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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R Dickson
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diesem merkwürdigen Mädchen erwischen lassen, dieser Lisa Kent, an die ich mich sowieso recht lebhaft erinnerte. Vor fünf Jahren, nach jenem denkwürdigen Ereignis in der Enzyklopädie, hatte ich immer wieder den Wunsch gehabt, in die Enklave zurückzukehren und sie aufzusuchen. Doch jedesmal wurde mein Vorhaben durch eine Art Angstgefühl vereitelt.
    Ich wußte, was dieses Angstgefühl zu bedeuten hatte. Tief in mir wurzelte nämlich das irrationale Gefühl, daß jene Wahrnehmung und jene Fähigkeit, die ich mir erarbeitet hatte, um Leute zu manipulieren – wie ich meine Schwester seinerzeit in der Bibliothek mit Jamethon Black manipuliert hatte und wie ich jedem, der meinen Weg kreuzte, bis hin zu Oberleutnant Frane, meinen Willen aufgezwungen hatte –, verschwinden könnten, wenn ich versuchen würde, mit Lisa Kent ebenso zu verfahren.
    Ich suchte und fand also eine Treppe, die auf einen kleinen, leeren Balkon führte, wo einige Stühle um einen runden Tisch gruppiert waren. Von hier aus konnte ich wohl den Ältesten Strahlenden ausmachen, den Vorsitzenden des Vereinigten Kirchenrats, der die beiden Quäkerwelten Harmonie und Eintracht regierte. Der Strahlende war ein Militanter – einer der führenden Kirchenmänner der Quäker, der fest an den Krieg als Lösung aller Dinge glaubte – und er hatte Neuerde einen kurzen Besuch abgestattet, um sich zu erkundigen, wie sich die Söldner der Freundlichen bei ihren Auftraggebern auf Neuerde bewährten. Eine Unterschrift von ihm auf Daves Paß wäre für meinen Schwager ein besserer Schutz gegen die Quäker-Truppen gewesen als fünf bewaffnete Kommandos der Cassidaner.
    Schon nach fünf Minuten erblickte ich ihn in der Menge, die wenige Meter unter meinem Ausguck brodelte. Er stand am anderen Ende des Raumes und sprach mit einem weißhaarigen Mann – dem Aussehen nach ein Venusier oder Newtonier. Ich wußte genau, wie er aussah, wie ich die meisten wichtigen Persönlichkeiten der vierzehn bewohnten Welten vom Aussehen her kannte. Nur weil ich aufgrund meiner besonderen Begabungen die Erfolgsleiter bis zu diesem Punkt ziemlich schnell erklommen hatte, hieß noch lange nicht, daß ich für meinen Erfolg nicht hart gearbeitet hatte. Doch trotz meines Wissens versetzte mir der erste Anblick des Strahlenden einen kleinen Schock.
    Zum erstenmal mußte ich feststellen, wie merkwürdig kräftig er für einen Kirchenmann war. Er war größer als ich, mit Schultern wie ein Scheunentor und obwohl bereits in mittleren Jahren – mit einer Taille wie ein Sprinter. Er stand da, ganz in Schwarz, indem er mir den Rücken zukehrte, die Beine leicht gespreizt, das Gewicht auf die Fußballen verlagert wie ein geschulter Kämpfer. Dennoch war etwas an ihm, etwas wie eine dunkle Kraft, die meinen Mut kühlte und dennoch den Wunsch in mir weckte, meine Kräfte mit ihm zu messen.
    Eines war sicher: Er war kein Oberleutnant Frane, der nach meiner Pfeife tanzen würde.
    Ich machte kehrt, um zu ihm hinunterzugehen – aber der Zufall wollte es anders, wenn es ein Zufall war. Wahrscheinlich werde ich es nie erfahren. Vielleicht war es eine Art Überempfindlichkeit, die mir Padmas Bemerkung eingeimpft hatte, dies hier sei eine bestimmte Stunde und ein bestimmter Ort im menschlichen Entwicklungsschema, ein Moment, für den er verantwortlich zeichnete. Ich selbst hatte bereits zu viele Menschen durch solch subtile, aber angemessene Suggestion beeinflußt, um noch daran zu zweifeln, daß es diesmal mir so ergangen war. Doch plötzlich erblickte ich einen kleinen Menschenauflauf direkt unter mir.
    Einer aus der Gruppe war William von Ceta, Chefunternehmer dieses gewaltigen kommerziellen Planeten mit der geringen Schwerkraft unter der Sonne von Tau Ceti. Dann war da noch ein hochgewachsenes, hübsches, blondes, ziemlich junges Mädchen mit Namen Anea Marlivana, die Auserwählte von Kultis ihrer Generation, ein Juwel der Generationen exotischer Abstammung. Dort war auch Henrik Galt, unübersehbar in der Galauniform eines Marschalls, mit seiner Nichte Elvine. Und da war noch ein Mann, der kein anderer als Donal Graeme sein konnte.
    Er war ein junger Mann in der Uniform eines Patrouillenführers, mit dem dunklen Haar und der fast befremdenden Tüchtigkeit und Ausgewogenheit seiner Bewegungen, charakteristisch für all diejenigen, die für den Krieg und für den Kampf geboren sind. Aber er war zu klein für einen Dorsai – er hätte mich kaum überragt, wenn ich neben ihm stünde –, schlank und

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