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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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entfernt lag, aber als die Siedlung dort wuchs, suchten die Siedler nach einem Namen, der sich etwas romantischer anhörte, nicht wie die Standortbezeichnung eines Gefangenenlagers, und jemand kam auf den Namen Eldoret, abgeleitet aus dem Massai-Wort eldare , was so viel wie »steiniger Fluss« bedeutet.
    »Es war manchmal etwas düster und windig, und auf siebzehnhundert Metern Höhe kann es lausig kalt werden – wir mussten fast jeden Abend Feuer machen«, sagt Mum. »Aber verglichen mit dem trostlosen alten Nachkriegs-Britannien war es der Himmel auf Erden. Einerseits wegen des Lichts so nahe am Äquator! Und dann wegen der Weite. Man überblickte die ganze Hochfläche bis zum Horizont, nichts als Land, weiter als ein Mensch auch nur annähernd an einem Tag gehen kann.«
    Mein Großvater, der als landwirtschaftlicher Entwicklungsberater der Regierung arbeitete, reiste manchmal für zwei, drei Wochen am Stück auf Safari in die entlegensten Ecken des Landes und ließ meine Großmutter und Mum allein »up country« zurück. »Am Anfang, bevor sie ein passendes Haus gefunden hatten, wohnten die Huntingfords in einem winzigen gemieteten Bungalow auf dem Gelände von Kaptagat Arms, dem Anwesen von Zoe Foster, deren Ehemann Großwildjäger in Uganda gewesen war.
    Den Mann gab’s nicht mehr, als wir dort hinkamen. Vermutlich war er von einem Löwen gefressen oder einem Büffel aufgeschlitzt worden oder was diesen Großwildjägern sonst noch so zustößt«, sagt Mum. »Trotzdem schien Zoe vollkommen glücklich zu sein. Sie hatte zwei Söhne, eine wunderhübsche blonde Tochter namens Mary und einen Haufen Tiere. Sie hielt einen bösartigen, aber sehr wirksamen Mungo im Haus – als Schlangentöter, genau wie Rikki-Tikki-Tavi. Ach, und sie hatte den tollsten Garten in der ganzen Gegend – ein kleiner Bach, ein Irrgarten, Rhododendron- und Rosenbeete, Lavendel und Pfingstrosen und ein richtig grüner Rasen, der volllag mit Schädeln von Flusspferden und Elefanten, die ihr Mann im Lauf der Jahre erlegt hatte.« Mums Stimme wird zu einem Singsang, als würde sie aus einem Märchenbuch vorlesen. »Es war wunderbar. Ich bin immer von unserem Bungalow am Rand von Kaptagat Arms zum Haupthaus rübergelaufen und hab im Garten mit Stephen Foster gespielt, meinem allerersten Freund.« Mum lächelt bei der Erinnerung. »Stephen und ich haben uns gegenseitig auf seinem Dreirad durch die Gegend geschoben. Wir hatten beide den gleichen Spielanzug an. Wir haben Teegesellschaften abgehalten. Wir sind überall zusammen hingegangen, Hand in Hand.«
    »Stephen war einer von Zoes Söhnen?«, frage ich.
    Mum runzelt die Stirn. »Nein, nein, nein«, sagt sie. »Nicht ihr Sohn. Stephen war ihr Schimpanse.«
    Es entsteht eine kurze, bestürzte Pause, während ich mir – vergeblich – vorzustellen versuche (ganz ohne Nebengedanken an Jane Goodalls Besorgnisse um den Missbrauch von Tieren), dass ich einen von meinen Dreikäsehochs zum Spielen mit einem Schimpansen losschicke.
    »Hatten deine Eltern keine Angst, dass er dich beißt?«, frage ich.
    Mum schaut mich an, als hätte ich Pu, den Bären, gerade der Pädophilie bezichtigt. »Stephen? Mich beißen? Wo denkst du hin, wir waren die dicksten Freunde. Er war ein sehr, sehr netter, sehr zivilisierter Schimpanse. Und überhaupt hatte meine Mutter fast nie Angst um mich. Sie wusste, dass mir nichts passieren konnte, denn überall, wo ich hinging, war ja Topper dabei.«
    »Und wer war Topper?«
    »Ein Hund, den mein Vater mitgebracht hatte«, sagt Mum.
    Das mag eine Erklärung dafür sein, dass mir, als sie mich für Drei-Monats-Intervalle auf ein Internat in Rhodesien schickten und ich die lausige Farm mit jeder Faser meiner armen Seele vermisste, mein eigener Hund regelmäßiger schrieb als meine Mutter, und ganz sicher mit mehr Anteilnahme.
    »Meine liebste Bobo«, schrieb mir Jason King (ein beim Tierschutzverein in Umtali, Rhodesien, ausgelöster Dackel) im Januar 1977:
    diese Woche war ich jeden Tag mit Mum und den Pferden ausreiten. Ich habe gelernt, auf Bäume zu klettern, um Eidechsen zu jagen. Aber oben auf dem Flammenbaum sitz ich dann immer fest, und July muss raufklettern und mich retten.
    Sally war letzte Woche sehr unartig und ist drei Nächte hintereinander auf die Jagd gegangen. Bubbles hat sie mitgenommen. Ich glaube, sie haben Paviane gejagt. Sally ist mit blutiger Zunge und wunden Pfoten zurückgekommen und war übersät mit Zecken. Geschieht ihr ganz recht. Bubbles hat es bis

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