Unter deinem Stern
über Luke vergessen hatte, sich anzuziehen oder etwas zu essen.
»Claudie? Alles in Ordnung?«
Claudie nickte. »Ja.«
»Nein – du zitterst! Sieh dir bloß an, in welchem Zustand du bist!« Kristen nahm ihre Hand. »Du bist ja eiskalt! Hast du heute schon was gegessen?«
»Hör auf, mich zu bemuttern.«
»Es ist meine Aufgabe, dich zu bemuttern. Ich bin schließlich deine beste Freundin. Also: Hast du was gegessen?«
»Als Daniel hier war, haben wir die ganze Zeit nichts anderes gemacht.«
Kristen schnalzte mit der Zunge. »Dieser Mistkerl! Und du hast ihn auch noch hier übernachten lassen! Ich hätte ihn sofort rausgeworfen. Gott, wenn der mir noch mal unter die Augen kommt, dreh ich ihm den Hals um!«
»Keine Sorge, ich hab ihm einen Tritt mit dem Knie verpasst.«
»Er hätte dich vergewaltigen können!«
»Das glaube ich nicht.«
»Woher willst du das wissen? Wer weiß, was passiert wäre, wenn du ihm nicht in die Eier getreten hättest.«
Claudie musste unwillkürlich grinsen.
»Du hast ihm tatsächlich in die Eier getreten?« Auch Kristen begann zu grinsen.
»Allerdings«, erwiderte Claudie voller Genugtuung. »Und zwar volle Kanne!«
»Aua!«
»Der wird sich so schnell nicht wieder an mir vergreifen.« Sie mussten beide lachen. »Danke, dass du gekommen bist, Kris.« Claudie fragte sich, was sie ohne ihre Freundin tun würde.
»War doch klar.«
»Was hast du denn Mr Simpson erzählt?«, fragte Claudie, denn es war schon fast halb zehn und Kristen hätte längst im Büro sein müssen.
»Nichts. Angela wird sich schon was ausdenken.«
Claudie biss sich auf die Lippe, als sie sich vorstellte, wie das Leben im Büro ohne sie weiterging.
»Vielleicht komme ich heute Nachmittag mal vorbei«, sagte sie.
»Bist du verrückt geworden? Mr Bartholomew schickt dich sowieso wieder nach Hause.«
»Das ist mir egal. Ich bin es leid, hier zu Hause rumzusitzen, und außerdem fehlen mir –« Sie unterbrach sich. Wie sollte sie den Satz zu Ende bringen? Sollte sie sagen: Ihr fehlt mir alle? Warum eigentlich nicht – das entsprach sogar ungefähr der Wahrheit. Sie konnte Kristen kaum erzählen, dass ihr die Engel fehlten. Aber es stimmte. Sie vermisste Jalisas Tanzvorführungen und Mr Woos freundliches Gesicht. Sie vermisste sogar Berts Räuspern und sein ständiges Kratzen am Kopf.
»Also, uns fehlst du auch.«
Einen Augenblick lang hätte Claudie schwören können, dass sie gerade Jalisas Stimme gehört hatte. Verstohlen schaute sie sich im Zimmer um, als erwartete sie, ihre kleine Freundin auf dem Fernseher tanzen zu sehen, doch es war niemand da.
»Du solltest jetzt lieber losfahren. Ich will nicht, dass du meinetwegen Ärger bekommst«, sagte Claudie.
Kristen nickte, machte jedoch keine Anstalten, sich zu erheben. »Gott, ich fühle mich hundeelend«, sagte sie unvermittelt.
»Tut mir Leid, wenn ich dir den Vormittag verdorben habe.«
»Nein, es hat nichts mit dir zu tun. Ich weiß nicht, ich bin einfach in letzter Zeit so frustriert. Hast du nicht irgendwas, um uns aufzumuntern?«
»Also, Zigaretten hab ich keine, falls du das meinst, aber wir könnten uns die Anfangsszene von On the Town ansehen.«
Die junge Frau in der Zoohandlung hatte Simon nicht sagen können, ob der Fisch, den er sich ausgesucht hatte, ein Männchen oder ein Weibchen war. Und silberfarbene Goldfische hatten sie auch nicht im Angebot.
Der arme Pumpkin, hatte Simon gedacht, als er die Plastiktüte ins Wasser gehalten hatte, um den Neuankömmling in sein neues Heim zu entlassen. Was, wenn es sich um ein Männchen handelte und die beiden sich nicht vertrugen? War das denkbar? Konnten Goldfische streiten? Pumpkin würde es ihm nicht danken. Er, Simon, konnte im Büro immerhin aufstehen und vor der männermordenden Mandy flüchten. Aber dem armen Pumpkin würde nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin in seinem kleinen Aquarium herumzuschwimmen.
Simon seufzte. Wieder sah er die Mondscheinfrau vor sich. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich vorstellte, wie es wäre, sie zur Freundin zu haben. Wie würde sein Wohnzimmer mit ihr darin wirken? Auf jeden Fall aufregender als bloß mit zwei Goldfischen in einem Glas. Doch sie hatte etwas Besseres verdient, als sich von ihm in seiner Küche bekochen zu lassen. Diese Frau musste verwöhnt werden mit einem Abendessen bei Kerzenlicht und mit Mozartmusik im Hintergrund.
Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie sie wohl heißen mochte. Und er fragte sich, wie
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