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Unter deinem Stern

Unter deinem Stern

Titel: Unter deinem Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Connelly
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zu sehen, doch das lag vielleicht an dem eisigen Wind.
    Schweigend saßen sie noch eine Weile auf dem Felsen, hielten sich an den Händen und schauten aufs Meer hinaus.

15
    Es gab nicht wenige Männer im Büro, die auf Mandy abfuhren, aber Simon gehörte nicht zu ihnen. Bei dem verzweifelten Versuch sie abzuwimmeln, als sie ihn in der Kantine umgarnt hatte, war er sogar so weit gegangen zu behaupten, er hätte eine Freundin.
    »Ach, Simon! Du musst mir unbedingt alles erzählen!«, hatte Mandy ihn bestürmt, während sie sich ein Stück Schokolade in den Mund schob. Sie knabberte immer an irgendetwas herum, hatte stets eine Tüte Chips oder eine Schachtel Kekse in Reichweite, und ihre Schreibtischschublade wäre ein wahres Paradies für Mäuse gewesen, wenn sie da noch hineingepasst hätten.
    Simon hatte irgendetwas Unverständliches vor sich hin gemurmelt und war aufgestanden, um sich noch eine Tasse Kaffee zu holen.
    Während er an seinem Kaffee nippte, tauchte die Mondscheinfrau wieder vor seinem geistigen Auge auf: ihr cremeweißer Teint, das glänzende braune Haar verlockend dicht vor seinem Gesicht. Simon hatte noch nie eine Frau gesehen, die so zart war. Dabei war sie keinesfalls anorektisch, nein, es war eine natürliche Zartheit. Dazu dieser leichte französische Akzent. Warum übte sie nur eine solche Anziehungskraft auf ihn aus?
    Vor allem besaß sie eine Sanftheit und Anmut, die Simon bei den meisten Frauen vermisste.
    Wenn er sich doch mit ihr verabreden könnte. Er überlegte, wie sie heißen mochte und wo sie sich treffen könnten. Ob sie wohl in Whitby wohnte? Wenn ja, warum hatte er sie bisher noch nie gesehen? Vielleicht war sie ja eine Urlauberin. Eine französische Touristin, die in englischen Antiquariaten herumstöberte und sich ansehen wollte, wie es in englischen Pubs zuging.
    Aber leider hatte er in der Mittagspause keine Verabredung mit ihr. Er musste Futter für Pumpkin einkaufen. Und hatte er dem armen Kerl nicht versprochen, ihm einen Gefährten zu besorgen?
    Simon trank seine Tasse aus und ging nach draußen. Auf dem Weg zur Zoohandlung überlegte er, ob es mondscheinsilberne Goldfische gab, denn er würde Pumpkin die heißeste Goldfischdame mitbringen, die er auftreiben konnte.
     
    Als am späten Abend nichts Essbares mehr im Haus zu finden war, sagte Claudie Daniel gute Nacht. Während er sich duschte, zog sie sich in ihrem Schlafzimmer aus und wartete, bis die Luft rein war.
    Sie fragte sich, was Daniel wohl von dem Gene-Kelly-Poster an der Badezimmertür hielt, und musste daran denken, wie Luke protestiert hatte, als sie es aufgehängt hatte.
    Luke hatte damals die Augen verdreht und gestöhnt: »Ich will mich nicht jedes Mal beglotzen lassen, wenn ich aus der Dusche komme!«
    Claudie hatte nur gelacht. »Sei doch nicht so eitel. Er wird dir schon nichts weggucken!«
    »Aber ich will auch nicht, dass er meine Frau beglotzt.«
    Es gefiel ihr, dass er ein bisschen eifersüchtig war, und sei es nur auf einen längst verstorbenen Filmstar. Schließlich hatte er unter der Bedingung eingewilligt, dass er seine Reliefkarte von Großbritannien an der Küchentür aufhängen durfte.
    Sie hing immer noch da.
    Claudie schaltete die Lampe auf ihrem Nachttisch an und begann, sich die Haare zu bürsten, die vom Wind völlig zerzaust waren. Sie waren nur schulterlang und dennoch so verknotet, dass sie vor Schmerz das Gesicht verzog, als sie sie ausbürstete.
    Sie erinnerte sich daran, wie liebevoll Luke ihr oft die Haare gekämmt hatte. Statt eines Kamms hatte er die Finger benutzt und ihr zusätzlich die Kopfhaut und den Nacken massiert.
    »Du hast die schönsten Haare der Welt«, hatte er geflüstert, während er ihren Duft einsog. Claudie hatte ihm nie geglaubt, sondern angenommen, dass Ehemänner nun mal so etwas sagten.
    Sie legte die Bürste weg und hätte beinahe laut aufgeschrien, als sie um ein Haar einen Engel damit erschlagen hätte.
    »Lily! Was in aller Welt machst du denn hier?«, rief sie. Vor lauter Verblüffung vergaß sie ganz, dass Daniel im Haus war und sie hören könnte.
    »Schsch! Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Ich habe mich heimlich davongestohlen, und wenn sie mich erwischen, werde ich sicher bestraft und kann mal wieder wochenlang im Büro Totenscheine abheften.«
    »Du hast mich vielleicht erschreckt! Ich hätte dich beinahe mit meiner Haarbürste zermalmt!«
    »Das gehört bei meiner Größe zum Berufsrisiko.«
    Claudie seufzte, und ihr Puls beruhigte sich

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