Unter aller Sau
Schorsch. »Ich … ich wollt auch nicht zu ihm, sondern zu Ihnen.«
Jana schaute ihn misstrauisch an. Schorsch spürte den Schweiß kalt seinen Nacken runterlaufen.
»Ich wollte mich entschuldigen.« Schorsch hielt sich am Gartentürchen fest, als er merkte, wie sich der Gummi in seinen Knien verflüssigte. »Ich war wohl etwas … grob.«
Jana schaute ihn aus Katzenaugen an. Sie sagte nichts. Auf Schorschs Stimmbänder legte sich ein Kloß und verstopfte die Luftröhre. Sosehr er sich auch bemühte, nicht der kleinste Ton hatte eine Chance, da durchzuschlüpfen.
»Mir tut es auch leid.« Jana lächelte entschuldigend. »Ich hätte nicht weglaufen sollen.«
Der Kloß in Schorschs Hals löste sich auf.
»Oh, doch, doch, das … das war vollkommen richtig, ich hätte das auch nicht anders gemacht.«
»Ich mag keine Polizei.«
»Das … das … ist Ihr gutes Recht«, stammelte Schorsch.
»Sie sind anders. Sie entschuldigen sich.«
Schorsch freute sich über das Kompliment. Seine Ohren glühten.
»Das ist nur ein Grund, warum ich gekommen bin. Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
Jana stand unschlüssig in der Tür.
»Es wäre wichtig«, ergänzte Schorsch. »Sie würden mir einen großen Gefallen tun.«
Jana ließ Schorsch herein. Ihre Eltern waren dabei, das Haus zu putzen. Sie reinigten auf diese Art und Weise ihr schlechtes Gewissen, bei Lederer umsonst zu wohnen. Jana stellte Schorsch als einen Freund Lederers vor, der bei der Polizei eine hohe Position innehabe. Ihre Eltern wunderten sich, wie viele Polizisten in Janas Leben plötzlich eine Rolle spielten. Aber sie glaubten allen Erklärungen ihrer Tochter. Aus Liebe, was bei Jana solche Schuldgefühle auslöste, dass sie ihrer Mutter manchmal nicht mehr ins Gesicht schauen konnte.
Nachdem Schorsch seine Bitte vorgebracht hatte, begleitete Jana ihn unter einer Bedingung nach Niedernussdorf: Sie wolle den beiden Rumänen nicht gegenübertreten. Sie würde übersetzen, aber ohne sich zu zeigen. Schorsch versprach ihr das nach Rücksprache mit Gisela, die mit Doktor Rothaler bereits auf dem Weg zurück ins Dorf war.
Vlad Tomanovici wartete währenddessen ungeduldig auf den Telefonanruf der beiden angeheuerten Rumänen. Eine Stunde nach dem vereinbarten Termin fuhr er nach Niedernussdorf, ohne der Bürgerwehr ins Netz zu gehen. Er ahnte Schlimmes, und als er nirgends in dem Dorf Anzeichen für einen Brand bemerkte, wusste er, dass der Plan fehlgeschlagen hatte. Er parkte im Schatten eines Wohngebäudes, das schräg gegenüber der Polizeistation lag, zog sein Handy hervor, wählte die Nummer der Wache.
Erwin meldete sich freundlich. Vlad erkundigte sich nach den Rumänen. Stille am anderen Ende, gefolgt von Erwins zittriger Lüge, er wisse nichts von irgendwelchen Rumänen. Wer denn überhaupt dran sei, wollte er noch wissen. Vlad drückte die rote Hörertaste.
Ein Smart bog auf den Parkplatz der Polizeistation ein. Gisela und Doktor Rothaler stiegen aus, betraten das Gebäude. Was immer da vor sich ging, Vlads Geduld hatte ein Ende. Er würde zur radikalsten Lösung greifen, um dieser Dorfpolizistin zu zeigen, wer hier die Regeln machte. Er wählte die Nummer seines Geschäftspartners in Bukarest und forderte die
Bloody Devils
an. Vlad wollte keine erneute Zeitverschwendung mit Amateuren, wie er die beiden Rumänen mit grollender Stimme nannte. Sein Geschäftspartner versprach, die Rockergang sofort loszuschicken. Die
Devils
würden außerdem den Auftrag haben, die beiden Rumänen zu befreien, denn Vlad konnte sich keine Aussagen leisten, die ihn in die Nähe der organisierten Kriminalität rückten.
Am liebsten wäre Vlad selbst in die Polizeistation marschiert und hätte alles mit den Waffen, die er unter dem Ersatzreifen im Kofferraum mitführte, geregelt. Aber die Zeiten, in denen er Probleme eigenhändig löste, waren lange vorbei. Er war inzwischen ein Geschäftsmann mit weißem Kragen und sauberen Händen. Das schwarze Monster in ihm zerrte trotzdem bisweilen an der Kette, um losgelassen zu werden. Noch hielt die Kette der ungeheuren Kraft stand.
Erwin berichtete Gisela brühwarm von dem Anruf.
»Da kommt noch was auf uns zu, so schwer wie der geschnauft hat«, konstatierte er. »Ich denk, wir sollten zumachen und vorerst daheimbleiben.«
»Ja, das tät dir so passen«, erwiderte Gisela. »Den Schwanz ziehen wir vor niemandem ein.«
Doktor Rothalers Untersuchung der beiden Rumänen dauerte eine knappe Viertelstunde. Er
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