Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
spreizen lange Bänder, wenn sie eingedrückt werden, die dann das Schloss in seiner Halterung freigeben und es einfach herauslösen lassen. Mich wundert nur, dass sie nach so langer Zeit noch so gut funktionieren. Ich hätte eigentlich gedacht, dass dieser Mechanismus Rost angesetzt hätte und sich nur schwer wieder zu seiner Funktion bringen ließe. Aber so ist es mir natürlich auch recht.«
Die Männer stimmten ihr zu. Jeder war gespannt darauf, was sich wohl hinter dieser Tür verbergen mochte. Aber gleich müsste es soweit sein und ihre Neugier würde befriedigt. Dann war es soweit und das Schloss fiel hinter der Türe einfach zu Boden, als es die Führung der Türdurchdringung verloren hatte. Die Männer steckten ihre Schwerter wieder weg und begannen unaufgefordert, die Türflügel nach innen zu drücken. Nur der Linke, in dem sich auch das Schloss selbst befunden hatte, ließ sich öffnen. Zwar nur schwer, aber es gelang ihnen schließlich, ihn so weit zu öffnen, dass ein Mann von ihrer eigenen Statur gut hindurchpasste, wenn er sich ein bisschen klein machte. Doch es war Whenda, die zuerst durch den Türspalt hindurchschlüpfte. Sie ließ sich sogleich eine Fackel reichen, denn die Dunkelheit war auch ihr etwas unheimlich. Was sie dann im Lichte der Fackel sah, war das, was sie erhofft hatte. Der Raum vor ihr schien sich noch im selben Zustand zu befinden, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Es war ein sonderbares Gefühl für die Anyanar, nun wieder an einem Ort zu sein, der seit 1.500 Jahren von niemandem mehr betreten worden war. Sie ging einige Schritte weiter und konnte nun besser die langen aufgereihten Waffenständer erkennen, in denen sich noch immer die Waffen und Rüstungen befanden, die dort vor so langer Zeit abgestellt worden waren. Inzwischen waren auch fast alle Männer Gelams in den Raum gelangt und erhellten diesen mit ihren Fackeln. Turgos, der hinter ihr stand, war der Erste, der aus dem Staunen herauskam und Whenda fragte, ob sie denn sicher sein könnten, dass die Waffen und Rüstungen nach so vielen Jahren noch in einem brauchbaren Zustand seien. Whenda gab ihm keine Antwort, sondern ging auf einen der alten Waffen- und Rüstungsständer zu und wischte mit der Hand den Staub vom Brustharnisch einer der Rüstungen. Sofort sahen alle den Glanz, der darunter zum Vorschein kam, nachdem die dicke Staubschicht entfernt war, die die vielen Jahrhunderte hier zurückgelassen hatten.
»Sind diese Rüstungen aus Gold?«, wollte Gelam wissen, der bisher einfach nur darüber gestaunt hatte, dass die Rüstungsständer bis weit in die Dunkelheit des Gewölbes führten, die nicht mehr vom Lichte der Fackeln erhellt wurde. Schon wo sie jetzt standen, konnte man sehen, dass es noch mindestens fünfzehn bis zwanzig dieser Ständerreihen gab.
»Nein, Verwalter, sie glänzen nur wie Gold, aus welcher Metalllegierung sie bestehen, weiß ich nicht zu sagen. Ich habe mich nie mit den Künsten der Metallverarbeitung befasst.«
Turgos war beruhigt, dass es endlich einmal etwas gab, über das Whenda nicht so genau Bescheid wusste, dass er sich selbst dabei wie ein Kind vorkam. Aber auch er hatte durch den Glanz des Brustharnisches geblendet geglaubt, dass es sich hierbei um Gold handeln müsse. Wenn es vielleicht auch nur vergoldetes Eisen war. Whenda nahm nun den Harnisch aus seiner Halterung. Sie sah, wie spröde das Holz war, und wunderte sich, dass es noch nicht so morsch war, dass es unter dem Gewicht zusammenbrach. Sie stellte den Harnisch neben dem Ständer an die Wand und befahl einem der Soldaten, diesen mit seinem Schwert zu prüfen. Der Mann tat, wie es ihm aufgetragen wurde, und stach mit aller Kraft in die Mitte des Brustpanzers. Doch sein Stich, obwohl entschlossen und zielsicher angesetzt, glitt einfach zur Seite hin ab und hinterließ nur einen kleinen Kratzer auf dem Harnisch.
»Donnerwetter«, murmelte Turgos und Gelam kratzte sich am Hinterkopf. Dass das Schwert vielleicht nicht tief eindringen konnte, mochten sie noch verstehen. Dass es aber ganz abgeglitten war, verwunderte sie doch sehr. Unter dem Harnisch hing noch ein Kettenhemd, welches durch dünne Stahldrähte so gebunden werden konnte, dass es fast jedem Manne oder sogar jeder Frau passte, wenn er oder sie nicht gar zu dick oder zu klein war. Whenda nahm es herunter und gab es Turgos zur Ansicht, um den sich sofort die anderen Soldaten scharten, um selbst einen Blick darauf werfen zu können. Turgos erkannte sofort, dass er noch
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