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Unter deinem Stern

Unter deinem Stern

Titel: Unter deinem Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Connelly
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irgendeine Vorstellung ankündigten. Aber dort, halb versteckt unter einem anderen Aushang, lugte etwas hervor, was Claudies Neugier weckte.
    Hallo, Naturfreunde! Kommt zu uns und engagiert euch für eure Umwelt!
    Darunter war ein Foto, auf dem gut gelaunte junge Leute zu sehen waren, die an einem wunderschönen Strand Müll einsammelten. Claudie lächelte. Das wäre doch mal was ganz anderes, die Wochenenden in der freien Natur zu verbringen. Ein bisschen Bewegung konnte sie gut gebrauchen, und die frische Luft würde ihr auch gut tun. Sie nahm ihren Terminkalender aus der Handtasche und notierte sich die Telefonnummer.
    »Das soll wohl ein Witz sein!«, rief Kristen aus, als Claudie ihr davon erzählte.
    »Das macht bestimmt Spaß, Kristen!«
    »Du hast mich doch nicht etwa angemeldet?«
    »Nein, noch nicht, aber –«
    »Na, dann ist es ja gut. Denn ich habe nicht vor, die Wochenenden bis zu den Hüften im Schlamm zu verbringen.«
    »Möchtest du denn nicht was für die Umwelt in unserer Region tun?«
    »Nein. Eigentlich nicht«, sagte sie und fügte hinzu, als sie Claudies tadelnden Blick bemerkte: »Komm schon, Claudie, kannst du dir im Ernst vorstellen, wie ich in Gummistiefeln und Latzhose Gräben aushebe und durch Bäche wate?«
    Claudie betrachtete Kristen von oben bis unten: die Betonfrisur, die jedem noch so scharfen Wind widerstand, der von der Nordsee her durch Whitby fuhr, das schicke Kostüm, die mit Volants besetzte Bluse, das perfekte Make-up.
    »Na ja, in dem Aufzug könntest du so was natürlich nicht tun«, sagte sie.
    »Außerdem«, sagte Kristen, »hab ich mir gerade erst die Nägel machen lassen.«
    »Dann werde ich wohl allein dort hingehen müssen, was?«
    Kristen runzelte die Stirn. »Versprich mir nur, dass du dich nicht in so eine langweilige Umweltschützerin verwandeln wirst, die Grün wählt und nur noch organischen Möhrensaft trinkt.«
    Claudie kicherte. »Versprochen.«
     
    Kristens Kleiderschrank enthielt wahrscheinlich kein einziges Teil, das älter als zwei Jahre war, Claudie dagegen besaß jede Menge Kleidungsstücke, denen es nichts ausmachen würde, wenn sie damit durch schlammige Bäche watete. Das einzige Problem waren ihre Schuhe. Seit ihrer Kindheit, als es immer geheißen hatte, »ein Paar ordentliche Stiefel« seien unentbehrlich, hatte sie keine festen Schuhe mehr besessen. Pech, dachte sie, als sie ihre weißen Sportschuhe anzog. Die würden schon keine begeisterte freiwillige Helferin wegschicken, bloß weil sie keine Stiefel trug.
    »Ich hoffe, du hast dir was anderes für die Füße mitgebracht«, sagte eine sehr schlanke junge Frau mit langen Zöpfen eine halbe Stunde später, als sie Claudies weiße Sportschuhe sah. »Da gehen wir heute hin«, fügte sie hinzu und zeigte auf ein morastiges Feld, hinter dem ein großer Teich lag.
    Claudie biss sich auf die Lippe. Es blieb keine Zeit, um noch mal nach Hause zu fahren. Der Minibus, der die Freiwilligen aus Whitby abgeholt hatte, war bereits unterwegs. Jetzt hatte sie den Salat, und so sehr es ihr widerstrebte, sie musste Kristen Recht geben.
    »Ich brauche zwei Leute hier, die den Wildwuchs wegmachen, und drei weitere, die den Weg in Ordnung bringen«, sagte ein junger Mann. Claudie blickte auf und schaute in ein schönes, braun gebranntes Gesicht und zwei unglaublich blaue Augen. Das dunkle, wellige Haar des Mannes war ein bisschen zerzaust, so als wäre er durch den Regen gelaufen und hätte keine Zeit gehabt, sich zu kämmen, und seine Schultern waren so breit und kräftig, als hätte er von klein auf nichts anderes getan, als Felsbrocken zu verrücken und Fußwege anzulegen.
    Claudie war auf der Stelle hingerissen.
    »Du?«, sagte er und lächelte sie an.
    »Ich?«, fragte Claudie verunsichert.
    »Mit diesen Schuhen willst du doch bestimmt nicht im Wasser rumwaten, oder?«
    Claudie brachte keinen Ton heraus und schüttelte nur den Kopf.
    Drei Stunden lang tat sie alles, was man ihr auftrug.
    »Nicht so viel kappen«, sagte jemand, der ihr mit seiner Gartenschere gefährlich nahe kam. »Wir wollen das Zeug nur zurückschneiden.«
    »Es geht nicht um Zerstörung, sondern um Erneuerung.«
    »Man muss lernen, nicht nur von der Natur zu nehmen, sondern ihr etwas zurückzugeben.«
    Claudie nickte, lächelte und arbeitete so hart wie noch nie in ihrem Leben. Alles lief gut, bis sie sich an einer zerbrochenen Flasche verletzte.
    »Unfall!«, rief jemand, und alle Augen richteten sich auf Claudies bluttriefende

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