Unter deinem Stern
Simon und die Engel zusammen in Paris.
Inzwischen waren sie auf dem Rückweg ins Hotel. Nach dem anstrengenden Tag wollten sie ein Bad nehmen und sich umziehen, bevor sie sich auf die Suche nach einem Restaurant begaben.
Claudie freute sich auf den Abend. Alle Anspannung war verflogen. Simon und sie hatten viel Spaß miteinander, und zum ersten Mal seit Monaten hatte Claudie sich den ganzen Tag über unbeschwert gefühlt.
»Soll ich in einer Stunde an deine Tür klopfen?«, fragte Simon, als sie vor ihren Zimmern standen.
Claudie nickte und ging hinein. Sie war heilfroh, dass Kristen sie dazu gedrängt hatte, sich ein paar neue Kleider zu kaufen. Sie wagte gar nicht, sich vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn sie grau in grau durch Paris hätte bummeln müssen.
Als sie vor ihrem Kleiderschrank stand und überlegte, was sie für den Abend anziehen sollte, hörte sie eine dünne Stimme von ihrem Schminktisch.
»Jalisa?«
»Hallo, Claudie. Ich wollte mal hören, wie dir zumute ist nach dem Besuch von Notre-Dame.«
»Oh! Gut, danke.«
»Komm her und lass uns ein bisschen plaudern«, sagte Jalisa.
»Aber ich muss mich fertig machen für –«
»Nur ein paar Minuten.«
Claudie lächelte. Sie wusste, wann Jalisa es ernst meinte, und setzte sich auf den Stuhl vor dem Schminktisch. »Was möchtest du denn wissen?«
Jalisa grinste. »Ich wollte mich einfach nur ein bisschen mit dir unterhalten. Du weißt doch, dass ich alle paar Tage einen Bericht zu schreiben habe. Das ist zwar lästig, aber notwendig. Außerdem ist mein Chef mir aufs Dach gestiegen, weil ich einen Abschnitt auf deinem Formblatt immer noch nicht ausgefüllt habe.«
»Ach ja? Welchen denn?«, fragte Claudie, obwohl sie sich nicht ganz sicher war, ob sie die Antwort wirklich hören wollte.
»Den mit der Überschrift WBN.«
Claudie runzelte die Stirn. »Was heißt das?«
»Wieder bereit für einen Neuanfang«, sagte Jalisa und errötete leicht, wie stellvertretend für Claudie.
»Verstehe«, sagte Claudie. »Habt ihr denn einen bestimmten Termin, bis zu dem dieser Abschnitt ausgefüllt sein muss?«
»Nicht direkt, aber wir bekommen ziemlichen Druck von oben, pro Monat so viele Fälle wie möglich abzuschließen. Vergangenen Monat wurde der Rekord gebrochen, deswegen ist der Druck natürlich jetzt noch größer.«
»Ich wüsste nicht, wie ich euch helfen könnte«, sagte Claudie aufrichtig.
Jalisa funkelte sie wütend an. »Claudie, du bist die Einzige, die mir helfen kann! Hör zu. Ich war heute den ganzen Tag über in eurer Nähe, und mir ist nicht entgangen, wie ihr beide euch dauernd angesehen habt. Simon ist ein anständiger Kerl, Claudie, und er ist offenbar bis über beide Ohren in dich verliebt. Oder hast du das etwa noch nicht bemerkt? Claudie?«
»Ich –«, stotterte Claudie. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Jalisa zupfte unruhig an ihrem Pullover. »Dieser Schritt ist nie einfach, doch du musst dein Leben endlich wieder in die Hand nehmen.«
»Das weiß ich.«
»Was empfindest du also für Simon?«
Claudies Augen füllten sich mit Tränen. »Ich mag ihn.«
»Na, das ist ja schon mal ein Anfang«, sagte Jalisa freundlich. »Warum klingst du dann so traurig?«
»Weil ich Luke immer noch liebe«, flüsterte Claudie.
»Du wirst nie aufhören, Luke zu lieben. Er wird für immer ein Teil von dir bleiben, Claudie, trotzdem darfst du dich nicht vor dem Leben verschließen. Du musst in deinem Herzen Platz für einen anderen schaffen. Ich weiß, dass du das kannst. Du hast so viel Liebe in deinem Herzen, du solltest sie dort nicht wie in einem Kerker einschließen. Du bist jung, du bist schön, und die Liebe wartet nur auf dich.«
»Glaubst du?«
»Ich weiß es! Und im Grunde deines Herzens weißt du es auch. Nicht wahr?«, fragte Jalisa und reichte ihr ein Kleenex.
Claudie wischte sich die Augen. »Keine Ahnung, wie ich das anstellen soll. Allein dass ich hier bin, gibt mir das Gefühl, als würde ich Luke betrügen. Dabei war Simon heute so verständnisvoll. In der Kapelle von Sacré-Cœur hat er sogar eine Kerze für Luke angezündet. Das hat mich sehr berührt. Er ist unglaublich einfühlsam.«
»Das stimmt allerdings.«
»Ich weiß einfach nicht, ob ich wirklich schon so weit bin.«
»Aber du magst ihn, und er mag dich. Wo ist das Problem?«, fragte Jalisa ganz langsam.
»Ich hab Angst«, gestand Claudie nach kurzem Schweigen. »Ich fürchte mich vor dem Schmerz, den man durch die Liebe erfahren kann. Ich habe
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