Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Widerspruch erschuf um des Widerspruches willen. Oder einen Grund erfand, um dessen man sich aufregen konnte. Vielleicht war es ihr auch nur daran gelegen, ihren Stern mit Schönem zu messen und ihn dabei besser aussehen zu lassen. Die Gedanken wurden ihr nun zu viel und sie wollte nicht in einer endlosen Schleife alles ständig neu, doch mit dem gleichen Ergebnis, weiter denken müssen. Was machte es auch für einen Sinn, Gedanken nachzugehen, deren Grundannahmen nicht richtig waren? Eilirond liebte es, sich über die Dinge des Seins Gedanken zu machen. Sollte er das Rätsel lösen, wenn die Zeit dafür gekommen war. Valralka wunderte sich jedoch selbst darüber, dass diese Erkenntnis sie so zum Lachen gebracht hatte. Vielleicht war es eine Unwahrheit um der Unwahrheit willen, begann sie den Gedanken erneut fortzuspinnen.
Es klopfte an der Tür und Leanda kam herein. Sie hatte noch einen Mann bei sich, der wie sie selbst viele Bücher und Pergamente in den Raum trug. Valralka vergaß sofort ihre Gedanken und wies den beiden Besuchern einen Platz am Tisch zu, wo sie ihre Sachen ablegen konnten. Der Mann verbeugte sich vor Valralka und verließ sofort wieder das Zimmer. Valralka sah Leanda an und erwartete eine Erklärung für die Sachen, die diese mitgebracht hatte.
»Meine Königin«, begann diese sogleich, »nach meiner Zeichnung habe ich all unsere Archive auf ein Gegenstück durchforstet.« Sie hielt kurz inne. »Aber ich habe keines gefunden.«
»Soll das heißen, dass es meinen Sämling gar nicht gibt?«, wollte Valralka wissen.
Leanda sah das Lächeln um den Mund der Königin. Es schien ihr sogar zu gefallen, dass sie ein besonderes Pflänzchen ihr eigen nennen durfte, fand Leanda. »Nein, es heißt nicht, dass es den Sämling nicht gibt. Es heißt nur, dass wir nichts Vergleichbares in unseren Archiven finden können.«
»Welchen Schluss ziehst du daraus, Leanda?« Valralka sah sie auffordernd an.
»Entweder ist es ein Sämling von einer Pflanze, die weit im Norden dieser Welt ihren Ursprung hat. Oder der Samen kommt gar aus Alatha selbst, was ich jedoch nicht glaube.«
»Wieso magst du das ausschließen?« Valralka hätte es gerne gesehen, wenn sie etwas aus den heiligen Landen besessen hätte.
»Nun, Königin, wenn dem so wäre, dann hätte sicher einer unserer Meister diese Pflanze beschrieben und auch Zeichnungen davon angefertigt. Doch es ist keine Beschreibung oder gar Zeichnung davon zu finden.«
Valralka ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. »Also bleibt uns nur der Norden als Heimat des Sämlings«, stellte sie fest.
Die Gärtnerin nickte. Doch noch etwas anderes lag in ihren Augen, das Valralka kurz erschreckte.
»Sprich, du willst noch etwas sagen«, forderte sie Leanda auf.
»Herrin, was ist, wenn der Sämling in böser Absicht gezüchtet wurde?«
Valralka wollte dies gerade als absurd bezeichnen, doch sie besann sich eines Besseren. »Wie meinst du das, Gärtnerin?« Sofort ärgerte sie sich über die Schärfe in ihrer Stimme. Wie sollte jemand frei und ohne Vorbehalte sprechen und auch seine Meinung sagen, wenn der Empfänger der Botschaft schon voreingenommen war? Noch ehe Leanda begann, bat Valralka sie um eine ehrliche Meinung und sagte ihr, dass sie nicht hochfahrend sein wollte.
Leanda fragte sie, ob sie die Geschichte der Nornen kannte.
Valralka nickte. »Soweit sie alle kennen.« Valralka erkannte, dass Leanda mit jemandem über ihren Sämling gesprochen hatte. Nun kam Zorn in ihr auf. Denn das hatte sie ihr ausdrücklich untersagt. »Mit wem hast du über die Pflanze gesprochen?«, wollte sie wissen. Jetzt war es ihr egal, wie sie sich für die Frau anhörte. Es war unerhört, dass schon wieder jemand gegen ihren ausdrücklichen Befehl gehandelt hatte. Valralka lief rot an und Leanda wich ein wenig vor ihr zurück. Durch ihren dunklen Teint wirkte die Röte ungleich bedrohlicher als bei jemandem mit ganz heller Haut. Valralka geriet immer mehr außer sich. Leanda sah dies und sprach kein Wort. Sie rechnete jeden Augenblick mit einem Wutausbruch Valralkas. Diese ging ans Fenster und schaute hinunter auf die Stadt, um sich wieder zu beruhigen. Dann drehte sie sich um.
»Hast du mit jemandem über den Sämling gesprochen?«
»Ja, Herrin«, bestätigte ihr Leanda.
»Derjenige mit dem du sprachst, weiß diese Person, dass die Pflanze, deren Namen du für mich suchst, sich in meinem Besitz befindet?«
»Nein, Herrin.«
Dies beruhigte Valralka etwas. »Kann sich
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