber Sie hätten ihr doch nicht sagen müssen, dass sie umgebracht worden ist.«
Lederers Schnauben stach unangenehm in Giselas Ohr. Er klang sehr ungehalten.
»Hab ich nicht. Die glaubt, dass der Teufel sie getötet hat. Und natürlich denkt sie jetzt, sobald sie was sagt, stirbt sie auch.«
»Dann müssen Sie halt nachweisen, dass die Ionela umgebracht worden ist. Von einem Menschen.«
»So gescheit bin ich auch, Frau Kollegin. Die Rechtsmedizin kann nicht mehr machen als arbeiten.«
»Haben die noch gar nichts?«
»Sie sind lustig. Die wissen ja noch nicht mal, wonach sie suchen sollen, das kann Tage dauern, wenn überhaupt.«
Gisela biss sich auf die Unterlippe. Sollte Vlad wirklich davonkommen?
»Ich komm mal vorbei.«
»Was?« Lederers Stimme flatterte nervös.
»Hier rumsitzen tu ich jedenfalls nicht.«
»Machen Sie doch sonst auch ohne Probleme.«
»Sonst haben wir hier auch keine zwei Leichen.«
»Sie können hier nichts tun.«
»Ich kann mit den Eltern von der Jana reden. Oder mit der Jana selber. Vielleicht macht die dann eine Aussage.«
Es rauschte in der Leitung. Gisela dachte, die Verbindung sei abgebrochen.
»Hallo?«
»Müssen Sie nicht irgendwo in Ihrem Kaff eine Katze vom Baum holen oder so?«
Lederer klang schwach und erbärmlich. Gisela wusste, ihre Argumente stießen zwar nicht auf Gegenliebe, aber sie waren eine Chance, die Ermittlungen gegen Ionel voranzubringen.
»Unsere Katzen sind nicht so blöd. Also, bis gleich.«
»Bis gleich«, kam es resigniert aus dem Hörer.
Gisela düste durch die Dienststube. Schorsch und Erwin saßen auf ihren Stühlen und bewachten Richie, der weiterhin reglos auf dem Boden lag.
»Kann einer von euch zum Jakob rausfahren? Ich möcht nicht, dass der jetzt alleine ist. Danke. Pfiat’s euch.« Weg war sie.
Jakob saß auf der schattigen Parkbank auf dem Klosterberg und schaute hinüber zur Klosterschule. Seine Hände hatte er verschränkt, seine Daumen kreisten unablässig
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