Unter deinem Stern
einen bezaubernden bernsteinfarbenen Pullover an. Die Farbe ließ ihre braunen Augen leuchten wie frische Kastanien, und ihr Gesicht glühte wie das eines Botticelli-Engels. Simon musste sich fast Gewalt antun, um seinen Blick von ihr loszureißen.
Und die Stiefel, in denen sie neben ihm herschlenderte, waren absolut sexy: schwarz, eng anliegend und so hoch, dass sie unter ihrem kurzen schwarzen Rock gerade genug Bein sehen ließen. Simon konnte beim besten Willen nicht verstehen, warum sie sich nicht häufiger so ansprechend kleidete. Er hatte beinahe das Gefühl, dass es seine Verantwortung als Mann war, ihr zu sagen, wie schön sie war und wie gut ihr diese farbenfrohen Sachen standen.
Trotzdem durfte er sie auf keinen Fall dauernd anstarren, und er durfte sich erst recht nicht weiterhin seinen lüsternen Tagträumen hingeben.
Am schwersten fiel es ihm, nicht auf ihre Brüste zu glotzen, die so hübsch appetitlich unter ihrem Pullover wippten. Er verfluchte sich dafür, ein Mann zu sein. Es gehörte sich einfach nicht, eine Frau, die erst vor kurzem zur Witwe geworden war, begehrlich anzusehen. Andererseits – wie sollte er sich ihr gegenüber verhalten? Als er ihr damals in dem Antiquariat zum ersten Mal begegnet war, da war sie ihm fast unwirklich erschienen. Wie ein Engel. Aber dann hatte sie sich vor seinen Augen in eine Frau aus Fleisch und Blut verwandelt.
»Alles in Ordnung?«, fragte Claudie unvermittelt.
Simon zuckte zusammen. Er fühlte sich ertappt, als hätte sie seine unanständigen Gedanken gelesen.
»Simon?«
Hatte er sich das eingebildet, oder war da eine gewisse Sehnsucht mitgeschwungen, als sie seinen Namen aussprach?
»Äh –«, stammelte er, während er verzweifelt überlegte, was er sagen konnte, um seinen bescheuerten Gesichtsausdruck zu erklären. Dann fiel ihm etwas ein. »Ich wollte dir noch das mit neulich abends erklären. Als Felicity plötzlich bei mir aufgetaucht ist.«
»Ist schon gut«, sagte sie leichthin.
»Ich wollte dich eigentlich anrufen, aber ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte.«
»Du hattest ein Problem. Das ist verständlich.«
Simon überlegte. Konnte es sein, dass diese Frau wirklich existierte? Oder war das alles zu schön, um wahr zu sein? Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie wegen der geplatzten Verabredung sauer war, stattdessen hatte sie Verständnis für ihn. Wahrscheinlich war sie tatsächlich ein Engel.
Er räusperte sich. »Vielleicht könnten wir es noch einmal versuchen – heute Abend zum Beispiel?«
»Du meinst mit einem Abendessen?«
Simon nickte. »Ich lade dich ein.«
Claudie lächelte. »Abgemacht.«
»Super.«
»Wo gehen wir jetzt hin?«, fragte Claudie, als sie an einem Zebrastreifen stehen blieben.
»Ich weiß nicht. Irgendwelche Vorschläge, kleine Französin?«
Claudie lachte. »Wieso glaubt eigentlich jeder, alle Franzosen würden sich in Paris auskennen wie in ihrer Westentasche?«
»Soll das etwa heißen, du kennst dich hier nicht aus?«
»Na ja, ich bin erst einmal hier gewesen, da war ich acht Jahre alt, und meine Mutter hat mich von einer Boutique in die nächste geschleift, ich habe also nicht viel von der Stadt zu sehen bekommen. Ich kann mich an nichts anderes erinnern, als an tausend Umkleidekabinen und tausend Klamotten, die meine Mutter anprobiert hat.«
»Aber deine Mutter lebt doch hier in Frankreich, nicht wahr?«
Claudie nickte. »Unten im Süden. Mit einem schrecklichen Mann, dem Hüte wichtiger sind als Menschen.«
Simon nickte, als verstünde er, was sie meinte. »Das heißt also, keiner von uns hat den leisesten Schimmer, wohin wir gerade unterwegs sind?«
»Sieht ganz so aus.«
»Großartig! So gefällt es mir am besten.«
Simon und Claudie schlenderten ziellos durch die Stadt und gingen schließlich an der Seine entlang, bis sie die Silhouette von Notre-Dame vor sich sahen.
Simon sah Claudie an, und sie verstanden einander sofort.
»Los, komm!«, sagte er, und Claudie nickte.
Claudie war zwar in Frankreich geboren, aber sie war noch nie auf dem Turm von Notre-Dame gewesen, und sie freute sich, dass Simon jetzt vorschlug hinaufzugehen. Schließlich herrschte klares Wetter, und die Aussicht von dort oben war bestimmt fantastisch. Das Tollste war, dass die Engel sie auf dem Turm erwarteten.
Claudie gab sich alle Mühe, ihre Verblüffung zu verbergen, als sie die fünf kleinen Gestalten auf einem Wasserspeier entdeckte.
»Hast du wirklich geglaubt, wir würden den ganzen
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