Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Whenda, Statthalterin von Fengol und Erste nach dem Fürsten selbst.«
Whenda hatte gemerkt, dass der Mann sie erkannt hatte. Dies konnte er nur, wenn er das große Fresko im Thronsaal der Fürsten gesehen hatte, auf dem alle verewigt waren, die einst noch in den Landen Ilvaleriens für Fengol in Amt und Würden waren. Wenja selbst hatte dieses Fresko in Auftrag gegeben und die Skizzen dafür angefertigt. Auch standen dort Statuen, die den Edlen aus alten Tagen nachempfunden waren. Selbst Anaron, dieser Narr, hatte dort seinen Platz gefunden, damit immer an seinen Verrat erinnert wurde. Whenda selbst war es gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass auch Anjuliel dort ihren Platz fand. Denn Wenja die Rote war noch nicht geboren, als Anjuliel vor dem versammelten Volke den Fürsten krönte und ihm die Insignien seiner Macht überreichte.
»Ist der Ring des Erben Fengols noch in der Festung?«, wollte sie wissen.
»Soweit ich weiß, ja, Herrin. Doch die Schatzkammer darf niemand betreten. Sie ist, so glaube ich, vor langer Zeit zugemauert worden und viele andere Räume mit ihr.«
»Erhebe dich, Humir«, forderte sie den Mann auf, der noch immer vor ihr kniete. »Und kein Wort zu niemandem. Keiner darf wissen, wer ich bin.«
»Weiß es dein Gefährte …?«
»Nein, und das soll vorerst auch so bleiben.«
»Jeder hier in unserem Land hat dem Fürstenhaus die Treue geschworen«, sagte er dann. »Mit unserem zwanzigsten Lebensjahr, wenn die Ausbildung zum Soldaten abgeschlossen ist, müssen wir diesen heiligen Eid leisten.«
»Und?«, wollte Whenda wissen.
»Solange du unter uns bist, gilt der Eid dir, Statthalterin. Denn du bist die Einzige in der Welt, die in unseren Augen Amtsgewalt in den Landen von Fengol haben kann.«
»Lass dies nur nicht den Verweser Mago wissen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Macht teilen will.«
»Da liegst du falsch«, nahm Humir Mago in Schutz, den Whenda ja nicht kannte. »Er ist ein ehrenhafter Mensch und wird sich dir ohne Wenn und Aber unterordnen, wenn er erfährt, wer du bist.«
»Trotzdem, ich will nicht, dass es jemand erfährt.«
Humir gab ihr zu verstehen, dass er sie verstanden hatte, und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. »Was sollen wir jetzt tun, Herrin?«, wollte er wissen.
Whenda überlegte, entschied sich dann jedoch dafür, dass sie zuerst abwarten mussten, wie die Schlacht ausgegangen war. Humir sollte im Hause des Verwalters mit einem guten Bekannten reden, den er vorgab, dort zu kennen. Whenda musste unbedingt erfahren, wie es um Xenorien stand. Sie verließ Humir, der nun eine Aufgabe zu erfüllen hatte, und kehrte zu Turgos zurück. Diesem erzählte sie, was sie von Humir erfahren hatte. Sie ließ jedoch den Teil der Geschichte aus, in dem es um sie gegangen war. Turgos sollte noch nicht erfahren, wer sie in Wirklichkeit war. Denn für alles gab es eine Zeit. Und die Zeit, zu der er dieses Wissen erhalten sollte, war noch nicht gekommen. Vielleicht würde sie auch nicht kommen. Es bestand eine große Gefahr, dass sie bald fliehen mussten. Whenda hatte kein gutes Gefühl, was den Stand des Krieges in Xenorien betraf. Wenn er für die Getreuen Fengols schlecht verlief, würden sie ausgelöscht werden. Eine Frage beschäftigte Whenda noch, als sie dann kurz vor dem Einschlafen war. Wieso verbündeten sich die Thaine gegen Xenorien? Ohne Grund hatte der Verweser sicher nicht den ganzen Norden der Thainate gegen sich.
Humir würde ihr am nächsten Tage auch nichts Neues berichten können. Denn gerade, als er das Verwaltungsgebäude betreten wollte, kam der Verwalter mit seiner Entourage heraus und befahl ihm, sie zu begleiten. Eflohr wollte sich selbst ein Bild von der Lage draußen im Land machen und hatte beschlossen, das Heer Magos zu suchen. Zu widersprüchlich waren die Nachrichten, die er erhielt. Er musste selbst herausfinden, was vor sich ging. War Mago nun geschlagen und das Heer vernichtet oder nicht? Humir konnte sich diesem Befehl schlecht wiedersetzen und so holte er sich, wie befohlen, mit anderen Männern ein Pferd aus den Ställen und ritt mit Eflohr gen Westen davon.
Ein Baum wächst heran
Tharvanäa, 12. Tag des 7. Monats 2515
Mehr als zwei Wochen waren vergangen, seit Valralka mit den Gärtnern das weitere Vorgehen bezüglich ihres Sämlings besprochen hatte. Seit diesem Tag besuchte sie des Öfteren die Gewächshäuser des Palastes, wie es auch ihre Mutter immer zu tun pflegte, wenn sie sich entspannen wollte. Früher
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