Unter aller Sau
sich einer möglichen Strafvereitelung schuldig. Was das bedeutet, muss ich Ihnen ja wohl nicht erklären.« Schorsch überragte die Kröte um einen ganzen Kopf. Gleichzeitig machte er sich so breit wie möglich. Aus Giselas Perspektive sah es so aus, als würde er sie gleich an die Wand drücken und zerquetschen.
Wenn Schorsch motiviert war, dann konnte er durchaus den bösen Polizisten geben. Er war so glaubwürdig, dass die Kröte kleinlaut zur Seite trat. Die Schiebetür glitt leise zischend zur Seite und Schorsch verschwand dahinter. Kurz darauf hörte man heftiges Hämmern an die Türen, begleitet von Schorschs lauter Anweisung, sich sofort im Foyer zur polizeilichen Befragung einzufinden. Die Kröte huschte schnell an ihren Platz, griff zum Telefon und drückte die Wahlwiederholung.
»Ach ja, vielleicht könnten Sie mir doch bitte einen Milchkaffee machen, das wär allerliebst von Ihnen.«
Die Kröte antwortete auf Giselas freundliche Bitte mit einem schmalen Lächeln, das rasiermesserscharf war. Sie hob einen Zeigefinger, um anzudeuten, dass sie dem Wunsch gleich nachkommen werde. Vorher stieß sie noch ein paar rumänische Sätze in den Hörer, denen höchste Alarmstufe anzuhören war.
Gisela schmunzelte zufrieden. Der Milchkaffee kam zeitgleich mit sechs jungen Damen in Bademänteln und drei Herren im gesetzteren Alter, die mit roten Ohren und gesenktem Blick flüchten wollten.
»Moment!« Gisela stemmte sich hoch. »Nicht so schnell. Wenn Sie meinem Kollegen bitte die Personalien angeben würden.«
Schorsch zog dienstbeflissen einen kleinen Moleskine-Block aus seiner Brusttasche. Sie hatten unterwegs extra am einzigen Schreibwarengeschäft Niedernussdorfs gehalten, damit er sich das Notizbüchlein samt Kugelschreiber kaufen konnte.
»Wieso denn?« Ein glatzköpfiger Herr im Trachtenjanker blinzelte Gisela unruhig an. »Darf man jetzt nicht mal mehr zur Massage gehen?« Sein Aufbegehren glich einem zarten Windstoß.
»Doch, freilich«, antwortete Gisela. »Wir brauchen das nur für den Fall, dass wir noch Fragen in Zusammenhang mit einer Straftat haben.«
Alle drei Herren schauten fragend zur Kröte, die die Blicke an Gisela weitergab.
»Muss das wirklich sein?«
Gisela spielte die Zerknirschte.
»Ich befürchte, ja.«
Schorsch trat einen Schritt vor.
»Name?«, herrschte er den Herrn im Trachtenjanker an. Er war Grünhardinger, ebenso die beiden anderen. Nach Aufnahme der Daten entschwanden sie, und Gisela war sich sicher, dass sich die Ermittlungen schnell im Dorf herumsprechen würden.
Schorsch machte mit den Personalien der Damen weiter und steckte gerade sein Notizbüchlein weg, als Vlad Tomanovici in die Beautyfarm stürmte. Von Ruhe und Beherrschung war nichts zu spüren, im Gegenteil, er schoss wie ein tollwütiger Hund auf Gisela zu. Sie erwartete seinen Angriff in aufrechter Haltung, die Tasse gelassen zum Mund führend. In ihr aber war jeder Muskel angespannt. Schorsch hatte eine Hand prophylaktisch an seiner Dienstwaffe. Es war mehr als eine Drohgebärde, denn Schorsch war zu allem bereit, sollte Gisela in Gefahr sein.
»Was erlauben Sie sich!« Vlad Tomanovicis Spucke sprühte Gisela ins Gesicht. Sie nahm den Geruch von Pfefferminze wahr. Gisela fragte sich, ob er auf dem Weg hierher ein Bonbon gelutscht hatte, um trotz allem einen angenehmen Atem zu haben. Kurz bewunderte sie sein Bemühen, selbst in einer Gefahrensituation einen gewissen Stil zu wahren. Doch als die nächste Wortspucke ihr Gesicht benetzte, wünschte sie sich nur noch, dass er den Mund zumachte.
»Halten Sie Ihr Maul!« Gisela drückte Schorsch die halbvolle Tasse in die Hand. Sie zeigte dem Rumänen die Fotos seiner Landsleute. »Das sind Ihre Leute, oder?«
Vlad Tomanovici presste die Zähne zusammen. Er hatte nicht vor, eine Antwort zu geben. Gisela schwenkte das Foto im Halbkreis der jungen Damen herum.
»Diese Männer sind in mein Dorf gekommen, um mich und meine Männer zu bedrohen. Diese Männer haben ausgesagt, dass Sie alle hier als Prostituierte für Herrn Tomanovici arbeiten. Stimmt das?«
»Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, fuhr Vlad Tomanovici dazwischen. »Wen wollen Sie denn mit diesem Zirkus beeindrucken?«
Gisela ignorierte Vlad Tomanovici in ihrem Rücken.
»Ich will, dass die Morde an Danijela Andreikovici und ihrer Schwester Ionela aufgeklärt werden. Und jeder, der etwas darüber weiß, sich aber weigert, auszusagen, kann wegen Beihilfe verurteilt werden.«
Die Damen
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